Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget
dem Kurator des Museums eine markante Stelle zwischen der Hölzernen Klinke und dem Bilstein zeigen, wo bereits im Mittelalter intensive Waldnutzung betrieben wurde.
Das vorbeirasende Polizeiauto unterbrach sie in ihren Ausführungen. Schweigend blickten sie dem Wagen nach.
»Ist das wegen der getöteten Frau? Ach, wie schrecklich«, sagte Maria Haller leise.
»Gut möglich.« Benno ging schneller und reckte den Hals, dann sah er, dass der Wagen vom Hauptweg abbog und in hohem Tempo in Richtung »Luis« weiterfuhr. Benno war abgelenkt. Er war überhaupt nicht in der Lage, der netten Archäologin eine Frage zu stellen, geschweige denn, die letzten beiden Sätze zu wiederholen. Maria Haller bemerkte, wie unkonzentriert er war, und sah ihn an.
»Haben Sie die Tote gekannt?« Benno hörte die Frage gar nicht. »Wir können uns auch ein anderes Mal treffen, Dr. Thalbach«, sagte sie verständnisvoll. »Ich bin oft genug hier, Sie können sich einfach meinen Exkursionsgruppen anschließen.«
»Äh, nein, nein. Lassen Sie uns ruhig weitergehen. Mich interessiert das mit den alten Waldschmieden … dahinten … da im Tiefenbachtal.«
»Am Bilstein«, korrigierte sie ihn.
»Ja, genau, am Bilstein.« Langsam gingen sie weiter. »Bitte!« Benno wollte an etwas anderes denken. »Bitte, erzählen Sie doch weiter!«
Maria Haller berichtete von den Schlackenresten, die überall im Boden herumlagen, von der vor Kohle schwarzen Erde und davon, dass man an der Vegetation erkennen konnte, wo vor langer Zeit einmal viele Menschen herumgelaufen waren. Durch die Bodenverdichtung wuchsen dort bis heute vorzugsweise Farn und Ilex. Eine solche wunderbare Stelle habe sie ausfindig gemacht. Und genau daneben, fein säuberlich von der »Arbeitsstelle« getrennt, habe sie diese herrlichen Vasen und Schnallen gefunden.
Der Polizeiwagen kam wieder zurück. Er fuhr jetzt langsamer. Die Frau auf der Rückbank mit den dunklen, gelockten Haaren sah ihn an, ohne die Miene zu verziehen.Benno starrte fassungslos in den Wagen. Erst als er vorbeigefahren war, schrie er Hannas Namen und sah dem Wagen nach. Reglos stand er auf der Straße. Was hatte das zu bedeuten? Sie wird doch nicht …? Dann rannte er los.
Maria Haller war klar, dass er sie jetzt ganz vergessen hatte. Sie setzte sich auf einen Baumstamm und holte eine Flasche Wasser hervor. Dr. Thalbach würde sich schon wieder melden.
8
»Was ist hier los? Warum haben die Hanna mitgenommen?« Ohne Rücksicht auf die Gäste stürmte Benno ins »Luis« und rannte hinter den Tresen. Kellner Toni sah ihn erstaunt an, sagte aber nichts.
»Wo ist Luis?«, schrie Benno. »Ist er in seiner Wohnung?«
»Reißen Sie sich bitte zusammen!« Toni wurde nicht lauter, nur eindringlicher. Er rückte seine Fliege zurecht und näselte: »Er ist in die Stadt zu seinem Anwalt gefahren. Mehr weiß ich nicht.«
Benno blickte sich hilflos um. Er entdeckte kein bekanntes Gesicht und rannte, ohne etwas zu sagen, ins Freie. Draußen stützte er sich auf dem Geländer ab. Ihm war schon heiß gewesen und jetzt wurde ihm auch noch schlecht. Langsam ließ er sich auf einem der Stühle nieder. Was war passiert? Er hatte keine Erklärung. Er verfluchte sich dafür, dass er sein Handy bei seinem Vater vergessen hatte. Langsam, wie in Zeitlupe setzte er sich in Bewegung. Er schlug den Weg Richtung Hütte ein. Wenn niemand da sein sollte, würde er sich ins Gras legen und so lange dort bleiben, bis jemand kam. Und wenn niemand käme, würde er eben sterben. Ihm war speiübel.
Der Weg schien endlos, stöhnend kam Benno oben an. Thorvald saß auf der Veranda, einen Stapel loses Papier auf den Knien, und sah ihn mit offenem Mund an, während er langsam wieder aus Brahms’ Liederwelt auftauchte. Benno bewegte sich wie ferngesteuert auf ihn zu.
»Wie siehst du denn aus?« Thorvalds Frage klang ein wenig amüsiert, doch Benno achtete nicht darauf.
»Warum haben sie Hanna mitgenommen?«
»Ah, du hast es also schon gehört?«, fragte Thorvald.
»Nein, gesehen!«
»Wir wissen es auch nicht genau. Olga hat mich gerade angerufen. Sie war unten im ›Luis‹, als sie kamen. Sie haben Hanna festgenommen, glaub ich.«
»Verhaftet?«, rief Benno. »Wieso?«
»Ich weiß es doch nicht«, sagte Thorvald mit leichtem Unmut in der Stimme. »Olga kommt gleich, vielleicht weiß sie mehr.«
»So eine Scheiße. Das gibt’s doch nicht.« Benno starrte Thorvald an.
»Sag mal, was ist denn los mit dir? Du bist ja völlig
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