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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Adler, dem Spottvogel und dem Krieger aus dem Süden machen?
    Mein Bruder möge leise antworten!«
    »Dreierlei«, antwortete der Apache mit schrecklicher Bestimmtheit: »Sie werden zuerst die Hunde in seiner Hütte sein, dann wird er ihren Skalp an seinem Feuer trocknen, und zuletzt wird er ihr Herz seinen Kriegern zu essen geben, denn es sind drei Tapfere, und ihr Mut wird in die Herzen derer übergehen, die von den ihrigen gekostet haben.«
    Das sind heute noch, in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, die indianischen Sitten in den Prärien, und das war auch das Los, das den drei Jägern bevorstand, wenn sie dem Wort des Mestizen Vertrauen geschenkt hätten. Und dennoch sind heute noch, wo wir diese Geschichte wiedererzählen, die Prärien voll von nach Abenteuern lüsternen Jägern, die, nachdem sie dieses gefahrvolle Leben einmal gekostet haben, nicht wieder darauf verzichten können. Wir begreifen es sehr wohl. Was sind die kleinlichen Aufregungen des zivilisierten Lebens gegen diese mächtigen Gemütsbewegungen des Lebens in der Wildnis? Wir dürfen das wohl sagen – wir, die wir oft eingeschlummert sind, ohne zu wissen, ob wir wieder aufwachen würden. Sie verhalten sich gerade wie die kostbaren flammenden Gewürze der Antillen und Indiens zu den zarten Kastanien und der schaumigen Milch der Hirten Virgils.
    »Gut«, sagte der Mestize, nachdem er aufmerksam auf die Worte seines Bundesgenossen gehört hatte; »El Mestizo wird die Vorschriften seines Bruders getreu übersetzen.« Er wandte sich wieder an Bois-Rosé und suchte seinem wilden Gesicht durch ein trügerisches Lächeln einen sanfteren Ausdruck zu geben. »Der große indianische Häuptling«, sagte er, indem er diesmal sich der englischen Sprache bediente, die nur Fabian nicht verstand, »verspricht seinen Gefangenen die Freundschaft, die er für die drei Tapferen hegt, das Beste von seinen Jagden und die schönsten von seinen Weibern.«
    »Und das ewige Leben. Amen«, erwiderte Pepe, der nicht mehr an sich zu halten vermochte. »Pfui, Bois-Rosé«, fuhr er fort; »es ist eine Schande, noch länger dieses Ungeheuer, diesen Auswurf der Weißen und Roten anzuhören. Siehst du denn nicht, daß er sich über deine Ehrlichkeit lustig macht?«
    »Was sagt der Spottvogel?« fragte der alte Renegat unverschämt.
    »Er sagt«, antwortete Pepe, dessen Wut keine Grenzen mehr kannte, »er sagt, daß er nicht weniger edelmütig sein will als ihr beide und daß er euch dreierlei verspricht: Euch einen zweiten Kolbenschlag auf den Schädel, Eurem Sohn einen Messerstoß mitten ins Herz und seine lügnerische Zunge den Raben vorgeworfen ... wenn sie nicht fürchten, sich daran zu vergiften!«
    »Ah!« rief Sang-Mêlé und legte, mit den Zähnen knirschend, mit der Schnelligkeit des Gedankens seine schon im voraus gespannte Büchse an.
    Der Spanier und der Kanadier hatten sich nicht zu rechter Zeit niederbücken können, und es wäre, da sie die Büchsen außer dem Bereich ihrer Hand niedergelegt hatten, um einen von ihnen geschehen gewesen, wenn nicht nach einem hinter ihnen fallenden Schuß der Mestize auf dem Gipfel der Böschung gewankt hätte. Fabian kannte Pepes Heftigkeit, die Unzähmbarkeit seiner Zunge in gewissen Augenblicken, und er wachte deshalb, platt auf der Erde liegend, die Büchse im Anschlag. Dieser glückliche Umstand konnte allein den einen von den Jägern retten.
    Unglücklicherweise hatte Fabians Büchse nicht die weite Tragkraft derjenigen der beiden Waldläufer, und die Kugel wurde durch die wollene Decke, die die Schulter des Mestizen umwallte, und durch seinen ledernen Beutel aufgehalten und matt. Nichtsdestoweniger verlor Sang-Mêlé durch den Aufschlag der Kugel den Atem, und obgleich er stark war wie eine Eiche, die ein einziger Axthieb nicht zu fällen vermag, so wankte er doch und wäre in das Val d'Or hinabgestürzt, wenn der Vater nicht seinen Sohn aufgehalten hätte. Mit kräftigem Arm hob er ihn von der Böschung herab.
    Der Indianer hinter seinem Gesträuch und die beiden Piraten der Steppe, die bis jetzt aufrecht gestanden hatten, verschwanden zu gleicher Zeit; dann folgte dem Gespräch das tiefste Schweigen, das nur durch das Tosen des Wasserfalls und das Rauschen des grünen Vorhangs unterbrochen wurde, den der Wind an Seite der Felsen bewegte.

52 Das Gold ist eine Chimäre
    Eine Nebeldecke umhüllte immer noch den Gipfel der Berge, obgleich die Sonne schon hoch am Himmel stand und die Steppe mit ihren Feuerstrahlen

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