Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
Vom Netzwerk:
plätschern. »Sieh nur«, sagte der Spanier, indem er auf den schlafenden Fabian zeigte, wie sehr sich der arme Junge seit wenigen Tagen verändert hat. Ich finde es ganz begreiflich; als ich mich in seinem Alter befand, hätte ich das einfachste hübsche Gesichtchen einer Manola und die Puerta del Sol zu Madrid allen Herrlichkeiten der Steppe vorgezogen. Die Anstrengung allein hat diese Veränderung bei ihm nicht hervorgebracht. Es steckt ein Geheimnis dahinter, das der junge Mann uns nicht sagt!« Aber ich werde es eines Tages erfahren, schloß Pepe in Gedanken. Bei diesen Worten wandte der Kanadier lebhaft sein Gesicht nach seinem heißgeliebten Kind, und ein freudiges Lächeln verjagte die Wolke, die plötzlich seine Stirn umlagert hatte.
    Fabian lächelte wirklich; er träumte, daß er vor Rosarita kniete und ihrer süßen Stimme lauschte, die ihm von ihrer Angst während seiner langen Abwesenheit erzählte, und daß hinter ihm, auf seine Büchse gestützt, Bois-Rosé sie beide segnend betrachtete. – Aber es war nur ein Traum.
    Die beiden Jäger waren einen Augenblick still und betrachteten den schlafenden Fabian.
    »Das ist also der letzte Sprößling der Mediana«, sagte der Spanier seufzend.
    »Was gehen uns jetzt die Mediana und ihr mächtiges Geschlecht an?« unterbrach ihn der Kanadier. »Ich kenne hier nur ganz einfach Fabian. Als ich ihn gerettet, als ich mich so seiner angenommen habe, als wäre er ein Knabe von meinem eigenen Blut gewesen, habe ich da etwa nach seinen Ahnen gefragt?«
    »Du wirst ihn aufwecken, wenn du in solchem Ton sprichst; deine Stimme rauscht wie ein Wasserfall«, sagte Pepe. »Das ist wahr!«
    Und der Riese fuhr mit leiserem Ton fort: »Du willst mich immer an Dinge erinnern, die ich gar nicht zu wissen wünschte oder die ich wenigstens vergessen möchte. Ich weiß gewiß, daß einige Jahre in der Steppe ihn daran gewöhnen werden ...«
    »Du bildest dir wahrhaftig sonderbare Dinge ein, Bois-Rosé«, unterbrach ihn seinerseits der Spanier, »wenn du meinst, daß mit den Hoffnungen, die Don Fabian in Spanien erwarten, und mit den Rechten, die er dort wieder in Anspruch nehmen kann, dieser junge Mann sich entscheiden sollte, sein ganzes Leben in den Steppen zuzubringen. Das ist gut genug für uns, die wir weder Haus noch Hof haben; aber er ...«
    »Wie denn? Ist nicht die Steppe den Städten vorzuziehen?« antwortete lebhaft der frühere Matrose, der es sich vergeblich auszureden suchte, daß der Spanier recht hatte. »Ich nehme es auf mich, ihn über die Vorzüge eines unsteten Lebens vor einer sitzenden Lebensart aufzuklären. Ist nicht der Mensch geboren, um sein ganzes Leben hindurch zu kämpfen und die mächtigen Aufregungen der Steppe zu empfinden?«
    »Ganz gewiß ist es so«, sagte Pepe ernsthaft; »darum sind auch die Städte so öde und die Steppen so volkreich!«
    »Scherze nicht; ich spreche von ernsten Dingen«, antwortete der Kanadier. »Ich lasse Fabian vollkommene Freiheit, seinen Neigungen zu folgen, aber ich werde es schon dahin bringen, daß er dieses berauschende Leben von Mühseligkeiten und Gefahren lieben lernt. Sieh nur einmal: Ist nicht ein solcher in aller Eile in der Mitte von zwei Gefahren in der Steppe genossener Schlaf demjenigen vorzuziehen, den man nach einem sicher durchlebten, müßigen Tag in den Städten genießt? Würdest du wohl selbst, Pepe, einwilligen, jetzt in dein Vaterland zurückzukehren, nachdem du die Reize eines unsteten Daseins schätzen gelernt hast?«
    »Es gibt zwischen dem Erben der Mediana – und ich nehme es auf mich, ihn seinen Onkel beerben zu lassen, ehe es noch Zeit dazu ist – und dem früheren Grenzjäger einen wesentlichen Unterschied. Ihm wird man schöne Besitzungen, einen großen Namen, ein schönes gotisches Schloß mit Türmchen, verziert wie die Kathedrale von Burgos, zurückgeben; während man sich beeilen würde, mich wieder nach Ceuta zu schicken, um Thunfische zu angeln, was wohl das abscheulichste Leben ist, das ich kenne. Ich hätte dann nur eine Aussicht, ihm zu entgehen: nämlich eines schönen Morgens in Tunis oder in Tetuan als Sklave unserer Nachbarn, der Mauren Afrikas, zu erwachen. Es ist wahr, ich habe hier täglich die Aussicht, von den Indianern skalpiert oder lebendig von ihnen geschunden zu werden, was mich viel eher zu der Behauptung brächte, daß die Städte ebenso gefährlich für mich sind wie die Steppen; aber für Don Fabian ...«
    »Fabian hat immer in der Einöde gelebt«, unterbrach

Weitere Kostenlose Bücher