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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Chef, »denn Ihr müßt müde sein vom Gemetzel. Ach, Diaz, wenn alle die Männer wären wie Ihr, wie leicht würden wir uns – das Gold in der einen, den Degen in der anderen Hand – einen Weg bahnen!«
    »Ich habe getan, was ich vermochte«, entgegnete der Abenteurer einfach.
    »Ihr werdet unseren Leuten sagen, daß es notwendig ist, eine Rekognoszierung in der Umgebung des Lagers vorzunehmen. Ihr werdet unseren Soldaten den Befehl überbringen, gut Wache zu halten und unsere Rückkehr zu erwarten; dann sollen Baraja und Oroche uns begleiten, und alle vier zusammen wollen wir die Richtung nach dem Val d'Or einschlagen.«
    »Es ist ganz gewiß, daß Cuchillo dort sein muß; und trotz des Vorsprungs, den er vor uns hat, werden wir ihn doch auf dem Hinweg oder auf der Rückkehr wiederfinden.«
    »Wir werden ihn im Val d'Or treffen«, sagte Don Estévan. »Wenn Ihr es ein einziges Mal gesehen habt, so sollt Ihr mir sagen, ob es ein Ort ist, den ein Mensch wie Cuchillo leicht verlassen kann, sobald er ihn erreicht hat.«
    Diaz entfernte sich, um die Befehle seines Chefs auszuführen. Dieser ließ sein Zelt wieder aufrichten, damit selbst in seiner Abwesenheit sein Sternenbanner über dem Lager wehe als ein Zeichen schützender Gewalt; dann warf er sich auf sein Bett und schlief den Schlaf des Soldaten auf dem Schlachtfeld nach einem mühevollen Tagwerk.
    Eine Stunde darauf stand Diaz vor seinem Lager. »Don Estévan«, sagte er, »es ist alles zum Aufbruch bereit.« Der Herzog von Armada stand auf; er hatte sich in voller Kleidung niedergelegt. Sein Pferd war gesattelt und wartete auf ihn. Oroche und Baraja saßen ebenfalls im Sattel.
    »Diaz«, sagte Don Estévan vor dem Aufbruch halblaut, »fragt doch die Wachen, ob Gayferos zurückgekehrt ist.« Diaz wiederholte die Frage des Chefs einer Schildwache, die mit dem Gewehr im Arm hinter den Wagen auf und ab ging.
    »Señor Capitan«, antwortete der befragte Soldat, »der arme Kerl wird ohne Zweifel niemals zurückkehren. Die Indianer haben ihn gewiß überrascht und erschossen, ehe sie uns angriffen. Das ist auch wahrscheinlich, wie der alte Benito sagte, die Ursache der Flintenschüsse, die wir den ganzen Nachmittag gehört haben.«
    »Es ist nur zu gewiß, daß Gayferos getötet worden ist«, antwortete Pedro Diaz; »was aber die Flintenschüsse betrifft, deren Schall das Echo uns zugetragen hat, so ist es wahrscheinlich, daß sie eine andere Ursache haben.« Als er diese Worte gesprochen hatte, war Don Estévan seinerseits zu Pferd gestiegen, und während die Schildwachen allein wachten, wie die Reihe sie gerade traf, schlugen sie im scharfen Trab die Richtung nach den Nebelbergen ein.

32 Steppenbilder
    Zur selben Stunde des Tages, wo die Indianer vereint um das Beratungsfeuer saßen und über die Mittel zum Angriff auf das Lager der Goldsucher berieten, müssen wir drei Personen wieder aufsuchen, die wir schon zu lange, wie man uns vorwirft, vergessen haben.
    Es ist ungefähr vier Uhr nachmittags. Die Steppe ist noch ruhig; der Nebel fängt an, sich langsam vom Fluß zu erheben, in dessen Mitte das kleine Eiland liegt, das den drei Jägern Bois-Rosé, Fabian und Pepe einen Zufluchtsort geboten hatte. Große Weiden und Zitterpappeln wuchsen an den Ufern des Rio Gila, etwa einen Büchsenschuß von der kleinen, in Rede stehenden Insel und dem Wasser so nahe, daß ihre Wurzeln den Uferrand durchbrachen und vom Fluß benetzt wurden. Der Zwischenraum zwischen den Bäumen war überdies ausgefüllt durch die kräftigen Schößlinge der Wasserweide oder durch sonstigen ineinander verschlungenen jungen Nachwuchs.
    Der Insel aber beinahe gegenüber öffnete sich ein ziemlich weiter vegetationsloser Raum. Das war der Weg, den sich die Herden wilder Pferde und Büffel gebahnt hatten, um am Fluß ihren Durst zu löschen. Man konnte also von der Insel aus durch diese Öffnung einen freien Blick auf die Ebene werfen. Die Insel, auf der sich die drei Jäger befanden, war in ihren ersten Anfängen durch Baumstämme gebildet, die durch ihre Wurzeln auf dem Grund des Flußbettes festgehalten wurden. Andere Bäume waren durch dieses Hindernis aufgehalten worden – die einen noch mit ihren Zweigen und ihrer Blättermasse versehen, die anderen schon trocken seit langer Zeit –, und aus der Verschlingung ihrer Wurzeln hatte sich etwas wie ein plumpes Floß gebildet.
    Seit dieser Anschwemmung hatten aber noch viele Winter und Sommer vergehen müssen, denn trockenes Gras, das durch

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