Der Wald wirft schwarze Schatten
sausen. Er ist Indiana Jones mit seiner Peitsche. Außerdem hat er das Messer. Er ist gut bewaffnet.
«Komm», sagt er zu Wolf, «wir suchen den Taschenmann.»
Sie schleichen sich in den Dschungel, leise, sie sind auf der Hut. Plötzlich meint Lukas, ein Geräusch gehört zu haben. Er bleibt stehen, hält den Atem an, wartet, horcht. Nein, alles ist still. Kein Laut im Gebüsch. Aber er spürt, dass jemand in der Nähe ist. Vielleicht die Eingeborenen, die Helfer des Taschenmanns, die sie gefangen nehmen oder – schlimmer noch! – sie umbringen wollen? Es dauert nicht lange, da saust der erste Pfeil heran. Luke und Wolf werfen sich zu Boden. Ein Pfeilregen trifft den Baum hinter ihnen.
«Giftpfeile», sagt Indy-Luke.
«Ach du Schande», sagt Wolf.
«Keine Angst, Wolf, ich krieg sie alle!»
Mit Gebrüll wirft er sich den Feinden entgegen. Wie verrückt schlägt er mit der Peitsche nach ihnen.
«Nimm das! Und dies!»
Die eingeborenen Angreifer fallen um wie die Fliegen und bleiben mausetot am Boden liegen. Indy-Luke geht zu ihnen, versetzt ihnen einen Tritt. Sie liegen mit rausgestreckter Zunge und starrem Blick da.
«Komm», sagt er.
Gemeinsam pirschen sie tiefer in den Dschungel.
Irgendwo hier ist ein riesiges Schloss. Dort wohnt der Taschenmann mit seinem Hofstaat. Er besitzt drei Kronen und herrscht über mindestens hundert Kinder aus der ganzen weiten Welt, die er in seiner Tasche an diesen versteckten Ort entführt hat. Die Kinder müssen die harte Arbeit im Schloss verrichten. Sie müssen Erde hacken und Steine schleppen. Sie müssen Kartoffeln schälen und Fisch ausnehmen. Und wenn der Taschenmann pfeift, müssen sie augenblicklich zu ihm kommen, um ihm seine Stinksocken auszuziehen oder ihm mit Palmblättern Luft zuzuwedeln.
Am schlimmsten aber ist, dass sie in einer langen Schlange vor ihm anstehen müssen, um etwas zu essen zu bekommen. Und wenn sie endlich an der Reihe sind, müssen sie seinen Pillermann anfassen. Das ist so widerlich, dass man am liebsten brechen würde. Und manchmal müssen sie wirklich brechen und werden dafür mit Peitschenhieben auf den Rücken bestraft.
Aber Luke wird sie befreien. Luke Skywalker Indiana Jones und der furchteinflößende Wolf werden sie aus ihrem Gefängnis erlösen. Denn Luke wird den Taschenmann fangen. Mit dem Lasso wird er ihn fangen, sodass er zu Boden geht und nicht mehr fortlaufen kann. Und dann wird er sein Schwert zücken und ihm den Kopf abschlagen, dass das Blut nur so aus dem ekelhaften Halsstumpen spritzt.
Langsam schleichen sie weiter, und da sind sie schon – eine lange Schlange trauriger Kinder, dünn und in Lumpen gekleidet. Aber wo ist der Taschenmann? Vorsichtig zieht Luke das Messer aus der Scheide und hält die Luft an. Wartet. Horcht. Plötzlich knackt es hinter ihm im Unterholz. Lukas erstarrt vor Schreck. Der Taschenmann ist wirklich hier! Lukas schreit. Eine schwere Hand fällt auf seine Schulter, und eine Stimme ruft: «Was in drei Teufels Namen hast du hier zu suchen?»
Lukas bricht zusammen. Papa steht über ihm, außer sich vor Wut. Mit wildem Blick stiert er ihm ins Gesicht.
«Ich habe dir doch gesagt, dass du hier nicht hindarfst! Was machst du hier, verdammt noch mal?»
Papas Stimme ist hoch und klingt seltsam. Anders. Fast pfeifend vor Wut. Er entdeckt das Messer und reißt es Lukas aus der Hand.
«Bist du total verrückt geworden?! Weißt du, wie gefährlich das Ding ist?»
Lukas fängt an zu weinen. Papa nimmt ihm das Futteral ab und steckt das Messer wieder hinein. Dann zieht er ihn hoch und schüttelt ihn.
«Warum gehst du hierher, wenn ich es dir doch verboten habe?»
«Weiß nicht», hickst Lukas.
Papa lässt sich neben ihm auf die Erde fallen. Nach einer Weile legt er seine Hand auf Lukas’ Kopf, tätschelt ihn.
«Entschuldige, Lukas. Verzeih, dass ich so böse geworden bin. Aber ich habe Angst gehabt, verstehst du? Ich habe solche Angst, dass dir etwas passieren könnte.»
«Du
hast mich erschreckt», schnieft Lukas.
«Es tut mir leid», sagt Papa.
«Du wolltest ja nicht mit mir spielen.»
«Ich kann
jetzt
mit dir spielen.»
Sie rappeln sich auf, und Papa befestigt das Messer an seinem Gürtel. Er sieht streng aus und presst die Lippen aufeinander.
«Ich nehme es nie mehr wieder», sagt Lukas.
«Das ist auch besser so. Denn wenn du es doch tust, werfe ich deine Xbox in den Müll.»
Papa greift nach Lukas’ Hand. Sie spazieren heimwärts, durch das Wäldchen, vorbei an dem Spielplatz und der
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