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Der Wald wirft schwarze Schatten

Der Wald wirft schwarze Schatten

Titel: Der Wald wirft schwarze Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari F. Braenne
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weg. Jetzt wird alles gut. Und besser spät als nie! Sie stützt sich auf den Einkaufswagen und sieht Wilhelm vor sich, als er klein war. Was für kurze Beinchen er hatte und so runde Ärmchen. Sie kann beinahe spüren, wie schön es war, ihn anzufassen. Ihn auf den Schoß zu heben, in den Armen zu wiegen. Sanft. Sie streckt sich nach einer der Kuchenschachteln, bugsiert sie in den Einkaufswagen. Selbstverständlich sollst du einen Turmkuchen bekommen, mein Junge.
    Als sie aus dem Laden kommt, mit dem proppenvollen Einkaufstrolley und dem riesigen Kuchen, dauert es nicht lange, bis sie es merkt. Sie ist jetzt schon erschöpft, noch bevor sie den Aufstieg begonnen hat. Den langen, endlosen Weg bergauf, der am Ende steil ansteigt. Sie schleppt sich an der Schlange der Taxis vorbei, die vor dem Einkaufszentrum parken. Einer der Taxifahrer sieht sie fragend an. Sie schüttelt den Kopf. Kommt nicht in Frage! Wenn sie eins nicht tun wird, dann eine Unsumme für so eine kurze Fahrt auszugeben. Außerdem kann man denen ja nicht trauen, diesen Negern und Mohammedanern. Nachher fährt er mit ihr noch durch die halbe Stadt, bevor er sie endlich zu Hause absetzt.
    Aber wen könnte sie um Hilfe bitten? Wie immer gibt es nur eine einzige Antwort auf die Frage.
    «Aslaug», zischt sie. Aber was hilft es. Sie wird wohl zu Kreuze kriechen müssen.
    Die größte Hürde ist natürlich, dass Aslaug schon ins Seniorenzentrum verschwunden ist. Sie überquert die Straße, zieht den Einkaufstrolley ins Gebäude, den Gang entlang und zur Glastür, schaut hinein. Ja, da sitzen sie alle zusammen. Die ganzen alten Witwen. Ingeborg, Henny, Borghild, Oddny und Kirsten. Sitzen da und tratschen. Und als selbsternannter, laut schnatternder Mittelpunkt: Aslaug natürlich.
    Eine junge Frau, eine der Betreuerinnen, kommt auf sie zu. Als die Glastür aufgleitet, weht ihr der Duft von frischgebackenen Waffeln und Kaffee entgegen.
    «Guten Tag», sagt die Frau.
    «Tag», knurrt Evelyn.
    Die Frau hält ihr die Tür auf, wartet.
    «Möchten Sie nicht hereinkommen?»
    Evelyn schüttelt verbissen den Kopf. Ganz sicher nicht. Sie wird ganz sicher nicht den Gang nach Canossa machen, quer durch den Raum hinüber zu ihrer Freundin. Wenn man sie denn überhaupt als solche bezeichnen kann, wie sie da sitzt und tratscht. Über sie, natürlich. Und dass ihr Sohn
endlich
wieder nach Hause kommt. Evelyn dreht sich abrupt um, schlurft hinaus, so schnell sie kann mit dem Einkaufstrolley und dem Turmkuchen, bevor die da drinnen sie entdecken. Draußen auf dem Bürgersteig bleibt sie stehen, muss verschnaufen.
    Sie blickt den Hügel hinauf, der erst sanft ansteigt und dann immer steiler wird. Sie beugt sich vor, krümmt den Rücken und wackelt los. Doch. Es wird gehen. Es
muss
.

[zur Inhaltsübersicht]
    7
    Es ist ein schöner Tag auf dem Waldplaneten. Der Himmel ist klar und die Sonne scheint. Die Superfieslinge sind weit weg, irgendwo draußen im Weltraum auf ihrem Todesstern, von wo sie auf andere Planeten schießen. Es ist windig. Die Zweige des größten Baums bewegen sich so sehr, dass die gelben Blätter herunterwirbeln. Die Blätter sind echtes Gold, das vom Himmel fällt. Man muss sie auffangen, bevor sie den Boden berühren, denn sonst werden sie zu Erde. Lukas läuft über die große Wiese und fängt die Goldstücke. Schnell hat er beide Hände voll.
    «Guck mal, Papa! Guck doch mal!»
    Aber Papa hört ihn nicht, er kniet mit einem Spaten in der Hand vor einem Blumenbeet und gräbt Löcher.
    «Wann fahren wir denn? Jetzt sag doch mal, Papa!»
    Papa antwortet nicht. Er gräbt und gräbt.
    «Was willst du denn hier begraben?»
    «Begraben?», fragt Papa und schaut zu ihm auf, als hätte er ihn erst jetzt bemerkt. «Ich setze Zwiebeln.»
    «Zwiebeln?» Lukas lacht. «Und da setzt du dich drauf?»
    Papa lacht nicht. «Daraus werden Blumen. Tulpen, Krokusse, Osterglocken.»
    «Und wann?»
    «Im Frühling.»
    «Aber dann wohnen wir doch gar nicht mehr hier, Papa.»
    «Ja, das stimmt.»
    «Aber warum tust du das dann? Das ist ganz schön dumm, Papa. Wir sehen sie ja nicht einmal! Wir werden die schönen Blumen nicht sehen!»
    Papa sieht ihn still an. Auf diese unerträgliche Art.
    «Bestimmt wird das sehr schön, Papa!», sagt Lukas und macht kehrt. Er läuft ins Haus, durchs Wohnzimmer zum Schreibtisch und schaltet den Monitor und die Xbox an. Er legt die CD ein, Lego Star Wars, und verschwindet in der anderen Welt. Er ist Obi-Wan, er hat ein Laserschwert, er kann

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