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Der Wald wirft schwarze Schatten

Der Wald wirft schwarze Schatten

Titel: Der Wald wirft schwarze Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari F. Braenne
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ruft sie.
    «Doch.»
    «Kommt er bald?»
    «Ja, er kommt tatsächlich», sagt Evelyn.
    «Wie aufregend! Du musst ja schrecklich gespannt sein!»
    Evelyn dreht sich zur Anrichte um, holt ein Messer und ein Schneidbrett heraus, öffnet den Kühlschrank.
    «Ich habe noch einiges zu tun, wie du siehst.»
    «Gott ja, das hast du bestimmt. Ich wollte auch nur kurz vorbeischauen und sehen, ob alles in Ordnung ist.»
    «Natürlich ist alles in Ordnung.»
    «Und dir die Blumen geben.»
    «Vielen Dank.»
    Evelyn dreht ihr den Rücken zu, während sie herumhantiert.
    «Weißt du, wo ich heute hingehe?», fragt Aslaug.
    «Woher soll ich das wissen?»
    Evelyn nimmt das Roastbeef aus dem Kühlschrank und knallt die beiden Packungen vor Aslaug auf den Tisch.
    «Ins Restaurant Palmen. Jostein hat die ganze Bande eingeladen. Wer da alles kommt! Marit. Unni und Endre. Sverre und Hilde. Und sämtliche Kinder! Philipp und Olivia, Iselin, Ingrid und Emma. Natalie und Alexander! Und der kleine Felix. Hab ich noch jemanden vergessen?»
    «Andreas?»
    «Natürlich. Andreas mit Frau und Kind.»
    «So, so. Was ist der Anlass?»
    «Die Silberhochzeit von Jostein und Marit.»
    «Wird dir das nicht zu viel, meine Liebe?», sagt Evelyn.
    «Zu viel? Ich werde doch abgeholt und wieder nach Hause gebracht.»
    «Wird dir das nicht zu viel mit all den Leuten, meine ich.»
    «Ach, die sind doch alle so nett.»
    «Ich finde es ja gemütlicher im kleinen Kreis. Da kann man sich
wirklich
miteinander unterhalten.»
    «Wir unterhalten uns ganz ausgezeichnet.»
    «Ich finde es nun mal schwierig zu verstehen, was die Leute sagen, wenn alle durcheinanderreden.»
    «Nein, es ist wirklich gemütlich, du. Aber für dich wäre das natürlich eine Umstellung. Wo du immer allein bist.»
    Evelyn greift wütend zur Vase, marschiert damit in die Stube und knallt sie auf den Tisch, dass das Service scheppert.
    Aslaug kommt hinterhergewackelt. Sie bleibt stehen, starrt eine Weile auf den gedeckten Tisch und ruft dann aus: «Du meine Güte, Evelyn! Hast du für mich mit gedeckt?»
    «Für dich?»
    «Ach, aber ich kann doch nicht kommen! Ich muss doch ins Palmen!»
    «Ich habe nicht für dich gedeckt!»
    «Du hast für drei Personen gedeckt!»
    «Stell dir vor, ich habe
auch
Familie», raunzt Evelyn.
    «Dass Wilhelm kommt, weiß ich ja, aber wer ist die dritte Person?»
    Aslaug tritt buchstäblich von einem Bein aufs andere. «Willst du es mir nicht sagen?»
    Evelyn kehrt ihr den Rücken zu, ordnet die Blumen. Wieso merkt die nicht, dass sie unerwünscht ist? Wieso geht die nicht einfach?
    «Ich bin doch deine beste Freundin. Praktisch deine einzige … Ist es seine Frau?»
    «Nein.»
    «Nicht, aha», seufzt sie. «Na, du hast wohl noch eine Menge zu tun.»
    «Genau.»
    Aslaug bewegt sich langsam Richtung Flur, nimmt ihren hässlichen kleinen Hut von der Kommode und setzt ihn auf. Starrt Evelyn mit kummervollem Blick an, Trauer in den kleinen Schweinsäuglein. Evelyn spürt, wie der zähe Schatten eines Schuldgefühls sie durchläuft.
    «Darf ich denn vorbeikommen und guten Tag sagen?»
    «Meinetwegen», seufzt Evelyn. «Aber lass sie erst mal ankommen.»
    Aslaug lächelt mit ihrem faltigen Gesicht. «Ich kann ja ohnehin nicht kommen, ehe meine eigene Feier vorbei ist!»
    «Nein, wohl nicht.»
    Aslaug bugsiert den Rollator aus der Tür. Und aus irgendeinem merkwürdigen Grund will Evelyn nun doch nicht, dass sie geht. Sie tritt über die Schwelle, um ihr etwas zu sagen, sie weiß gar nicht genau, was. Steht da und betrachtet Aslaug, den Rücken, den Mantel und den blöden kleinen Hut, wie sie tief über ihren Rollator gebeugt durch die Gartenpforte schlurft.
    «Tschüs dann», sagt Evelyn zu ihrem Rücken.
    Aber Aslaug hört sie nicht. Evelyn dreht sich um und geht zurück in den Flur. Da fällt ihr Blick auf die Balkonflagge, die zusammengerollt in einer Ecke steht.
    «Natürlich!»
    Sie greift nach der Flagge und geht wieder nach draußen. Immer noch kann sie Aslaug sehen, die inzwischen ein Stück den Berg hinuntergegangen ist. Aber Evelyn hat sie schon vergessen. Jetzt hat sie Wichtigeres vor. Sie lehnt die Flagge an die Wand, geht zum Schuppen und öffnet die Tür.
    «Bingo!», ruft sie, als sie die Trittleiter entdeckt, die zwischen Gartengeräten und Blumentöpfen an der Wand lehnt.
    «Da sage noch einer, ich wäre vergesslich!»
    Sie packt die Trittleiter mit beiden Händen und schleppt sie mit viel Mühe aus dem Schuppen hinüber zur Flaggenhalterung an der

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