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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Abwechslung vielleicht…«, wandte ihre Mutter ein, beendete den Satz jedoch nicht.
    »Auf andere Frauen erstrecken könnte?« Beatrice betrachtete ihre Mutter nachdenklich. »Ja, er ist jünger als ich.« Lächelnd zuckte sie die Achseln. »Es ist ein Risiko, Mutter, doch ich bin mir dessen bewusst.« Sie hielt inne und betastete verträumt das kleine, geschwärzte Holzkreuz, ein Geschenk ihrer Großmutter Fanny. »Ich amüsiere ihn eben, denn ich verfüge auch über ein wenig Bildung.« Beatrice war zwar kaum zur Schule gegangen, hatte aber fast sämtliche Bücher in der Bibliothek von Haus Albion verschlungen. Den meisten jungen Männern war sie zu klug. »Er sagt, ich hätte Talent.«
    Das Interesse an ihrem Verstand war es, das sie anfangs zu Furzey hingezogen hatte. Anstatt ihre naiven Aquarelle zu loben, wie ihre Mutter es tat, hatte er ihr gezeigt, wie sie sich verbessern konnte. Wenn sie ein Gedicht schrieb, erzählte er ihr von anderen Dichtern, las ihr aus deren Werken vor und verhalf ihr somit zu Maßstäben, um ihre eigenen Arbeiten zu beurteilen. Hin und wieder kamen Dichter und Maler zu Besuch, und gelegentlich fuhr das Ehepaar mit dem Zug nach London, um Ateliers, Galerien oder Vorträge zu besuchen. Für Beatrice war das alles neu und aufregend.
    Das Erstaunlichste war jedoch, dass Minimus ihr den New Forest in einem ganz neuen Licht gezeigt hatte. Denn sie hatte zwar ihr ganzes Leben hier verbracht, ihn jedoch nie richtig wahrgenommen. Häufig betrachtete Minimus den Boden oder inspizierte herabgefallene Äste. Wenn sie an einem Niedermoor vorbeiwanderten, stieß er plötzlich einen Schrei aus und zeigte Beatrice eine vorbeifliegende Libelle, einen Hirschkäfer oder sonst ein Insekt, das ihr zuvor noch nie aufgefallen war.
    »Der New Forest ist ein Paradies für Naturforscher«, pflegte Minimus zu sagen. »Vermutlich gibt es hier mehr Insektenarten als sonst wo in Europa.«
    Hin und wieder gingen sie mit Netzen auf die Schmetterlingsjagd. Wenn Beatrice früher andere Leute dabei beobachtet hatte, war ihr dieses Treiben sehr komisch erschienen. Doch wenn sie nun die eingefangenen Exemplare nach Hause brachten, sie auf Nadeln steckten und katalogisierten und wenn Beatrice die Abhandlungen in den Fachzeitschriften las, von denen einige aus der Feder ihres Mannes stammten, wurde ihr klar, dass es sich hierbei um ernst zu nehmende Wissenschaft handelte.
    Beatrice hatte vor ihrer Hochzeit mit Furzey viele Jahre lang gewartet und einigen anständigen jungen Männern einen Korb gegeben. Und Minimus war vor ihr noch keiner Frau begegnet, die willens und in der Lage gewesen wäre, ihr Leben mit ihm zu teilen. Seine Freunde waren von ihr beeindruckt, was ihn sehr stolz machte. Die beiden waren glücklich miteinander.
    »Und was ist mit Kindern?«, hatte Mrs. Albion ihre Tochter vor kurzem gefragt. Sie war ziemlich erstaunt, dass die beiden noch keinen Nachwuchs hatten.
    »Minimus und ich haben nichts dagegen, damit noch ein wenig zu warten. Wie du sicher weißt, gibt es ja noch die Möglichkeit, sich vorzusehen.«
    »Oh.«
    »Aber neulich habe ich mir gedacht… Ich glaube, vielleicht ist es bald so weit. Es wird sich zeigen.«
    »Du solltest es tun«, sagte ihre Mutter. »Das solltest du wirklich.« Und es hatte mit ihren zukünftigen Enkelkindern zu tun, dass Mrs. Albion sich mit Minimus in der Kirche von Lyndhurst traf. Ihre beiden Söhne lebten im Ausland, einer davon sogar in Indien, und sie waren beide noch ledig. Seit ihrer Hochzeit war Beatrice kaum noch in Albion Park gewesen, und Furzey durfte so und so keinen Fuß ins Haus setzen. Mrs. Albion konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihr Enkel in eine solche Situation hineingeboren werden sollte. Außerdem vermutete sie, dass Beatrice Geld brauchen würde.
    Allerdings waren ihre Bemühungen, Frieden zu stiften, bislang samt und sonders fehlgeschlagen. Oberst Albion ließ sich nicht erweichen. Beatrice hatte keine Anstrengungen zur Versöhnung unternommen, denn sie wusste, dass Oberst Albion ihrem Mann herzlich gleichgültig war. Also lag es an Furzey, den ersten Schritt zu machen. Am besten mit einem Brief, ernst, respektvoll und möglicherweise gar bescheiden. Wenn Minimus sich schon nicht dafür entschuldigen wollte, dass er Beatrice geheiratet hatte, musste er wenigstens den Anstand besitzen, das von seiner Gattin gebrachte Opfer in Dankbarkeit und Demut zu würdigen. Ihr zuliebe und um seiner zukünftigen Kinder willen war es nötig, dass er um

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