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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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seinem Vater in einem Dialekt, den niemand von den Zuhörern verstehen konnte. Die kurze Besprechung fand auf einem von den Felsen gebildeten, sanft abfallenden Abhang statt. Auf diesem Abhang, der mit einer Art terrassenförmiger und mit Gebüsch bedeckter Anhöhe schloß, standen die Indianer fast aufrecht; ihr Kopf war in gleicher Höhe mit den ersten Schößlingen, und obgleich sie eine weniger hohe Stellung einnahmen als ihre Gegner, so konnten sie doch, selbst gedeckt, die leichteste Bewegung benützen, die etwas von ihnen erblicken ließ.
    »Wenn wir ihnen das Leben versprechen würden, so würden sie sich ergeben«, sagte der Mestize zum Schluß.
    »Und wir werden unser Wort halten, da wir sie den Indianern lebendig überliefern sollen«, fügte der Vater mit wildem Lächeln hinzu.
    Zu gleicher Zeit stiegen Vater und Sohn die Böschung halb hinauf und hoben die Hand empor, ohne sich selbst oberhalb der Gebüsche zu zeigen.
    »Aufgepaßt!« sagte Pepe, der hinter den beiden Tannen auf den Knien lag. »Die Feindseligkeiten oder die Unterhandlungen werden ihren Anfang nehmen; ich sehe zwei Hände, die den Felsenkamm überragen und das Zeichen des Friedens geben. Aber ... diese Hände halten nicht das Kalumet ... und die Kleider, die die Arme bedecken, sind nicht diejenigen der Apachen ... Mit wem haben wir es denn zu tun?«
    Pepe hatte mit außerordentlicher Schnelligkeit diese Worte gesprochen und diese Beobachtungen angestellt, als eine starke Stimme sie unterbrach: »Wer ist derjenige«, sagte die Stimme, »den die Indianer den Adler der Schneegebirge nennen?«
    »Was ist das?« murmelte Bois-Rosé bestürzt. »Wer von diesen Schelmen spricht englisch?«
    Und da Bois-Rosé nicht antwortete, fuhr die Stimme fort: »Vielleicht versteht der Adler der Schneeberge nur die Sprache, die man im Land redet?« Und die Stimme wiederholte ihre Frage französisch.
    Bois-Rosé erbebte. »Das ist noch schlimmer, als ich dachte«, sagte er so leise, daß nur Pepe ihn verstehen konnte. »Es ist irgendein Renegat unserer Farbe dabei!«
    »Ein von den Weißen zu den Roten übergelaufener Schelm«, sagte Pepe in spruchreichen Worten; »das sind die Wütendsten.«
    »Was will man vom Adler?« fragte nun auch Bois-Rosé französisch, da er sich des Namens erinnerte, den ihm der Schwarze Falke gegeben hatte.
    »Er möge sich zeigen; oder wenn er Furcht hat, sich sehen zu lassen, so möge er hören!«
    »Und wenn ich mich zeige – wer bürgt mir dafür, daß ich es nicht zu bereuen habe?«
    »Wir werden ihm mit Vertrauen vorangehen«, antwortete die Stimme.
    »Was sagt er?« fragte Pepe.
    »Ich soll mich zeigen und ...«
    Bois-Rosé blieb stumm vor Bestürzung beim Anblick der beiden seltsamen Gestalten, die plötzlich über der Brüstung ihm gegenüber auftauchten. Er hatte zwei Männer erkannt, deren Ruf als hinterlistige Mordgesellen nicht bloß bis zu seinen Ohren gelangt war, sondern die der Zufall zum zweitenmal ihm in den Weg führte. Schon das erstemal war ihm die Begegnung verderbenbringend genug gewesen.
    Beim Anblick dieser beiden Männer, mit denen er hier wieder zusammentraf, durchzuckte ein fremdartiges, schmerzliches, bis dahin unbekanntes Gefühl das Herz des unerschrockenen Waldläufers: Fabian war bei ihm, und zum erstenmal in seinem Leben fürchtete sich Bois-Rosé beinahe! Seine stählernen Muskeln spannten sich wie die starken Lianen der amerikanischen Wälder.
    »Main-Rouge und Sang-Mêlé! Erkennst du sie?« sagte er zu Pepe.
    Pepe machte eine bejahende Gebärde. Eine ähnliche Erschütterung wie die, die Bois-Rosé gefühlt hatte, hatte sein Herz getroffen. »Zeige dich nicht!« sagte er. »Für alle, die mit ihnen zusammentreffen, ist der Tag ein Tag der Trauer.«
    »Ich werde mich zeigen«, erwiderte Bois-Rosé; »es würde sonst scheinen, als ob ich Furcht hätte. Beobachte nur genau jedes Blatt an den Gesträuchen, und verliere keine einzige Gebärde dieser beiden Teufel, die es mit beiden Parteien halten, aus den Augen.« Bei diesen Worten richtete der Kanadier auf der Plattform seine hohe Gestalt gerade und fest wie der Lauf seiner Büchse empor, und sein klarer, offener und ruhiger Blick bewies, daß die Furcht im Herzen des Kanadiers keine Stätte hatte.
    Main-Rouges Anblick war abstoßend. Er war ein großer, dürrer alter Mann mit lohbrauner, backsteinfarbiger Haut und wildem Blick; seine Augensterne von ungleicher Größe und stechendem Blick und seine sich auf einem eckigen Gesicht schief

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