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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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anfangen?
    »Wir müssen mit der Zeit gehen, Pride.«
    Sie überquerten den Fluss. Vor ihnen erhob sich eine mit Heidekraut bewachsene Anhöhe. Sie führte zu einer Heide, die man Fritham Plain nannte. Hie und da sah Grockleton Rinder grasen, und als sie die Heide erreichten, zählte er ein Dutzend Ponys. Er seufzte. Die Bauern und ihr Vieh. Männer wie Georges Vater hingen so sehr an diesen unnützen Tieren. Das Halten von Kühen konnte er noch verstehen, doch die gedrungenen kleinen Ponys waren ihr Futter nicht wert. Als das Gesetz über die Beseitigung der Hirsche erlassen wurde, hatte Prinz Albert, der Gemahl der Königin, den Einheimischen einen Araberhengst geliehen, damit dieser sich mit den Stuten des Forest paarte. Nun hatten manche Ponys Araberblut in den Adern, doch das Experiment hatte keine nennenswerten Ergebnisse gebracht. Dann hatte sich sein Freund Cumberbatch aus unerfindlichen Gründen der Ponys angenommen und weitere Stuten von außerhalb eingeführt. Aber nach Grockletons Ansicht waren die kleinen Tiere nach wie vor hässlich.
    »Wir dürfen Männern wie Ihrem Vater keinen Vorwurf daraus machen, dass sie ihr Vieh behalten wollen, Pride«, meinte er freundlich. »Diese Lebensweise wird gewiss bald verschwinden, aber wir müssen Geduld haben.«
    »Ja, Sir«, erwiderte George.
    »Soweit ich weiß, sind hier oben einige neue Anpflanzungen geplant«, fuhr Grockleton fort. »Könnten Sie mir bitte zeigen, wo?«
    »Ja, Sir«, sagte George. »Hier hinauf.«
     
     
    Für Minimus Furzey war der nördliche Teil des New Forest eindeutig eine andere Welt. Unterhalb von Lyndhurst gab es zwar ein paar Aussichtspunkte, die einen malerischen Blick boten. Doch wenn man bergauf weiter nach Norden und vorbei an Minstead ging und den steilen Hügel hinauf nach Castle Malwood stieg, erreichte man eine breite Bergkette, die in westlicher Richtung bis nach Ringwood reichte. Darunter erstreckte sich terrassenförmig der südliche New Forest. Doch darüber lag, wie ein gewaltiges, nach Nordwesten weisendes Dreieck, eine mit Heidekraut bewachsene Hochebene, die etwa zwanzig Kilometer weiter bei Fordingbridge und Hale endete.
    Minimus Furzey liebte diese Landschaft. Hier oben war es luftig und still, und nichts störte den freien Blick zum Himmel. Vom Rande der Hochebene aus hatte man in alle Richtungen freie Sicht. Im Osten lagen die Täler von Wessex, im Westen die blauen Hügel von Dorset, im Norden die Kreidefelsen von Sarum, die aus der Ferne wie ein schaumgekröntes Meer wirkten. Hier oben in dieser kahlen, braunen und violetten Landschaft fühlte sich Minimus wie auf einem fremden Stern und dem Himmel sehr nah.
    Wie so oft hatte sich Minimus an diesem Nachmittag ein malerisches Plätzchen auf der Hochebene ausgesucht, um zu zeichnen. Beatrice und er waren gemeinsam zu Fuß hierher gekommen. Während er sich an seine Arbeit machte, unternahm sie einen Spaziergang über die Heide.
    Es war angenehm warm. Zu seinen Füßen bemerkte Minimus die leuchtend smaragdgrünen Rücken der winzigen Insekten, die Feld-Sandläufer hießen. Hinter Heidekraut und Ginsterbüschen hörte er den Gesang eines Schlangenhalsvogels, das Zwitschern eines Schwarzkehlchens und die leisen Stimmen anderer gefiederter Bewohner der Heide. Aber er blieb nicht lange allein.
    Die Zigeunerkarawane, die langsam den Pfad entlang nach Westen zog, war kein ungewöhnlicher Anblick. Niemand wusste genau, wann die Zigeuner zum ersten Mal im New Forest erschienen waren. Einige sagten, damals zur Zeit der spanischen Armada, andere glaubten, es sei später gewesen. Jedenfalls streifte das bunte Völkchen, das ganz Europa durchwandert hatte, seitdem durch den New Forest. Mit ihren bemalten Wohnwagen und Pferdegespannen fuhren die Zigeuner an Fordingbridge vorbei und dann auf den uralten Straßen unterhalb von Sarum zu den Rossmärkten in Westengland.
    Minimus unterhielt sich oft mit den Zigeunern. Einmal hatte er sie sogar für ein paar Tage begleitet und Beatrice nur eine kurze Nachricht hinterlassen. Mit einem Arm voller Zeichnungen und einem beträchtlich vergrößerten Wortschatz war er zurückgekehrt. Wenn er nun mit ihnen plauderte, konnte kein Außenstehender folgen.
    Gerade war er mit einem Zigeuner ins Gespräch vertieft, als er Grockleton und George Pride näher kommen sah.
    Grockleton konnte Minimus Furzey nicht leiden – in diesem Punkt stimmten er und Oberst Albion ausnahmsweise überein. Allerdings hatte Grockleton keinen besonderen Anlass für

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