Der Wald des Vergessens
Tisch zu fegen.
»In Ordnung«, sagte er. »Schau mal ein bißchen genauer hin. Tu so, als hättest du es auf die Tierschützer abgesehen, wie sie sich verhalten haben, als sie gestern abend im Gebäude waren. Was ja auch stimmt.«
»O. K., Sir. Aber ALBA scheint keine Anzeige erstatten zu wollen.«
»Du hast ganz schön große Ohren. Hör zu, mein Junge, niemand macht mir Vorschriften, wann ich mit dem Ermitteln aufzuhören habe. Und ich lasse die ANIMA -Leutchen nicht aus den Augen, bis ich nicht vollkommen überzeugt bin, daß keine Spur nach Redcar führt.«
»Sie glauben doch nicht ernsthaft an einen Zusammenhang, Sir?« fragte Wield zweifelnd. »Ich meine, nach dem zu urteilen, was man über sie weiß, gehören sie zum weichen Flügel der Bewegung.«
»Die erste Regel in unserem Beruf ist, nichts unbesehen zu glauben«, sagte der Dicke streng. »Bleib am Ball, dann kaufst du keine Attrappen.«
Wield fand das reichlich happig, wenn er daran dachte, daß Dalziel, der sich beschwert hatte, nicht über das Geschlecht der Tierschützer aufgeklärt worden zu sein, sein Augenmerk vor allem auf die Oberweite Amanda Marvells gerichtet hatte und sie mindestens dreimal zu des Sergeants Entlastung vorgebracht hatte.
Er sagte: »Das schreib ich mir auf«, ohne sich Mühe zu geben, seinen Sarkasmus zu dämpfen.
Dalziel grunzte entnervt und sagte: »O. K., was ist los? Hat die Saison fürs Krötenlecken [12] in Brigadoon verfrüht eingesetzt?«
Brigadoon war Dalziels Bezeichnung für Enscombe.
»Wie soll ich das verstehen, Sir?«
»Gestern abend reißt du Witze, und in Wanwood hast du dich aufgeführt, als wärst du der Presseagent für benachteiligte Schimpansen. Was hat das alles zu bedeuten?«
»Was die da machen, gefällt mir nicht besonders«, gab er zu. »Tut mir leid. Ich weiß, ich sollte meine Nase da raushalten.«
»Womit du verdammt recht hast. Man muß die Öffentlichkeit vor einer Nase wie der deinen schützen. Übrigens, was hast du mir eigentlich sagen wollen, als du vorhin reingekommen bist? Dir ist hoffentlich klar, daß ich da um kein Deut weniger durstig rausgekommen bin, als ich rein bin. Du wärst gut beraten, wenn es was Wichtiges ist.«
»Eigentlich nicht, Sir. Die Zentrale hat sich gemeldet. Es hieß, daß die Frau, die ANIMA leitet, wie hieß sie noch? Marbles? …? Movables …?«
Daß Wield einen Namen vergaß, war so wahrscheinlich wie daß der Pate eine Kränkung vergaß, aber Dalziel hörte sich »Marvell« sagen, bevor er sich bremsen konnte.
»Stimmt. Sie scheint im Präsidium aufgekreuzt zu sein. Wollte Sie sprechen, um eine Aussage zu machen. Könnte sein, daß Sie recht haben, Sir, und daß sie gekommen ist, um ein Geständnis abzulegen.«
»Ach ja? Da kann ich nur sagen, sie hat ihre Chance gehabt, und zwar gestern abend«, sagte Dalziel. »Soll sie warten. Von mir aus kann sie da sitzen, bis sie Hämorrhoiden kriegt.«
»Auf dem Präsidium ist sie nicht mehr, Sir. Als es hieß, daß Sie nicht im Haus sind, ist sie wieder gegangen. Sie hat die Nachricht hinterlassen, Sie möchten doch zu ihr nach Hause kommen. Dort sei es sowieso gemütlicher. Sie sollten auch keine Hemmungen haben, zur Mittagszeit aufzutauchen, etwas Eßbares könnte sie leicht auftreiben. Wollen Sie die Adresse, Sir?«
All das kam heraus, ohne daß Wield auch nur mit der Wimper zuckte. Darin war Wield unschlagbar. Aber Dalziel ließ sich nicht täuschen.
»Nein, die verdammte Adresse will ich nicht«, fauchte er. »Und nur weil du wie der Mann mit der eisernen Maske aussiehst, brauchst du dir nicht einzubilden, daß ich dein Grinsen nicht sehen kann!«
Er trollte sich. Und Wield, der nun über das ganze Gesicht lachte, sah ihm nach und dachte, nur weil du wie ein Rhinozeros auf dem Rückzug aussiehst, brauchst du dir nicht einzubilden, daß ich nicht sehe, daß du nicht nur auf der Nase ein Horn hast.
Neun
I n einem langen, schmalen Büro, dessen Chaos in direkter Korrelation zur Ordentlichkeit im Museum stand, trank Peter Pascoe mit Major Hilary Studholme einen kräftigen Tee.
Der Major hatte sich Peters Geschichte mit einer Aufmerksamkeit angehört, die sich, wie seine Pistole, von nichts ablenken ließ. Mit einer kleinen innerlichen Entschuldigung gegenüber Ada hatte Pascoe sich dafür entschieden, mit den vermutlichen Motiven seiner Großmutter hinter dem Berg zu halten. Und wenngleich er einen großen Bogen um direkten Regimentsstolz machte, so war das gar nichts im Vergleich zu dem
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