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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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als ich heute morgen den Rundfunk anrief, um zu fragen, warum ANIMA kaum erwähnt wurde, und man mir sagte, daß es die Politik des Senders sei, der Polizei bei schwebenden Verfahren volle Unterstützung zu gewähren, habe ich auch nicht sofort gedacht, der Scheißkerl Andy Dalziel hat denen die Hölle heiß gemacht. Nein, ich habe gedacht, der nette Kommissar hat eine totale Nachrichtensperre angeordnet, weil es im besten Interesse aller Betroffenen ist. Keinerlei Grund, hysterisch zu deinem Cousin zu rennen, der für Channel 4 Sonderbeiträge macht, oder zu deinem alten Schulfreund, der ein hohes Tier im Innenministerium ist. Warum Konfrontation, wenn man Konsultation haben kann?«
    Nicht übel, dachte Dalziel zustimmend. Nur weil er drei Schwächen bei ihr festgestellt hatte, hieß das noch lange nicht, daß sie ihm nicht in die Eier treten konnte. Aber er fand es noch immer interessant, herauszufinden, warum sie davon ausging, er könnte sich auf Gespräche einlassen. Sie machte eigentlich nicht den Eindruck, begriffsstutzig zu sein.
    Er sagte: »Stellen wir die Sache klar. Ich drohe den lokalen Medien nicht mehr mit der Faust, und Sie unterschreiben jede Aussage, die ich Ihnen diktiere?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Das Gerede davon, Leuten was anzuhängen, macht mich immer durstig« , sagte er und zerdrückte die letzte Dose in seiner riesigen Faust.
    »Trinken Sie ein mexikanisches«, sagte sie und ging zum Kühlschrank. »Es ist gut. Es ist so gut, daß einige amerikanische Brauereien das Gerücht ausgestreut haben, die Mexikaner pinkelten rein.«
    »Na und? Aus der Talsperre oben in Dendale, von der wir den größten Teil unseres Trinkwassers beziehen, haben wir im letzten Jahr fünf Leichen rausgefischt. Sie haben wohl nicht noch ein Stück Schweinspastete da drin, oder?«
    »
Noch
ein Stück?« sagte sie.
    Er brauchte eine Weile, bis er kapiert hatte.
    »Sie wollen sagen, es war kein Schweinefleisch?«
    »Ich esse keine toten Tiere, und auch meinen Freunden setze ich keine vor. Es war mehr oder weniger Tofu.«
    »Verdammte Scheiße«, sagte Dalziel und genehmigte sich einen langen, reinigenden Schluck Bier. »Es gibt zwei Dinge, die ich nicht tue, Gnädige. Das eine ist, Leuten Zeug zu verfüttern, von dem sie nicht wissen, was es ist. Das andere, Leuten was anhängen. Führen Sie sich das zu Gemüte, und wir könnten etwas besser miteinander auskommen.«
    »Ach, du liebe Güte«, sagte sie betroffen. »Ich habe Sie beleidigt. In Ethik bin ich nicht besonders bewandert. Vermutlich ist somit auch Plan zwei gestorben.«
    »Und der wäre, wenn man genauer hinschaut?« fragte er mißtrauisch.
    »Nun ja, nach unserer ersten Begegnung gestern abend hatte ich das Gefühl, daß meine Kurven seit meiner letzten Mammographie keiner so minutiösen Musterung mehr unterzogen worden sind. Ich habe gedacht, wenn alle anderen Mittel versagen … lassen Sie mich das neu formulieren … Ich hatte vielmehr gehofft, daß alle Mittel versagen und ich sozusagen auf Fleischliches zurückgreifen müßte. Aber ich würde mich natürlich nie zwischen einen Mann und seine Moral drängen.«
    Dalziel überlegte. Jeder andere hätte auf Zeit gespielt, indem er an der leeren Flasche herumgenuckelt oder eine Bemerkung über das Wetter gemacht hätte, aber Dalziel stellte seine Überlegungen für alle sichtbar an. Sexuelle Angebote für polizeiliche Dienste waren nichts Ungewöhnliches. Er machte sich selten die Mühe. Eine Spritztour war ’ne Spritztour, aber ein gutes Ergebnis war ein Kunde mehr im Knast. Andererseits, wenn er ehrlich mit sich war (und worin bestand der Sinn, es nicht zu sein), machte ihn die Kleine nicht übel an. Es waren nicht nur die Möpse. Selbst in Mid-Yorkshire waren heutzutage die Pullover nicht mehr platt. Wenn man zwei gesehen hatte, hatte man alle gesehen. Es war auch nicht die Art, wie sie sprach, die noch zu viele Reste der Pitt-Overload-Ära enthielt, oder wie der Knabe nun geheißen hatte. Und es war mit Sicherheit nicht dieser Tierschutzschwachsinn. Jung war sie auch nicht. Und sie war auch nicht schön. Noch was gegen sie? Ach ja, natürlich, Grund Nummer eins.O. K., ALBA würde fast mit Sicherheit keine Anzeige erstatten. Und die möglichen Anklagepunkte, die er gerade aufgezählt hatte, das war reine Atemverschwendung gewesen. Doch wenn er der Meinung war, daß auch nur die geringste Chance bestand, sie könnte in den Redcar-Fall verwickelt gewesen sein …
    Die Chancen standen denkbar schlecht.

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