Der Wald der Könige
am Abend in Lymington eingeladen bist.«
»Oh?« Fannys Herz machte einen Satz. »Bei den Burrards?«
»Den Burrards? Nein. Ich habe gerade einen Brief erhalten. Es ist eine ziemlich lästige Pflicht, aber ich nehme an, dass du aus Gründen der Höflichkeit hingehen musst.« Sie reichte Fanny das Schreiben.
Mrs. Grockleton gab einen Ball.
»Alles passt großartig, siehst du, Mr. Grockleton?« Die Gründerin der Akademie für junge Frauen zwitscherte wie ein Vogel. »Mr. Martell ist hier. Louisa hat mir versprochen, ihn mitzubringen. Außerdem erinnert er sich gewiss noch daran, dass er mir selbst zugesagt hat, und er ist zu sehr Gentleman, um sein Wort zu brechen.«
»Mag sein«, erwiderte Mr. Grockleton mit finsterer Miene.
»Und wenn Louisa und Mr. Martell kommen, bringen sie ganz sicher die Burrards mit. Schließlich ist Mr. Martell ihr Gast. Stell dir das vor, Mr. Grockleton.« Der Zollinspektor tat sein Bestes, sich die Burrards vorzustellen. »Natürlich wird der liebe Mr. Gilpin auch da sein«, fuhr sie fort. »Und der ist eindeutig ein Gentleman.«
»Und Miss Albion?«
»Ja, sie auch.« Fanny war zwar kein so interessanter Fang, stammte allerdings aus sehr guter Familie. Mrs. Grockleton überlegte weiter: Wenn eine Albion, ein Martell und die Burrards kamen, konnte sie vielleicht noch andere Mitglieder des örtlichen Adels anlocken. Möglicherweise die Morants. »Es gibt Erfrischungen und ein Abendessen. Das Orchester vom Theater wird spielen, sicher werden alle hocherfreut sein. Und außerdem brauchen wir Wein, Champagner und Brandy. Darum musst du dich kümmern, Mr. Grockleton.«
»Du weißt, dass ich die Getränke werde kaufen müssen.«
»Selbstverständlich musst du sie kaufen. Was sonst?«
»Du vergisst«, meinte er trocken, »dass ich der einzige Mann zwischen Southampton und Christchurch bin, der den vollen Preis dafür bezahlt.« Falls Mrs. Grockleton diesen Einwand überhaupt vernommen hatte, wusste sie ihn mit bemerkenswerter Selbstverständlichkeit zu übergehen.
»Abgesehen davon, dass du so großen Wert auf Mr. Martells Anwesenheit legst«, fragte nun ihr Mann, »warum veranstaltest du den Ball so kurzfristig? Weshalb am Mittwoch?«
Mrs. Grockleton starrte ihn aufrichtig erstaunt an. »Aber Mr. Grockleton, natürlich muss es am Mittwoch sein!«, rief sie aus und hielt dann inne, um ihm Zeit zu geben, die Antwort selbst zu finden. »Am Mittwoch haben wir Vollmond.«
Am Dienstagmorgen war das Wetter sonnig und klar. Tante Adelaide war so guter Stimmung, dass sie gleich zwanzig Jahre jünger wirkte. »Francis«, sagte sie zu ihrem Bruder, »du wirst gut mit Mrs. Pride auskommen.« Da es sich um einen Befehl handelte, widersprach Mr. Albion nicht.
Nur in Begleitung des Kutschers und einer Zofe machten sich Adelaide und Fanny früh am Morgen auf den Weg. Sie fuhren durch den New Forest nach Ringwood, wo die bequeme Straße nach Fordingbridge begann. »Gewiss sind wir zur Mittagszeit da«, verkündete Tante Adelaide vergnügt. Und als sie die baumlose Ebene von Wilverley Plain erreichten, merkte sie mit dem Hauch eines Tadels an: »Du machst aber keinen sehr glücklichen Eindruck, Fanny.«
Er war nicht gekommen. Zwar hatten er und die Burrards bei den Tottons gespeist – die Fanny eigentlich auch hätten einladen können –, doch in Haus Albion hatte er sich nicht blicken lassen. Vielleicht war dies angesichts des Empfangs, den man ihm beim letzten Mal bereitet hatte, nicht weiter erstaunlich. Allerdings hätte sie auf Grund seiner Worte beim Abschied wenigstens einen Brief erwartet. Doch sie hatte überhaupt nichts von ihm gehört.
»Nein, Tante Adelaide«, erwiderte sie. »Es geht mir gut.«
Auf der Ebene von Wilverley bemerkten sie in der Ferne ein paar kleine Jungen, dachten sich aber nichts dabei.
Das Schwein stellte die größte Herausforderung dar. Denn ein ausgewachsenes Schwein ist ein ziemlich Ehrfurcht gebietendes Tier, das sich trotz seines beträchtlichen Gewichts bemerkenswert schnell bewegen kann. Also brauchte man ein Geschirr, um es an der Leine zu führen. Und es gab auch noch eine andere Schwierigkeit.
»Wir müssen es über Nacht irgendwo unterstellen«, sagte Nathaniel. Und dieses Hindernis schien fast unüberwindlich, bis einem Mitglied der Bande einfiel, dass sein Cousin in Bruley einen Schuppen hatte.
Sie hielten sich ein paar hundert Meter nördlich von der Hauptstraße und kamen an einem einsam da stehenden, kahlen alten Baum
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