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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Compton Chamberlayne sollte es wieder einen Oberst Penruddock geben.
    »Der Leiter der Grafschaftsmiliz nimmt die Ernennung vor«, erklärte Thomas seinen Vettern. »Doch wenn der König mich empfiehlt, wird er sich daran halten.« Da seine Familie so viel gelitten hatte, fand Thomas Penruddock es nur recht und billig, dass der König ihm nun unter die Arme griff. Außerdem würde es den Monarchen ja nichts kosten. Dennoch war er unsicher, welchen Empfang man ihm bereiten würde.
    Er erkannte den König auf Anhieb – ganz gewiss war es der große, dunkelhäutige Mann, der von Frauen umringt wurde. Beim Näherkommen zog Thomas höflich den Hut und wurde mit einem Nicken begrüßt. Dann sah er Howard, der dem König vermutlich bereits erklärt hatte, wer er war. Also blickte er dem König abwartend ins Gesicht. Doch anstatt ihn, den Spross einer königstreuen Familie, freudig willkommen zu heißen, regte dieser keine Miene. Stattdessen bemerkte Thomas einen Anflug von Verlegenheit in seinem Blick: Dem König schien dieses Zusammentreffen peinlich zu sein.
    Tatsächlich war es eine tiefe Demütigung für den König gewesen, dass das Parlament es ihm nahezu unmöglich gemacht hatte, seine Freunde zu belohnen.
    So wäre er stets am liebsten im Erdboden versunken, wenn der Name Penruddock fiel. Dass Penruddocks Aufstand von vorneherein zum Scheitern verurteilt gewesen war, hatte Karl zum Teil selbst verschuldet. Und dass er der Witwe nicht helfen konnte, war ihm ausgesprochen unangenehm, weshalb er versuchte, nicht mehr an die Familie zu denken. Er wusste, dass er sich schäbig verhalten hatte. Nun stand dieser gut aussehende, grüblerische junge Mann vor ihm wie ein Racheengel und verdarb ihm den sonnigen Nachmittag. Gequält zuckte er zusammen…
    Doch der junge Penruddock erklärte sich die königliche Verlegenheit ganz anders. Denn als er sich umsah, fiel sein Blick auf eine stille, ein wenig abseits sitzende Frau. Ihm blieb der Mund offen stehen.
    Er erkannte sie auf Anhieb. Viele Jahre waren vergangen, und ihr rotes Haar ergraute inzwischen, aber dieses Gesicht hatte sich unauslöschlich in sein Gedächtnis eingeprägt: Diese Frau hatte gemeinsam mit ihrem Mann seinen Vater in den Tod geschickt. Unvermittelt kehrte der Schmerz jener Tage mit aller Macht zurück, und er war plötzlich wieder ein kleiner Junge. Ungläubig starrte er sie an. Im nächsten Moment kam ihm die Erkenntnis: Sie war eine Freundin des Königs, während man ihn, einen Penruddock, verhöhnte. Sie, eine reiche Königsmörderin, eine Verbrecherin, saß an der Tafel des Königs.
    Er spürte, wie er am ganzen Körper erbebte. Mühsam rang er um Fassung. Doch auf seinem Gesicht malte sich kalte Verachtung.
    Howard bemerkte das und rief, ganz Höfling, aus: »Seine Majestät ist auf der Jagd, Mr. Penruddock. Wollt Ihr um eine Audienz bitten?«
    »Ich, Sir?« Penruddock nahm sich zusammen. »Warum, Sir, sollte ein Penruddock den König zu sprechen wünschen?« Er wies auf Alice Lisle. »Wie ich sehe, hat der König inzwischen andere Freunde.«
    Das war zu viel.
    »Hütet Eure Zunge, Penruddock!«, entrüstete sich der Herrscher. »Ihr werdet unverschämt.«
    Aber Penruddock konnte seine Verbitterung nicht mehr zügeln. »Es ist wahr, dass ich Euch um einen Gefallen bitten wollte. Doch wie mir nun klar ist, war das ein Fehler. Denn obwohl mein Vater für diesen König sein Leben geopfert hat« – wandte er sich an die Anwesenden –, »haben wir weder Vergünstigungen noch Dank erhalten.« Er drehte sich zu Alice Lisle um, und sein ganzer über die Jahre aufgestauter Hass entlud sich auf sie. »Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn wir Verräter geworden wären und anderen Leuten das Land gestohlen hätten.«
    Erzürnt wandte er sein Pferd und galoppierte davon.
    »Bei Gott, Sire!«, rief Howard aus. »Ich hole ihn zurück und lasse ihn auspeitschen.«
    Karl II. hielt ihn mit einer Handbewegung zurück. »Nein, lasst ihn. Habt Ihr nicht gesehen, wie er leidet?« Eine Weile blickte er Penruddock schweigend nach. Nicht einmal Nellie wagte es, ihn aus seinen Gedanken zu reißen. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Die Schuld liegt bei mir, Howard. Er hat Recht. Ich schäme mich.« Dann wandte er sich an Alice und sagte erbittert: »Verschont mich mit Euren Anliegen, Madam, die Ihr noch immer meine Feindin seid. Denn schließlich habt Ihr jetzt gesehen, wie ich meine Freunde behandle.« Das darauf folgende Nicken sagte Alice, dass es ratsam war, sich

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