Der Wald ist schweigen
vermeidet es Judith anzusehen. »Wahrscheinlich hat er Recht, sie ist clean.« Das riecht nach Ärger. Judith beschließt, nicht in offenen Wunden herumzubohren.
»Darshan«, sagt sie stattdessen. »Irgendjemand aus dem Sonnenhof hat ihr Handy verschwinden lassen.«
»Und sie hatte Kohle!«
»Ja, woher? Die meisten Mitarbeiter im Sonnenhof erhalten nur ein Taschengeld, 150 Euro im Monat.«
Manni spült die letzten Pommes mit einem großen Schluck Cola herunter und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund.
»150 Euro? Aber das gilt doch nicht für El Jefe, für Heiner von Stetten?«
»Wohl nicht. Er hat vor zehn Jahren mit seiner Frau ein Vermögen in den Aufbau des Aschrams gesteckt. Gut eine halbe Million Euro.«
»Nicht schlecht. Aber andererseits: Wenn er reich ist und Darshan Geld gegeben hat, warum sollte er sie dann umbringen?«
»Keine Ahnung. Vielleicht hat er es ihr ja nicht freiwillig gegeben.«
»Mord wegen 2000 Euro und einem Ticket nach Indien?«
»Vielleicht hat Andreas Wengert ja doch was mit Darshan gehabt. Er gibt ihr Geld, damit sie aus seinem Leben verschwindet. Von Stetten – oder mit wem auch immer sie im Sonnenhof liiert war – kriegt das spitz, will seine Gespielin am Abreisen hindern und im Gerangel stürzt sie unglücklich. Und dann kommt Andreas Wengert Monate später ins Schnellbachtal, wegen dieser Laura, unser Täter erkennt seinen alten Nebenbuhler und tötet auch ihn.«
»Laura«, sagt Manni. »Die weiß viel mehr, als sie sagt. Und sie war am Tatort.«
»Aber ich glaube wirklich nicht, dass sie zu einem Mord fähig ist. Und die physische Kraft …«
»Ja, ja, schon gut.«
Müde sehen sie sich an.
»Wenn tatsächlich jemand anderes als Laura diese letzte Mail an Andreas Wengert geschickt hat – dann können wir ziemlich sicher sein, dass der Absender unser Täter ist.« Manni angelt in seiner Jackentasche nach seinen Fisherman’s. »Morgen früh steh ich bei Staco-Steff auf der Matte, und wenn er nicht rausfindet, auf wen diese gmx-Adresse angemeldet wurde, nehm ich ihm das Büro auseinander.«
»Was hältst du eigentlich von diesem Vedanja? Mir kommt der komisch vor. Liegt vielleicht an der Art, wie er Laura bewacht. Und angeblich hat er was mit Darshan gehabt.«
Manni schaut auf seine Armbanduhr. »Alles ist möglich. Ralf und ich werden ihm und von Stetten nachher gründlich auf den Zahn fühlen. Es wäre gut, wenn du uns dann nicht über den Weg laufen würdest.«
»Mach dir keine Sorgen, ich verdrücke mich. Meinst du, Millstätt gibt dir grünes Licht für einen Durchsuchungsbeschluss?«
»Ich hoffe es, aber wir haben nicht viel in der Hand. Wie soll ich plausibel begründen, dass die Tatwaffe im Sonnenhof ist, wenn schon die Suchaktion im Forsthaus ein Flopp war?«
»Apropos. Was ist eigentlich mit der Försterin?«
»Hat ein wasserdichtes Alibi für den 10. Oktober und war wenig entzückt, dass die Ks ihr Heim untersuchten. Hat auf stur geschaltet, als ich ihr erklärte, dass ihr afrikanischer Ex-Boss sie unmöglich bedrohen kann. Sie schwört weiterhin, dass etwas sie bedroht, weigert sich aber, ihr Haus zu verlassen, und hat angeblich keinen blassen Schimmer, wer ihr was Böses will.«
»Hoffentlich bildet sie sich die Bedrohung wirklich nur ein.«
»Edling will ab und zu mal eine Streife bei ihr vorbeischicken.«
»Mehr ist nicht drin?«
»Niemand zwingt sie, allein in diesem Haus zu hocken.«
»Und diese Drohbotschaft auf dem Hochsitz? Nimmst du die nicht ernst?«
»Wer sagt uns, dass sie wirklich der Försterin gilt? Aber ernst nehmen muss man sie schon. Sie wurde mit Schafsblut geschrieben.«
»Auf dem Sonnenhof gibt es Schafe. Laura …«
»Wir drehen uns im Kreis.«
»Finde ich nicht. Wir werden immer sicherer, dass die Lösung im Sonnenhof liegt.«
»Was du ja schon immer gesagt hast.«
»Darum geht es doch nicht.«
»Nein?«
»Nein.« Judith wartet darauf, dass Manni sie fragt, worum es denn dann ginge, aber er starrt einfach verstockt auf die blinkenden Halloween-Lichterketten in Rosis Fenster.
»Hast du eigentlich mal die Vorstrafenregister unserer Hauptakteure gecheckt?«, fragt Judith vorsichtig.
Unwillig schiebt Manni seinen Teller beiseite. »Scheiße, nein, wollte ich, ja, hab ich aber noch nicht geschafft.«
»Kann ja passieren. Ich meine, du machst das alles ziemlich gut. Wirklich.« Viel besser, als ich vor ein paar Tagen gedacht hätte, fügt sie in Gedanken hinzu.
»Ein Lob von der großen KHK Krieger? Wow,
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