Der Waldläufer
ihnen entgegen und befragte sie. Während mehrere Reiter vom Pferd stiegen, um sich einen Durchgang durch die Barrikaden zu öffnen, näherte sich ihm Pedro Diaz. Blutiger Schweiß strömte von seiner Stirn.
»Don Estévan«, sagte er zu ihm, »wir sind in unserer Verfolgung nicht glücklich gewesen. Kaum zwei oder drei Flüchtlinge haben wir niederstoßen können, und dazu haben wir noch einen von den Unsrigen verloren. Doch bringe ich einen Gefangenen mit: Wollt Ihr ihn vielleicht befragen?«
Mit diesen Worten löste Diaz seinen Lasso vom Sattelknopf und zeigte mit dem Finger auf eine unförmige Masse, die in der Schlinge lag. Es war ein Indianer, der, unbarmherzig durch die Steine und Dornen der Ebenen geschleift, bei jedem Schritt etwas von seinem Leib eingebüßt hatte und sozusagen keine Spur von menschlicher Form mehr an sich trug. »Er war doch noch lebendig, als ich ihn fing!« sagte der Abenteurer. »Aber diese indianischen Hunde sind imstande, sich lieber sterben zu lassen, um nur nicht zu sprechen.«
Ohne bei diesem grausamen Scherz zu lächeln, machte Don Estévan Diaz ein Zeichen, ihn zu einem Ort des Lagers zu begleiten, wo sie sich beraten könnten, ohne gehört zu werden.
Als die zuletzt Gekommenen sich ebenfalls auf die Erde gelagert hatten und alles wiederum ruhig war, sagte Arechiza: »Diaz, wir sind dicht am Ende unserer Expedition; morgen, habe ich Euch gesagt, werden wir am Fuß jener Berge lagern. Damit aber der Erfolg unsere Anstrengungen kröne, darf kein Verrat uns Hindernisse in den Weg legen. In Beziehung darauf will ich heute abend Euren Rat hören und mich ohne Rückhalt gegen Euch aussprechen.
Ihr kennt Cuchillo seit langer Zeit, aber nicht so lange und gewiß nicht so gründlich wie ich. Seit seiner frühesten Jugend ist es sein Gewerbe gewesen, diejenigen zu verraten, denen er am meisten ergeben zu sein schien. Ich weiß nicht, welches von den Lastern, mit denen er so reich begabt ist, den Preis bei ihm davonträgt; mit einem Wort, der unheilverkündende Ausdruck seines Gesichts ist nur ein schwacher Abglanz seiner schwarzen Seele. Diese reiche und geheimnisvolle Goldmine, zu der ich Euch führe und deren Ausbeute die ruhmvolle Wiedergeburt Sonoras bezahlen soll – er hat mir, wie ich Euch schon gesagt habe, deren Geheimnis verkauft. Ich habe erfahren, wie er sich zu dessen alleinigem Besitzer gemacht hat: nämlich dadurch, daß er den Freund, der es ihm umsonst mitgeteilt hatte, ermordete, während dieser Unglückliche in ihm einen treuen Begleiter in der Gefahr zu finden wähnte.
Ich habe also immer ein offenes Auge auf Cuchillo gehabt; heute abend hatte mich sein Verschwinden beunruhigt, aber es konnte die Folge eines in diesen Steppen sehr gewöhnlichen Ereignisses sein. Der Angriff, dessen Opfer wir beinahe alle geworden wären, hat meinen Verdacht bestätigt. Er hat sich abermals unter unserem Schutz bis zu der Stelle begeben, wo seine Hand sich nach einem Teil dieser unermeßlichen Schätze ausstrecken konnte. Er bedurfte der Hilfe, um sechzig entschlossene Männer zu ermorden; die Apachen sind heute nur seine Werkzeuge und Mitschuldigen gewesen.«
»In der Tat«, erwiderte Diaz, »ist mir einiges Zögern bei seinem Bericht verdächtig erschienen; aber es gibt ein einfaches Mittel: Man kann einen Kriegsrat versammeln, ihn verhören, der Verräterei überführen und ihn noch während der Sitzung erschießen.«
»Seit dem Beginn des Kampfes hatte ich ihm einen Posten in meiner Nähe angewiesen, um ihn leichter überwachen zu können; ich habe ihn schwanken und – anscheinend tödlich getroffen – zu Boden stürzen sehen.
Ich habe mir Glück gewünscht, einen Verräter und Feigling losgeworden zu sein, aber eben habe ich die Toten wieder und wieder gezählt und Cuchillo nirgends gefunden. Es ist darum dringend notwendig, daß wir, ohne Zeit zu verlieren, seine Spur verfolgen; er kann noch nicht weit von hier sein. Ihr seid an solche Art von Expeditionen gewöhnt; wir müssen ohne Verzug seine Verfolgung aufnehmen und schnelle, strenge Gerechtigkeit an einem Ehrlosen üben, der seine Verräterei mit seinem Leben bezahlen soll.«
Diaz schien einige Augenblicke nachzudenken, dann faßte er einen schnellen Entschluß und sagte: »Seine Spur wird nicht weit und nicht schwer zu verfolgen sein; Cuchillo hat die Richtung nach dem Val d'Or einschlagen müssen. In der Richtung nach dem Val d'Or hin müssen wir also suchen.«
»Ihr werdet eine Stunde ausruhen«, erwiderte der
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