Der Waldläufer
Befehlen an alles dachte, und der Soldat, den nichts im Kampf erschreckte.
Cuchillo stand so gedeckt als möglich, mit mehr Vorsicht als Mut hinter seinem Chef, während sein noch ganz gesatteltes Pferd allen seinen Bewegungen mit dem verständigen Blick eines Wachtelhundes folgte. Er schien noch mit besorgtem Auge die Wechselfälle des Angriffs und der Verteidigung zu berechnen, als er plötzlich wankte, zurückwich, wie wenn er tödlich verwundet sei, und in einiger Entfernung von den Wagen schwerfällig niedersank.
Dieses Ereignis wurde mitten im Handgemenge fast nicht bemerkt; jeder hatte genug zu tun, Gefahren von sich abzuwenden und nur an sich zu denken. »Ein Feigling weniger«, war alles, was Don Estévan kaltblütig sagte, da er die vorsichtigen Bewegungen Cuchillos wohl beachtet hatte.
Das Pferd des Gefallenen lief hin zu diesem und schnaubte ganz erschreckt beim Anblick seines Herrn. Einige Augenblicke blieb Cuchillo unbeweglich liegen, dann hob er nach und nach den Kopf empor und warf einen forschenden Blick um sich her; sein naher Tod hatte seinem Auge noch nichts von seiner Schärfe geraubt. Einige Sekunden darauf stand der Bandit wieder auf seinen Füßen wie ein Mann, dem der Todeskampf noch einmal einen Anschein von Kraft gibt; dann drückte er, scheinbar tödlich verwundet, die Hand auf seine Brust, als ob er das entfliehende Leben zurückzuhalten suchte, machte schwankend noch einige Schritte und ließ sich dann – ziemlich weit von der Stelle, wo er zuerst gefallen war, aber auf der dem Angriff nicht ausgesetzten Seite – langsam auf die Erde gleiten.
Das Pferd folgte ihm und beschnupperte ihn abermals. Wären jetzt nicht die Abenteurer zu hart von ihren Feinden bedrängt gewesen, so hätten sie sehen können, wie der Bandit nach dem Punkt der Verschanzung hin wollte, den die Indianer freiließen; hier angelangt, wartete er noch, schlüpfte endlich unter die Räder der Wagen und war außerhalb des Lagers. Hier richtete er sich ebenso fest empor wie in den Tagen seiner Kraft. Ein Lächeln düsterer Freude flog über sein Gesicht.
Die Dunkelheit und der Aufruhr begünstigten sein Unternehmen. Er löste schnell die eisernen Ketten von zwei Wagen und öffnete somit einen Durchgang. Der Bandit pfiff, und sein Pferd kam ebenfalls durch die Öffnung. In einem Augenblick war er im Sattel, fast ohne den Bügel zu berühren. Nachdem er sich einige Sekunden besonnen hatte, drückte er die Sporen in die Flanken des Pferdes, das wie ein Blitz fortschoß, und beide verschwanden in der Finsternis. –
Auf den beiden Seiten der Verschanzung bedeckten Leichname die Erde. Die halbverbrannten Reisbündel beleuchteten mit rötlichem Glanz die blutigen Szenen dieses nächtlichen Kampfes; das Geheul erbitterter Feinde, das Sausen der Pfeile, die wiederholten Entladungen der Büchsen folgten ohne Unterbrechung aufeinander. Die grauenvollen Gesichter der indianischen Reiter sahen im Schein der Feuer noch schrecklicher aus; sie verschwanden aber bald in der Finsternis, ohne daß es möglich gewesen wäre, ihre Anzahl während ihres Verweilens in dem Raum zwischen Licht und Dunkelheit zu bestimmen.
Indes waren doch die Verschanzungen an einem Punkt unter den ständig erneuerten Angriffen durchbrochen. Tot oder verwundet, hatten die Verteidiger dieses Teils der Wagenlinie Feinden weichen müssen, die jeden Augenblick zahlreicher und erbitterter aus der Erde hervorzuwachsen schienen. Es war dies ein Augenblick schrecklicher Verwirrung, ein Durcheinander von eng verschlungenen Leibern, über denen die Haarbüsche der indianischen Krieger flatterten und das von der Brust ihrer Pferde gespalten wurde. Doch wie der Strom, wenn er sich getrennt hat, wieder zusammenfließt, so schloß sich auch die einen Augenblick durchbrochene Linie der Abenteurer wieder hinter einer Gruppe von Apachen, die man wie wilde Tiere mitten im Lager toben sah.
Oroche, Baraja und Pedro Diaz, die von der Stelle, die sie bis jetzt verteidigt hatten, herbeigeeilt waren, sahen sich nun Stirn an Stirn ihren Feinden gegenüber, ohne daß sie diesmal irgend etwas trennte. Zerfetzt, von Blut und Staub besudelt, wollten die drei Abenteurer eine letzte Anstrengung versuchen.
Mitten in der Indianergruppe, deren Lanzen und Tomahawks ohne Unterschied die erschreckten Pferde, die Maultiere und die Männer trafen, war ein Häuptling an seinem hohen Wuchs, an der Malerei seines Gesichts und an der Gewalt seiner Hiebe leicht zu erkennen. Es war das zweitemal
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