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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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es hat auch etwas mit mir zu tun, was ich bin, was ich nicht bin, was ich gern wäre. Ich weiß, daß es eine Vereinfachung ist, aber es kommt mir so vor, als ob alles, was mit den Pascoes nicht stimmt und mit mir nicht stimmt, von dem herrührt, was 1917 mit meinem Urgroßvater passiert ist.«
    »Na,
das
wäre aber bequem«, sagte sie. »Und was ist, wenn das, was ihm zugestoßen ist, passiert ist, weil das, was immer es sei, was mit den Pascoes nicht stimmt, schon vorher da war? Bitte, laß das Ganze, Peter.«
    »Das geht nicht«, sagte er hilflos. »Wenn die Furien dich im Visier haben, mußt du weitermachen, bis du die Sache in Ordnung gebracht hast. Das ist die einzige Zuflucht, die sie dir gewähren.«
    Sie sah ihn fest und liebevoll über ihren Becher mit dem kalten Tee an. Sie wußte, was viele enge Freunde noch immer nicht verstanden hatten, daß sie zwar in ihrer Beziehung die Dominante war, daß er aber einen viel stärkeren Willen hatte.
    Sie sagte: »O. K. Dann such die Wahrheit, wenn du nicht anders kannst. Eine Ahnung, wie du anfängst?«
    »Das weiß Gott«, erwiderte er. »Da er mir aber meine Familiengeschichte in ganzen Brocken provozierend vor die Füße wirft, gehe ich davon aus, daß er auch mit Hilfe auf der Seite der Nachforschungen anrücken wird.«
    »Könnte sein, daß er schon angefangen hat«, sagte Ellie. »Ich habe heute abend eine australische Geschichtsprofessorin kennengelernt. Poll Pollinger.«
    »Eine australische Geschichtsprofessorin namens Poll?« sagte Peter, als könne er keine einzige Silbe glauben.
    »Ganz recht. Sie hat mich auf eine Tasse Kaffee in ihre Wohnung eingeladen, sonst wäre ich viel früher wiedergekommen …«
    »Was war mit Wendy Walker? Ich dachte, du würdest sie heimbringen?«
    »Ich habe sie gar nicht gesehen. Hat wohl ihre Meinung geändert oder hat sich irgendwo anders auf der Party so gut unterhalten, daß sie mich völlig vergessen hat. Wendy hält gute Manieren immer für irgendwie elitär«, sagte Ellie. »Ist auch egal. Poll hat ein Jahr Forschungsurlaub, um ein Buch zu schreiben, ja, du hast es getroffen, über Passchendaele. Was sie über den Ersten Weltkrieg nicht weiß, ist keine Fußnote wert. Das beste ist, daß sie einen direkten Draht zum Archiv des Verteidigungsministeriums hat. Ich wollte wissen, wie sie das gedeichselt hat, und sie sagte: ›Das ist alles eine Frage des Rufs.‹ Ich sagte: ›Tut mir leid, mir war nicht klar, daß ich es mit einer echten Berühmtheit zu tun habe‹, und sie sagte: ›Doch nicht mein Ruf, Dingo!‹ Anscheinend weiß sie etwas absolut Unaussprechliches über irgendein sehr hohes Tier, auf dessen Befehl alle Türen auffliegen. Sie ist einfach großartig.«
    »Sie klingt … interessant. Welchen Standpunkt vertritt sie?«
    »Wenn man sich mit ihr unterhält, gewinnt man den Eindruck, daß Haig und Arschloch eins sind. In der aktuellen Ausgabe von
Review
steht zur Zeit ein Artikel von ihr. Sie hat mir ein Exemplar gegeben. Er trägt die Überschrift: Auf daß wir nicht vergessen, und ist weniger ein historischer Aufsatz über den Heldengedenktag als ein
J’accuse.
Lies ihn mal. Aber nicht jetzt.«
    »Warum nicht jetzt?«
    »Weil ich hellwach bin. Weil, wenn ich mich recht entsinne, Wendy Walker heute mittag eine sehr interessante Unterhaltung unterbrochen hat. Weil, wenn du wirklich eine Zuflucht suchst, ich mit Sicherheit mehr zu bieten habe als eine ganze Karre voll Furien.«
    »Zuflucht? Keine Ahnung, worauf du anspielst.«
    Sie streckte ihre Hand unter dem Tisch durch und sagte: »Im Lügen warst du schon immer erbärmlich.«

Sechzehn
    U nd die Erde bewegte sich. Herr im Himmel! sagte Jammy. Was zum Teufel war das denn?
    Da muß es schon dick kommen, um Feldwebel Jameson aufzuschrecken. Er hat ein Gesicht, das aus Fels geschnitten zu sein scheint. Und wenn er auf dem Übungsplatz brüllt, macht sich der ganze Jahrgang Rekruten in die Hose. Ich weiß, wovon ich rede. Mir ist es auch so gegangen. Ich habe immer gedacht, er ist der schlimmste Mensch auf Erden. Ich habe ihn mehr als den Kaiser gehaßt, bis mich eines Abends in Leeds ein Stabsgefreiter der Militärpolizei bestrafte, Jammys große Hand auf seiner Schulter niederging, und Jammy sagte: Der gehört mir, und ich brauche keine Hilfe, um ihn auf dem rechten Pfad zu halten. Dem Polizisten fiel ein, daß er noch was Dringendes zu erledigen hatte. Ich sagte: Danke. Wofür? fragte er, als brauchte er keine Dankbarkeit von einem Stück Scheiße wie

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