Der Wald der Könige
Und was meinen Scherz über das Lateinische betrifft«, er betrachtete sie ernst, »frage ich mich nach den Gräueln, die wir in Paris gesehen haben, allen Ernstes, ob Französisch noch lange die Sprache der besseren Gesellschaft bleiben wird.«
Offenbar war Mrs. Grockleton damit zufrieden, und sie begann das Schicksal der französischen Aristokratie so lebhaft zu bedauern, als gehöre sie selbst dazu. Man war sich einig, dass der galante Graf d’Hector und seine treuen Truppen in Lymington so rasch wie möglich nach Frankreich zurückkehren sollten, um dort für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
Schließlich wandte sich Mrs. Grockleton wieder ihrem Lieblingsthema zu. Alle stimmten überein, dass man dringend ein neues Theater, neue Versammlungsräume und am besten auch neue Einwohner brauche. Und als man sich verabschiedete, hatte Mrs. Grockleton deshalb auch keine Scheu zu verkünden: »Ich beabsichtige, bald einen Ball in den Versammlungsräumen zu geben. Hoffentlich, Mr. Martell, enttäuschen Sie uns nicht, indem Sie die Einladung ablehnen.«
Nur mit Mühe rang sich Martell zu der Antwort durch, dass er mit Freuden kommen werde, falls er sich in der Gegend befinden sollte. Diese Floskel hätte ihn unter gewöhnlichen Umständen zu nichts verpflichtet, jetzt jedoch hatte er ein mulmiges Gefühl: Auf irgendeine Weise würde diese Dame schon dafür sorgen, dass er auch wirklich erschien.
»Nun«, flüsterte Edward, als sie wieder auf der Straße standen. »Was hältst du von ihr?«
»Da ist mir ›die Klaue‹ zehnmal lieber«, murmelte Martell.
Am nächsten Tag fuhren sie morgens in der Kutsche los, um Mr. Gilpin einen Besuch abzustatten, der sie ausgesprochen herzlich im Pfarrhaus von Boldre willkommen hieß. Sie trafen ihn in der Bibliothek an, wo er zu seiner Zerstreuung einem Jungen aus der Dorfschule Mathematikunterricht erteilte. Es war Nathaniel Furzey.
Gerne zeigte der Vikar Martell seine Bibliothek, die einige wertvolle Bände enthielt, und auch die Skizzen, welche er vor kurzem von Landschaften im New Forest angefertigt hatte.
»Von Zeit zu Zeit versteigere ich sie«, erklärte er Martell, »und Männer wie Sir Harry Burrard bezahlen mir übertriebene Preise dafür, weil sie wissen, dass das Geld für die Schule und andere wohltätige Zwecke bestimmt ist, für die ich mich einsetze. Das Leben eines Geistlichen« – er bedachte Martell mit einem Seitenblick – »ist sehr erfüllend.«
Mr. Gilpins dreistöckiges, geräumiges Pfarrhaus war wirklich eines Gentlemans würdig. Vom Garten aus genoss man eine großartige Aussicht auf die Insel Wight. Der Wind war noch so kühl wie am Vortag, und über dem Solent ballten sich graue Wolken. Ihr silbriger Schimmer ließ die Landschaft schwermütig wirken, und der Wechsel von Licht und Schatten war eindeutig pittoresk. Nachdem sie dieses Naturschauspiel bewundert hatten, erkundigte sich Martell nach Fanny.
»Sie ist in Haus Albion«, erwiderte Gilpin. »Und das erinnert mich daran«, fügte er nachdenklich hinzu, »dass ich ihr noch etwas sagen wollte. Aber das kann warten.« Er sah Edward an. »Beabsichtigen Sie, sie zu besuchen?«
Edward entgegnete nach kurzem Zögern, er sei nicht sicher, ob sie zur Zeit willkommen seien.
Gilpin seufzte. »Sie ist gewiss einsam«, meinte er. Dann rief er nach dem Jungen. »Nathaniel, du kennst doch den Weg nach Haus Albion. Lauf rasch hin und frage nach, ob Miss Albion nicht doch Mr. Martell und ihre Cousins empfangen möchte.«
Erfrischungen wurden serviert. Mr. Gilpin beantwortete viele Fragen über seine Person und die Gegend und unterhielt seine Gäste etwa eine halbe Stunde lang, bis der kleine Nathaniel zurückkehrte.
»Ich soll ausrichten, dass sie einverstanden ist, Sir«, meldete Wyndham Martell hatte sich das Haus ein wenig anders vorgestellt, warum, wusste er nicht genau. Vielleicht lag es daran, dass die Bäume so dicht zusammenstanden, als sie von der Straße abbogen und durch das Tor fuhren. Möglicherweise waren es auch die heranrückenden grauen Wolken, die auf dem Weg von der alten Kirche von Boldre her schimmernd über sie hinweggezogen waren und dunkle Schatten auf die Straße geworfen hatten. Jedenfalls schien der Himmel sich zu verdunkeln, als sie sich am Ende der schmalen Auffahrt näherten. Auf einmal fühlte Martell sich merkwürdig benommen und unwohl.
Als sie um die Kurve bogen, lag plötzlich Haus Albion vor ihnen.
Es lag nur am Licht, so sagte er sich, dem grauen Schimmer, der sich durch
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