Der Wald der Könige
größte Landraub, der je versucht worden war. Als die Herren sich entrüstet zeigten, drohte Cumberbatch, sie aus der Kommission entfernen zu lassen.
Die Zeit war reif, um Widerstand zu leisten. Wenige Wochen darauf hielten die wichtigen Landbesitzer eine Versammlung ab und gründeten den Verband zur Rettung des New Forest. Natürlich war der Oberst sofort beigetreten. Ebenso einer der Forstaufseher, ein gewisser Mr. Eyre, der große Ländereien im nördlichen New Forest besaß. Auch andere Familien wie die Drummonds, die Comptons aus Minstead und die Eigner des alten Gutes Bisterne waren bereit, ihr Erbe zu verteidigen. Lord Henry, Eigentümer des größten Gutes, war auch ein einflussreiches Mitglied. Und man freute sich besonders über Verstärkung in Gestalt eines gewissen Mr. Esdaile, der vor achtzehn Jahren ein Gut unweit des alten Dorfes Burley tief im Wald erworben hatte. Er galt nach den Maßstäben des New Forest zwar als Neuling, doch seine juristischen Kenntnisse waren hochwillkommen. Man bereitete eine Petition vor. Die Waldbehörde musste mit ihrem Treiben innehalten. Und nun, im August, standen sie hier vor dem Oberhaus, um für den New Forest zu kämpfen.
Ein Pair, der jünger war als die anderen, ergriff nun das Wort. »Darf ich Sie fragen, Oberst Albion, ob die übrigen Kommissionäre – abgesehen von den Vertretern der Waldbehörde – die neuen Einhegungen ebenfalls ablehnen?«
Albion musterte ihn ernst. Er wusste, was diese Frage zu bedeuten hatte. Grockleton. Zum Teufel mit ihm. Alle waren verwundert gewesen, dass der Magistrat aus Southampton sich in die Angelegenheiten des New Forest eingemischt hatte. Er hatte vor einigen Jahren vierzig mit Gewohnheitsrechten ausgestattete Hektar Land gekauft und sich in die Kommission berufen lassen. Er und Cumberbatch schienen sich in allem einig zu sein. Offenbar beabsichtigte Grockleton, den gesamten New Forest in eine riesige, unbewohnte Baumschule zu verwandeln.
»Das kann ich nicht sagen«, erwiderte der Oberst ruhig. »Die meisten vermutlich schon. Aber ich bin nicht berechtigt, für sie zu sprechen.«
»Ich verstehe. Also beschweren Sie sich hier im Namen der Landbesitzer und Bauern allgemein? Soweit ich weiß, sind das etwa tausend Personen.«
»Es gibt verschiedene Gewohnheitsrechte. Schätzungsweise verfügen mehr als tausend Haushalte über das eine oder andere davon.«
»Ja.« In den Augen des jungen Pairs stand nun ein triumphierendes Funkeln. »Ist es nicht so, dass die Mitglieder des Verbandes zur Rettung des New Forest, Großgrundbesitzer wie Sie selbst also, in dieser Sache am meisten zu gewinnen oder zu verlieren haben?«
Dem Oberst fiel es wie Schuppen von den Augen. Offenbar hatten Cumberbatch und Grockleton diesen jungen Pair beeinflusst. Denn die Waldbehörde schmetterte jeden Einwand mit derselben Begründung ab: Wer Widerstand gegen sie leistete, hatte dabei nichts als den eigenen Profit vor Augen.
Der Oberst lächelte zuckersüß. »Ganz im Gegenteil.« Er sah, wie der junge Pair die Stirn runzelte. »Wissen Sie«, fuhr er gelassen fort, »natürlich trifft es zu, dass ich einen halben Hektar Land mit Gewohnheitsrechten teurer verpachten kann als einen ohne. Doch mich wird das nicht ruinieren. Und wenn der New Forest eines Tages in Stücke zerteilt wird, erhalten wir Großgrundbesitzer sicher eine großzügige Entschädigung. Aber die kleinen Leute werden verhungern, wenn sie nicht den ganzen New Forest frei nutzen können. Und ich persönlich möchte das unbedingt verhindern. Selbstverständlich gibt es auch Landbesitzer, die das anders sehen«, fügte er hinzu, als wäre es ihm eben erst eingefallen. »Mein Mitkommissionär Mr. Grockleton zum Beispiel besitzt ebenfalls Land, das er verpachtet hat. Ich kann nicht sagen, ob er sich große Gedanken über das Schicksal seiner Pächter macht.« Diese Bemerkung hatte gesessen. Doch der junge Pair gab nicht so schnell klein bei.
»Die Kleinbauern und Pächter im Forest sind doch nicht wirklich sesshaft, Oberst, oder? Damit meine ich, dass man sie nur schwerlich als alteingesessene Freibauern bezeichnen kann.«
Mit diesem Einwand hatte Oberst Albion gerechnet. Wenn man mit Außenstehenden sprach, kam dieses Thema früher oder später immer auf den Tisch. Der Adel hatte klare Vorstellungen davon, wie ein Bauer auszusehen hatte. Brave Bauern lebten auf dem flachen Land und salutierten, wenn sie ihrem Grundherrn begegneten. Doch wer sich in die Berge wagte, musste auf der Hut
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