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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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zurückgebliebenen Kind. »Ein Hügel und kein…« Allerdings gelang es ihm nicht, den Satz zu beenden. Stattdessen stieß er einen Schrei aus und war plötzlich bis zur Taille verschwunden.
    Im New Forest gibt es verschiedene Formen von Sümpfen. In den tiefer liegenden südlichen Regionen, wo die Täler flach und breit sind, erstrecken sich die großen Niedermoore, die das Wasser wegen des sanften Gefälles aus dem New Forest beziehen, Hunderte von Metern weit. Bei einigen stehen Erlen am Rande des Wassers. Violettes Moorgras, Heidemyrte, Farne und Büschel von Riedgras und Schilf wachsen hier. An den Rändern gedeihen Moose. Selbst nach jahrhundertelangem Torfstechen sind manche dieser Moore mehr als einen Meter fünfzig tief.
    In den steilen, schmalen Rinnen des nördlichen New Forest sind die Moore kleiner. Doch auf dem nördlichen Hochland tritt eine weitere Moorart auf, die nur schwer auszumachen ist: die Moorbecken.
    Warum sie sich gebildet haben, ist leicht zu erklären. Wenn das Wasser Geröll und Erde von den Hochebenen die Hügel hinunterschwemmt, trifft es oft auf ein Felssims oder eine Stufe. Mit der Zeit wird diese vom Wasser ausgehöhlt, das dann in Richtung Tal weitersickert. Und wenn der Abfluss fehlt, bildet sich dort ein Moor. Am Fuß des Hügels weist der Bewuchs mit Moosen und violettem Moorgras auf feuchten Heideboden hin. Doch je weiter es nach oben geht, desto rascher läuft das Wasser ab, und das kurze Gras erweckt den trügerischen Eindruck, dass es sich um trockenen Untergrund handelt. Das Sims hat sich währenddessen im Laufe der Jahrhunderte mit torfigem Wasser gefüllt und ist von Pflanzen überwuchert worden, sodass es sich in den Abhang einfügt. Doch in Wirklichkeit ist es ein tiefes Moorbecken, und in so eines war Grockleton soeben hineingetreten.
    »Ich habe es Ihnen ja gesagt«, meinte Minimus freundlich. Zu Grockletons Pech kehrte Beatrice gerade von ihrem Spaziergang zurück, als er, nass und schmutzig, den Hügel hinaufkletterte. Sie trug einen Strohhut. Als sie zu ihm hinunterblickte, malte sich Besorgnis in ihren blauen Augen.
    »Sie Armer. Das ist mir auch schon mal passiert.«
    Er war ihr sehr dankbar und stellte fest, dass selbst Furzey den Anstand besaß, nicht zu lachen.
    George Pride hingegen hielt sich den Bauch. Obwohl er unbedingt ernst bleiben wollte, war er machtlos gegen den Lachreiz. Er biss sich auf die Lippe und bebte am ganzen Körper.
    Grockleton betrachtete ihn missbilligend. Wenn der junge Waldhüter nicht den ganzen Nachmittag so respektvoll gewesen wäre, hätte er ihm den Ausrutscher vielleicht nachgesehen. Nun aber konnte Grockleton sich des Gedankens nicht erwehren, dass der Mann sich womöglich schon von Anfang an über ihn lustig machte. Diese verdammten Waldbewohner waren doch alle gleich. Er würde mit Cumberbatch ein ernstes Wort reden müssen.
    Kurz nach ihrer Hochzeit hatte Beatrice angefangen, sich die Haare zu färben. Manchmal färbte sie sie schwarz. Dann nannte Minimus sie »mein Rabe«. Sie war schlank und hellhäutig und hatte volle Brüste, die Minimus als üppig bezeichnete. Bald kam sie dahinter, dass es ihren Mann besonders erregte, wenn sie sich auf das geschnitzte Bett legte und ihr Haar darüber drapierte.
    Hin und wieder färbte sie es auch rot und ähnelte so einer der schönen Frauen auf einem präraphaelitischen Gemälde. Dank ihrer markanten, klassischen Züge standen ihr diese Veränderungen gut zu Gesicht. Doch sie tat es nicht nur aus Eitelkeit, es war auch ein Spiel, und außerdem steckte ein Quäntchen Berechnung dahinter. Wenn Furzey nicht zu Hause war, zog sie sich häufig aus und probte vor dem Spiegel verschiedene Körperhaltungen. Gelegentlich verwandelte sie sich auch in die goldblonde Gutsbesitzerstochter zurück, die sie eigentlich war, und Minimus fand auch daran Gefallen.
    Die Einstellung ihrer Eltern zu ihrer Lebensweise – zumindest zu dem, was sie davon wussten – war gelinde gesagt ablehnend. Als ihr Vater ihr einmal auf der High Street begegnete, sagte er, sie sehe mit ihren wilden, scharlachroten Locken aus wie eine Hure, und weigerte sich, ein weiteres Wort mit ihr zu wechseln. Mrs. Albion billigte das merkwürdige Verhalten ihrer Tochter zwar ebenfalls nicht, war jedoch neugierig und erkundigte sich nach dem Grund.
    »Minimus mag Abwechslung.« Beatrice hätte hinzufügen können, dass sie selbst Spaß daran hatte, aber sie tat es nicht.
    »Manchmal fürchte ich, dass sich diese Schwäche für

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