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Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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dem Präsentierteller. Mit einem Schritt zur Seite trat sie in die Dunkelheit. Sie lauschte. Aber sie hörte nur die Brise in den Baumwipfeln, das leise Plätschern des Sees und undeutliche Stimmen aus dem Lager.
    »Diese verdammte Geschichte«, murmelte sie. Es lag ganz allein an Karens Geschichte, dass sie jetzt Angst hatte. »Dabei war sie nicht mal gruselig«, sagte sie.
    Aber als sie die Hose herunterließ und sich niederhockte, durchforstete sie die Dunkelheit. Lächerlich. Dämliche Geschichte. Sie war eine Idiotin, sich davon beeinflussen zu lassen.
    Jetzt hocke ich Trottel hier und starre in den Wald, als würden gleich Audrey und Doreen herausgerannt kommen. Dämlich.
    Sie erschauderte. Das dauerte ja ewig. Warum zum Teufel hatte sie so viel Kaffee getrunken?
    Als sie endlich fertig war, eilte sie zurück zum Lager. Nick lag in seinem Schlafsack am Feuer und winkte ihr zu. »Bin gleich da«, rief sie.
    Im dunklen Zelt zog sie die Kapuzenjacke an, die sie zum Schlafen mitgenommen hatte. Sie schlüpfte in saubere Wollsocken und dann in ihre Turnschuhe. Nachdem sie den Mumienschlafsack zu einem losen Bündel zusammengerollt hatte, nahm sie die Isomatte und kroch nach draußen.
    Nick sah zu, wie sie sich näherte. Sie war etwas befangen, weil sie unter der warmen Jacke und der Hose nackt war. Er kann es nicht wissen, dachte sie. Außerdem hielt sie den Schlafsack vor sich.
    »Du solltest vielleicht noch was drunterlegen«, schlug Nick vor.
    »Ja, ich hole meinen Regenponcho.« Sie breitete die Isomatte aus, legte den Schlafsack darauf und ging wieder über die Lichtung. Lass ihn ruhig gucken, dachte sie. Es gibt nichts zu sehen. Er kann nicht mal wissen, ob ich nicht vielleicht sogar eine lange Unterhose unter meinem Jogginganzug trage. In ihre Beklemmung mischte sich ein aufregender Kitzel bei dem Gedanken, dass er sie ansah und darüber nachdachte.
    Sie beugte sich über den Rucksack. Die Hose spannte sich über ihren Hintern und rutschte ein Stück herab. Sie spürte über dem Gummizug einen kalten Streifen. Nick kann es nicht sehen. Es ist dunkel.
    Julie nahm ihren Poncho, die Wasserflasche und eine Taschenlampe heraus und schnallte den Rucksack für die Nacht zu. Im Stehen zog sie die Hose hoch. Dann ging sie zurück zum Feuer.
    »Brauchst du Hilfe?«, fragte Nick.
    »Schon okay. Dauert nur eine Minute.« Sie breitete ihren Poncho auf einem einigermaßen ebenen Fleck Erde ein Stück neben Nicks Schlafsack aus. Er trug nur ein T-Shirt. »Ist dir nicht kalt?«, fragte sie.
    »Nur das, was du sehen kannst. Weiter unten ist mir mollig warm.«
    »Mollig warm?«
    »Wie dem Hund hinterm Ofen.«
    »Meine Güte.«
    Nick lachte.
    Julie kniete auf dem Poncho und strich ihre Isomatte glatt. Die Matte war nur so breit wie ihre Schultern und gerade lang genug, sie vom Kopf bis zum Hintern zu polstern. Sie legte den Schlafsack darauf. Als sie auf dem bauschigen Stoff saß, zog sie ihre Schuhe aus. Sie stellte sie ans Kopfende, klemmte die Wasserflasche dazwischen und legte die Taschenlampe in einen Schuh. Dann zog sie den Reißverschluss des Schlafsacks halb herunter. Sie klappte ihn auf, so weit es ging, rollte sich auf den Rücken und zog die Knie fast bis zum Kinn an, um die Füße hineinstecken zu können. »Elegant, was?«
    »Ja.«
    Von innen zog sie den Reißverschluss zu. Sie seufzte, als sie es sich in der Wärme bequem gemacht hatte.
    »Okay.« Das war die Stimme ihres Vaters, die ganz aus der Nähe ertönte. »Dann bis morgen.«
    »In aller Früh«, antwortete Karen.
    »Nacht«, sagte Benny.
    »Geh schon mal vor, ich komm gleich nach.«
    Julie hob den Kopf und sah, wie Benny den Erwachsenen den Rücken zukehrte. Karen und Dad gingen auf das Zelt zu, in dem eigentlich sie hätte schlafen sollen. In der Dunkelheit vor dem Eingang umarmten sie sich. Sie küssten sich. Julie wandte den Blick ab.
    »Nacht«, sagte Benny, als er an ihr vorbeiging.
    »Ja«, grummelte sie.
    »Gute Nacht«, sagte Nick.
    Nach einer Weile kam ihr Vater vorbei. Zumindest war er nicht mit ihr ins Zelt gegangen. »Schlaft gut, ihr beiden«, sagte er.
    »Nacht, Dad.«
    »Gute Nacht, Mr. O’Toole.«
    »Ab jetzt bitte Scott, okay?«
    »Klar. Gute Nacht.«
    Kurz darauf war Dad an seinem Zelt. Julie hörte ihn und Benny sprechen, aber sie konnte kein Wort verstehen. Auch aus dem Zelt der Zwillinge erklangen leise Stimmen. Sie hatten eine Taschenlampe an, deren Strahl einen hellen Kreis auf die rote Wand malte. Julie lächelte.
    »Was ist so

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