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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Tages zur Vernichtung meines Mannes führen. Und das ist ja schließlich auch eingetreten.«
    Als Howard hörte, wie sie sich geradeheraus weigerte, den Tod von Karls Vater zu bedauern, wollte er schon aufstehen, um sie hinauszuwerfen. Doch der König hielt ihn mit einer Handbewegung zurück. »Nein, Howard«, meinte er traurig. »Sie ist nur ehrlich, und dafür sollten wir dankbar sein. Ich weiß, Madam, dass Ihr viel durchgemacht habt. Man sagt«, fügte er hinzu, »dass Ihr Dissentern und Predigern Unterschlupf gewährt.«
    »Ich verstoße nicht gegen das Gesetz, Majestät.« Da das Gesetz vorschrieb, dass Zusammenkünfte der Dissenters nur außerhalb einer Fünf-Meilen-Zone rings um die nächste Stadt abgehalten werden durften, stimmte das nicht ganz. Denn von Haus Albion nach Lymington waren es lediglich sechs Kilometer.
    Doch zu Alices Erstaunen erwiderte der König ernst: »Ihr sollt wissen, dass Ihr von meiner Seite keine Schwierigkeiten zu befürchten habt. Das Parlament erlässt diese Gesetze, nicht ich. Ich hoffe, Euch, Madam, und Euren Freunden innerhalb eines oder zwei Jahren die Freiheit geben zu können, Gott zu verehren, wie es Euch beliebt, solange alle guten Christen dieselben Rechte genießen.« Er lächelte. »Dann könnt Ihr gerne Gebetshäuser in Lymington, Ringwood und Fordingbridge errichten.«
    »Wird der katholische Gottesdienst dann ebenfalls erlaubt?«
    »Ja. Wäre das denn so schlimm, wenn allgemein Glaubensfreiheit herrschte?«
    »Ich muss zugeben, Sire« – sie zögerte –, »dass ich das nicht weiß.«
    »Denkt darüber nach, Dame Alice«, meinte er und schenkte ihr einen Blick, der sie an einem anderen Ort und zu einer anderen Gelegenheit gewiss erweicht hätte. »Ihr könnt mir vertrauen.«
    Karl II. meinte es ernst mit seinem Anliegen, zumindest für den Moment die Religionsfreiheit einzuführen, damit auch die Katholiken wieder zu ihren Kirchen kamen. In diesem Sommer hatte er einen geheimen Vertrag mit seinem Vetter Ludwig XIV. abgeschlossen, in dem er sich verpflichtete, zum katholischen Glauben überzutreten und diesen so schnell wie möglich England aufzuzwingen. Weder das Parlament noch die engsten Berater des Königs ahnten etwas davon. Als Gegenleistung sollte Karl II. von Ludwig ein hübsches Jahreseinkommen erhalten. Ob der König ernsthaft beabsichtigte, seine protestantischen Untertanen zu verraten, oder ob er seinen französischen Vetter betrog, um ihm noch mehr Geld abzuluchsen, werden wir wohl nie erfahren. Da der fröhliche Monarch wie so viele Stuarts ein gewohnheitsmäßiger Lügner war, wusste er es wohl selbst nicht.
    Und während die Vorstellung, dem König zu vertrauen, bei den meisten Höflingen wohl Heiterkeit ausgelöst hätte, sah Alice Anlass zu der Hoffnung, er könnte für die Dissenters tatsächlich die Rettung bedeuten.
    »Und nun, Dame Alice, vergesst nicht, dass Ihr mich um einen Gefallen bitten wolltet«, meinte der König.
    Alice kam sofort auf den Punkt. Sie schilderte ihren Rechtsstreit mit dem Herzog von York und beschwor den König: »Ich bin sicher, der Herzog glaubt, dass ich Geld vor ihm verstecke. Und es gelingt mir einfach nicht, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Deshalb bin ich mit diesem kleinen Mädchen« – sie wies auf Betty –, »für dessen Zukunft ich verantwortlich bin, zu Euch gekommen, um Euch um Hilfe anzuflehen. So einfach liegen die Dinge.«
    »Ihr verlangt von mir, dass ich meinen Bruder des Irrtums bezichtige?«
    »Gewiss hasst er mich, Sire.«
    »Wie ich auch. Und ich soll Euch glauben?« Alice senkte nur den Kopf. Der König nickte. »Ich denke, Ihr seid ehrlich, Madam«, fuhr er fort. »Allerdings bleibt abzuwarten, ob ich Euch helfen kann.«
    Er wandte sich wieder seinen Begleiterinnen zu, als Alice auf der Heide einen einsamen Reiter bemerkte, der auf sie zutrabte. Zuerst hielt sie ihn für einen Förster, doch als er sich näherte, stellte sie fest, dass er noch ziemlich jung war. Sie schätzte ihn auf Mitte zwanzig. Der Fremde war groß, dunkelhaarig und gut aussehend.
    Wirklich ein hübscher Junge, dachte sie. Betty starrte ihn mit offenem Mund an. Alice beobachtete, dass der König sich fragend an Howard wandte und dass dieser ihm etwas ins Ohr flüsterte. Kurz wirkte der König ein wenig verlegen, hatte sich aber rasch wieder gefasst.
    Wer mochte dieser junge Mann bloß sein?, überlegte Alice.
     
     
    Thomas Penruddock kam nicht oft in den New Forest. Nachdem er von seinen Verwandten in Hale, die er gerade

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