Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
Waldbehörde«, erwiderte er deshalb ruhig, »allerdings sind die Bewohner des New Forest, so wie ich selbst, England treu ergeben und haben immer den besonderen Schutz der Krone genossen. Bis vor kurzem.«
    »Oberst, könnten Sie bitte kurz zusammenfassen, worauf sich Ihrer Meinung nach die ablehnende Haltung begründet, die seit dem Gesetz über die Beseitigung der Hirsche im Forest besteht?«
    »Gewiss.« Auch wenn er nur ein einfacher Soldat und Landadliger war und anders als Wyndham Martell nicht in Oxford studiert hatte – seine Aussage vor dem Ausschuss des Oberhauses hätte seinen Vater stolz gemacht, denn sie war kurz, bündig und wohl formuliert. »Meine Begründung setzt sich aus zwei Teilen zusammen«, begann er. »Nämlich einem politischen und einem wirtschaftlichen.«
    Es war eine traurige Geschichte.
    Warum, so fragte sich der Oberst häufig, hatte man sich ausgerechnet für Cumberbatch entschieden? Der Mann war bei seinem Amtsantritt mit seinen gerade zwanzig Jahren viel zu jung für diesen Posten gewesen. Außerdem sah er aus wie ein Preisboxer und benahm sich auch so. Er wusste nichts über den New Forest, was ihn jedoch nicht im Mindesten anfocht. Und durch sein rücksichtsloses Verhalten hatte er die Waldbewohner sofort gegen sich aufgebracht.
    Schon seine erste Maßnahme war völlig unsinnig gewesen. Als der New Forest noch ein Zuchtgebiet für Hirsche gewesen war, hatten die Bauern ihr Vieh aus dem Wald fern halten müssen, wenn die Hirsche ihre Jungen zur Welt brachten und wenn im Winter das Futter knapp war. Allerdings hatte seit Jahrzehnten niemand mehr die Einhaltung dieser Regeln überwacht. Man ging allgemein davon aus, dass die entrichteten Gebühren ein ganzjähriges Weiderecht sicherten. Und da die Hirsche nun verschwunden waren, bestand ohnehin kein Grund mehr, die mittelalterlichen Gesetze anzuwenden. Doch Cumberbatch hatte gleich nach seiner Ankunft verboten, das Vieh während der fraglichen Zeiten im Wald grasen zu lassen. Eine grundlose Schikane, die wohl die meisten Bauern ruiniert hätte, weshalb man die Anweisung einfach in den Wind schlug.
    Und das war nur der Anfang gewesen. Bald ließ Cumberbatch eine neue Auflistung der Gewohnheitsrechte zusammenstellen. Es handelte sich mehr oder weniger um eine Überarbeitung der alten Liste aus dem Jahr 1670 – nur mit einem Unterschied: Fast jedes Gewohnheitsrecht, angefangen von denen der großen Güter wie Albion bis hinunter zum kleinsten Bauern, wurde nun von der Krone angefochten.
    »Eure Lordschaften, jeder vernünftige Mensch musste daraus schließen, dass dahinter die Absicht stand, die Bauern um ihren Lebensunterhalt zu bringen. Allein die Gerichtskosten waren für sie unerschwinglich. Und dazu kommt noch eine andere Sache.«
    Obwohl das Gesetz über die Beseitigung der Hirsche bereits zu einschneidenden Veränderungen geführt hatte, vermuteten die meisten, dass es noch schlimmer kommen würde. Und dafür gab es einen einfachen Grund: Da sich die Waldbehörde und die Einwohner nicht über eine Nutzung des New Forest einigen konnten, würde man das Gebiet gewiss aufteilen. Den Gutsbesitzern und Bauern würde man Land zuerkennen, die Waldbehörde erhielte ihre Einhegungen, und man würde sich nie wieder in die Quere kommen. Allerdings lag die Schwierigkeit in einer gerechten Verteilung.
    »Damit spiele ich natürlich auf Mr. Cumberbatchs berühmten Brief an«, fuhr Albion fort.
    Er hätte genauso gut auch »berüchtigt« sagen können. Vielleicht war es nicht ganz fair, dieses vertrauliche Schreiben Cumberbatchs an seinen Vorgesetzten zu veröffentlichen, wie es 1854 in einem Bericht über die Lage im New Forest geschehen war. Cumberbatch hatte darin eine rücksichtslose Lösung vorgeschlagen. Da der New Forest sicher aufgeteilt werden würde, müsse die Waldbehörde möglichst rasch sämtliche ihr zustehenden Einhegungen einrichten, und zwar auf dem fruchtbarsten Land. Dass diese Grundstücke dann bei der Aufteilung nicht mehr zur Verfügung standen, würde die Position der Grundbesitzer und Bauern schwächen.
    »In den letzten zwanzig Jahren hat keine Maßnahme so viel böses Blut geschaffen«, sprach Albion weiter. »Zweifellos weiß die Landbevölkerung, dass die Krone sie ruinieren will. Und so, meine Herren, wird zurzeit im New Forest Politik getrieben.«
    Es war schwer zu sagen, ob sich die Lords davon beeindrucken lassen würden.
    »Nun komme ich zur wirtschaftlichen Bedrohung.« Albion betrachtete die Pairs

Weitere Kostenlose Bücher