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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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man werden konnte.
    Nachdem das Tischtuch entfernt worden war, wurden Aspikhäppchen, Nüsse, zu Pyramiden aufgetürmte Süßigkeiten und Käseplatten aufgetragen. Für die Herren gab es Portwein, für die Damen Kirschlikör. Erst dann fiel es Martell ein, sich nach Fanny Albion zu erkundigen.
    »Die arme Fanny!«, rief Louisa aus. »Man kann sie mit Fug und Recht eine Heilige nennen.«
    Offenbar bestanden nur geringe Chancen, die junge Dame zu Gesicht zu bekommen. »Obwohl wir uns größte Mühe geben werden, sie vor die Tür zu locken«, sagte Edward. Da Tante Adelaides beste Freundin, die in Winchester lebte, erkrankt war, hatte die unerschrockene alte Dame darauf bestanden, trotz ihrer vorgerückten Jahre in ihrer Kutsche hinzufahren und ein paar Tage bei ihr zu verbringen. Deshalb mussten Fanny und Mrs. Pride den alten Mr. Albion allein versorgen. Vor ihrer Abreise hatte Adelaide ihrem Bruder streng verboten, während ihrer Abwesenheit zu erkranken, doch leider hatte er diese Anweisungen in den Wind geschlagen. Und dass sich die genaue Ursache seines augenblicklichen Leidens nicht ermitteln ließ, lag – wie er selbst beteuerte – nur daran, dass es schon zu weit fortgeschritten sei. Also musste Fanny bei ihm zu Hause bleiben und wagte nicht auszugehen.
    »Vielleicht sollten wir deine Cousine besuchen«, schlug Martell vor.
    »Ich werde sie fragen«, erwiderte Edward. »Aber sie wird wahrscheinlich ablehnen.«
    Nachdem die Damen sich zurückgezogen hatten, hatte Martell Gelegenheit, Mr. Totton bei einem Glas Portwein über die geschäftliche Lage der Stadt zu befragen. Wie erwartet war Edwards Vater ausgezeichnet im Bilde.
    »Natürlich war Salz viele Jahrhunderte lang unsere wichtigste Handelsware. Sie werden feststellen, dass die meisten großen Kaufleute in verschiedenen Branchen tätig sind, und für gewöhnlich gehört Salz dazu. St. Barbe zum Beispiel handelt mit Lebensmitteln, Salz und Kohle. Mit der Kohle werden übrigens die Salzsiedeöfen beheizt. Sie dürfen nicht vergessen, dass man Salz nicht nur zum Haltbarmachen von Fisch und Fleisch verwendet, es dient auch als Mittel gegen Skorbut und ist deshalb für die Marine besonders wichtig. Außerdem benutzt man es beim Gerben von Leder, als Schmelzmittel bei der Glasherstellung, bei der Verhüttung von Eisen und als Glasur für Töpfereiwaren.«
    »Soweit ich weiß, gibt es billigere Methoden der Salzgewinnung, als es aus dem Meer zu holen.«
    »Ja. Auf lange Sicht haben Lymingtons Salzgärten keine Zukunft. Doch das wird noch eine Weile dauern.«
    »Und Sie exportieren Holz?«
    »Ein wenig. Nicht so viel wie früher. Der Großteil unserer örtlichen Vorkommen wird für den Bau von Marine schiffen und anderen Booten verbraucht. Aber im Hafen gibt es viel zu tun. Kohle kommt aus Newcastle. Viele Kaufmannsschiffe fahren nach London, Hamburg, Waterfort und Cork in Irland, ja sogar bis nach Jamaika.«
    »Und die Manufakturen?«
    »Abgesehen von denen, die ich bereits erwähnt habe, gibt es in den meisten Gemeinden Tonvorkommen, weshalb einige Ziegelbrennereien in Betrieb sind. Aus diesem Grunde stehen in dieser Gegend inzwischen einige hübsche Backsteingebäude. Das größte Werk befindet sich in Brockenhurst. Außerdem haben wir eine Seilerei in der Abtei von Beaulieu, die Taue für die Marine herstellt. Einige Bewohner des Waldes sind auch nach Southampton gezogen, wo es abgesehen vom Hafen auch noch einige Betriebe gibt, die Kutschen bauen.«
    »Aber wir haben noch viel ehrgeizigere Pläne«, fügte Edward lächelnd hinzu. »Wir werden ein modischer Badeort werden, ein zweites Bath.«
    »Ach, ja.« Sein Vater lachte laut auf. »Falls Mrs. Grockleton ihren Willen durchsetzt. Mrs. Grockleton haben Sie wohl noch nicht kennen gelernt, Mr. Martell?«
    »Ich hatte noch nicht das Vergnügen.«
    »Sie hat uns zum Tee eingeladen«, kicherte Edward. »Morgen.«
    Am nächsten Vormittag besuchten sie Hurst Castle. Der Tag war zwar sonnig, aber es wehte ein frischer Wind über die Pennington Marshes, der die kleinen Windpumpen an den Salzgärten zum Klappern brachte. Mrs. Beestons Badeanstalt, die dicht neben einer der Pumpen stand, lag verlassen da. In dem Meeresarm zwischen der Festung und der Insel Wight trugen die Wellen weiße Schaumkronen. Das aufgewühlte Wasser des offenen Meers schimmerte grün. Die Luft war klamm und roch nach Salz. Louisa, das Gesicht gerötet und feucht von der Gischt, war heute ganz besonders hübsch, als der Wind ihr dunkles Haar

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