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Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Beine.«
    »Dieses verfluchte, stinkende, widerliche Dreckschwein!«
    Julie legte eine Hand auf Bennys kalte, tropfende Wange. »Sie wird schon wieder. Glaub mir.«
    »Aber er nicht! Er ist tot! Ich wünschte, ich hätte ihn getötet!« Benny warf sich plötzlich gegen Julie und umarmte sie fest. Sie drückte ihn an sich. Er schluchzte hemmungslos. An ihrer Wange spürte sie seine klitschnasse, kalte Wollmütze.
    Hinter ihm sah Julie Nick auf einem Stein am erloschenen Feuer sitzen. Er trug einen Poncho mit Kapuze, ließ den Kopf hängen und starrte auf seine Füße.
    Ihr eigener Poncho, den sie auf dem Boden liegen gelassen hatte, als der Regen eingesetzt hatte, war über den toten Körper gebreitet. In der Dunkelheit und dem dichten Regen konnte man ihn kaum erkennen. Sie dachte daran, was darunter lag, und wandte den Blick ab.
    Flash hockte in einem durchsichtigen Regencape vor dem hinteren Zelt und sprach offenbar mit Alice und den Mädchen.
    Er hätte Nick nicht alleinlassen sollen.
    »Komm, Benny«, sagte Julie. »Dad bleibt bei Karen. Warum holst du nicht deinen Poncho, wenn du draußen bleiben willst? Und sieh mal nach, ob du Dads für mich findest, ja?«
    Mit einem Nicken ließ Benny sie los und lief zum Zelt. Julie ging hinüber zu Nick. Er blickte auf, als sie vor ihm stehen blieb. »Wie geht’s dir?«, fragte sie.
    »Mir ist noch ein bisschen übel. Was ist mit dir? Hat er dir wehgetan?«
    »Nur ein paar blaue Flecken. Aber Karen hat er übel zugerichtet. Er hat sie vergewaltigt.«
    »Mein Gott. Wie geht’s ihr?«
    »Sie ist ohnmächtig. Er hat sie mit irgendeinem Gegenstand geschlagen. Vielleicht mit dem Messergriff.«
    »Wird sie sich wieder erholen?«
    Julie zuckte die Achseln. »Es war toll von dir, dass du den Mann verfolgt hast.«
    »Ich hab dich schreien gehört«, sagte er. Seine Stimme klang flach, als wäre er in Gedanken weit weg. »Du hast auf dem Boden gelegen. Und dein Vater hat ihn geschlagen. Ich wusste nicht, was los war. Ich wusste nur, dass ich ihn erwischen musste. Ich hatte nicht vor, ihn … ihn zu töten.« Er sah mit weit aufgerissenen Augen, ohne zu blinzeln, zu Julie auf. »Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich wollte ihn doch töten. Ich wusste nur, dass er dir wehgetan hat, und hab mir das Beil geschnappt. Ich fühl mich irgendwie seltsam.«
    Sie trat zwischen seine Knie und drückte sein Gesicht an ihren Bauch. »Du brauchst dich nicht schlecht zu fühlen. Wenn du es nicht getan hättest, hätte es bestimmt Dad gemacht.«
    »Das hat mein Vater auch gesagt. Er meinte, der Typ wäre ›eine wandelnde Leiche‹ gewesen.«
    »Hier«, sagte Benny.
    Julie löste sich von Nick. Sie schüttelte die zerknitterte Plastikplane auseinander und steckte den Kopf durch das Loch mit der Kapuze. Als sie die Seiten unter den Armen befestigte, tauchte Flash auf. Er drückte ihre Schulter. »Wie geht’s dir, junge Frau?«
    »Ganz gut, glaub ich.«
    »Was ist mit Karen?«
    »Sie hat einen heftigen Schlag abbekommen. Sie ist bewusstlos.« In Bennys Gegenwart wollte sie die Vergewaltigung nicht erwähnen. »Er hat sie ziemlich übel zugerichtet.«
    »Tja, Nick hat ihn auch ziemlich übel zugerichtet. Sie kommt wieder auf die Beine, oder?«
    »Ich glaub schon.«
    »Schön, das zu hören. Wie kommst du klar, Nicky?«
    »Ganz gut«, murmelte er.
    »Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Ich hab selber ein paar Leuten das Licht ausgepustet. Es ist nie leicht. Aber du musst dir keine Sorgen machen. Ein klarer Fall von Notwehr. Ich glaube, wir sollten ein paar Fotos von der Leiche machen. Wir können sie schlecht mitnehmen. Wir wickeln sie gut ein und vergraben sie hier. Dann kann die Polizei kommen und sich darum kümmern.«
    Julie sah, wie er unter das durchsichtige Cape griff und eine Kompaktkamera aus der Jackentasche zog. »Ihr Kinder könnt hier warten. Das müsst ihr nicht mit ansehen.«
    Er trat vor das Zelt, wo der Mann über Julie hergefallen war. Das Messer steckte noch im schlammigen Boden. Er zog es heraus und trat zu dem dunklen Haufen. Mit der Messerspitze zog er den Poncho zur Seite.
    Julie wollte schon den Kopf abwenden, aber die Stelle, an der die Leiche hätte liegen sollen, war leer.
    Benny stöhnte.
    Julie kroch ein Schauder das Rückgrat hinauf bis in den Nacken.
    »Heilige Scheiße«, ächzte Nick und sprang auf. Er rannte zu seinem Vater, und Julie und Benny folgten ihm auf den Fersen.
    Flash ging langsam zum Ufer. Am Rand des Sees blieb er stehen. Als sie zu ihm aufgeschlossen

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