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Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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nach zu Hause, wenn man eine Weile hier draußen war. Man fängt an, von einem heißen Bad zu träumen, von einem weichen Bett …«
    »Stimmt!« Benny beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Letztes Jahr waren wir eine Woche unterwegs, und ich war so weit, dass ich unbedingt einen Schokoshake haben musste. Ich hab’s fast nicht mehr ausgehalten. Dann hat Dad auf dem Heimweg bei Burger King angehalten und … Wahnsinn, ich glaub, das war der beste Milchshake meines Lebens. Wenn ich nur daran denke, hab ich schon den Geschmack im Mund.«
    »Und wenn ich daran denke, wird mir noch kälter.« Karen spülte den Topf aus, stand auf und schüttelte das Wasser ab. »Jetzt könnte ich einen Kaffee gebrauchen.«
    »Wir haben auch Kakao«, sagte Benny. Er stand auf und klopfte sich die Hose sauber. »Und Marshmallows.«
    »Vielleicht tunke ich ein Marshmallow in meinen Kaffee.«
    Er lachte und hüpfte über den Bach.
    »Danke, dass du mir Gesellschaft geleistet hast«, sagte Karen, während sie den Granithügel hinaufgingen.
    »Ah, gerne.«
    Die Lichtung war vom Feuerschein erhellt. Die meisten anderen saßen dicht an der Glut.
    »Wir dachten schon, ihr wärt verlorengegangen«, rief Scott.
    »Lasst mir einen Schluck Kaffee übrig«, entgegnete Karen. Sie gab Benny den Topf und ging mit ihrem Geschirr den flachen Hügel zum Zelt hinab. »Bin gleich wieder da«, sagte sie über die Schulter.
    Ihr Rucksack stand neben dem Zelteingang an einen Felsen gelehnt. Sie schlug die Klappe auf, warf das Geschirr hinein und wühlte in dem dunklen Sack nach ihrer Jeans und dem Parka. Natürlich lagen die Klamotten ganz unten. Was man haben wollte, war immer ganz unten.
    Sie klemmte sich die Jeans zwischen die Beine, schüttelte den zusammengefalteten Parka auseinander und zog ihn an. Als ihr wärmer wurde, seufzte sie erleichtert.
    Sie kroch ins Zelt. Es war dunkel darin, aber sie brauchte kein Licht. Sie setzte sich auf ihren weichen Daunenschlafsack, zog die Stiefel aus und tauschte die Shorts gegen die Jeans. Schließlich schlüpfte sie wieder in die Stiefel und eilte zum Feuer. Auf dem Weg hoffte sie, nicht über eine der Zeltschnüre zu stolpern.
    Ihre Tasse stand noch auf dem Holzklotz, wo sie sie nach dem Essen zurückgelassen hatte. »Fertig«, sagte sie.
    »Kaffee?«, fragte Scott.
    »Unbedingt.« Sie streckte ihm die Tasse entgegen. Scott löffelte aus einer Plastiktüte Instantpulver hinein, goss heißes Wasser hinzu und rührte um. Der Dampf stieg Karen ins Gesicht, als sie an dem Kaffee nippte. »Ah, das tut gut.« Sie setzte sich auf den Stumpf und trank einen weiteren Schluck.
    Karen sah, dass Benny schon eine Tasse mit Kakao hatte, an dessen Oberfläche einige Marshmallows schwammen.
    »Wie wär’s mit ein paar Liedern?«, schlug Alice vor.
    Sie fingen an mit »Michael, Row the Boat Ashore«. Dann machten sie mit »Shenandoah« weiter. Flash stimmte »Danny Boy« an. Er kannte den kompletten Text, und als er von dem Jungen sang, der zum Grab seines Vaters zurückkehrte, schienen ihm beinahe die Tränen zu kommen.
    »Lasst uns mit was Fröhlicherem weitermachen«, sagte Scott danach. In kräftigem Bariton begann er mit »The Marine Corps Hymn«, und alle fielen mit lauter Stimme ein.
    »›The Caisson Song‹!«, rief Nick anschließend.
    Dann kamen »The Battle Hymn of the Republic« und »Dixie«. Schließlich sangen die Gordons ein Lied über einen Holzfäller, der seinen Kaffee mit dem Daumen umrührte.
    »Das erinnert mich an Robert Service«, meinte Scott. »›Es geschehen seltsame Dinge unter der Mitternachtssonne …‹«
    »›Durch die Männer, die schuften fürs Gold‹«, ergänzte Karen und lächelte, weil sie beide das Gedicht kannten. Sie fuhren fort, Zeile für Zeile, und dem einen fiel ein, was der andere vergessen hatte, bis Sam McGee schließlich am Ufer des Lake LaBarge bestattet wurde.
    Ihr Vortrag erntete Applaus und einen Pfiff auf zwei Fingern von Julie.
    Alice drängte die Zwillinge, »Halten am Walde im Abendschnee« zu rezitieren.
    »Kinderkram«, sagte Flash, als sie geendet hatten. »Was haltet ihr hiervon? ›Lobt mir ruhig Wein und Bier / In den sichern Zeiten hier! / Hier riskiert ihr keinen Klaps! / Aber wo die Kugeln krachen, / Kann das Wasser es nur machen!‹«
    Karen kannte »Gunga Din« auswendig, aber sie mischte sich nicht ein. Der Mittelteil misslang ihm gründlich, doch niemand schien es zu bemerken.
    »Bravo!«, rief Scott und klatschte in die Hände, als Flash

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