Der Waldläufer
erhebende Nase bezeichneten ihn als vollendeten Bösewicht. Seine langen weißen, früher brandroten Haare waren auf dem Scheitel des Kopfes nach indianischer Sitte aufgebunden und wurden von Riemen aus Otternhaut zusammengehalten. Eine Art Jagdkittel aus Hirschleder, mit Stickereien von verschiedener Farbe verziert, reichte ihm bis ans Knie und ließ lederne Gamaschen erblicken, die verschwenderisch mit Fransen und Troddeln besetzt waren. Seine Füße waren mit olivengrünen Mokassins bekleidet und mit Glasperlen jeder Art geschmückt. Eine buntfarbige Decke war über die Schulter geworfen, während ein lediger Gurt eng seine hageren Seiten umschloß. An einem roten Wehrgehänge befanden sich eine Streitaxt, ein langes Messer ohne Scheide und das Futteral einer indianischen Pfeife.
In einem solchen Aufzug hätte niemand in dem amerikanischen Renegaten Züge der weißen Rasse zu erkennen vermocht.
Sang-Mêlé hatte einige Ähnlichkeit mit seinem Vater, und wenn seine Augen auch von ebenso großer Wildheit zeugten, so deutete das indianische Gepräge seines Gesichts doch wenigstens nicht auf die bei Main-Rouge so sichtbare Gemeinheit der Seele. Der Mestize war ebenso groß, aber viel kräftiger gebaut als sein Vater. Er hatte die wunderbare Stärke geerbt, die das Alter bei dem alten Renegaten noch nicht verringert hatte. Mit einem Wort: der Mestize hatte zugleich etwas vom Tiger und vom Löwen an sich. Der Weiße jedoch war wie der bengalische Tiger, der die Natur des amerikanischen Schakals angenommen hat. Die dicken schwarzen Haare El Mestizos waren ebenso aufgebunden wie die seines Vaters, jedoch nicht durch Lederriemen, sondern durch scharlachrote Bänder, wie man sie zuweilen in die Mähne der Pferde geflochten findet. Seine Jagdkleidung, vom selben Schnitt wie die des Amerikaners, bestand aus rotem Tuch und unterschied sich übrigens von der seines Vaters nur durch die reichliche Verwendung von Zierat, mit dem ein junger indianischer Fant so gern seine Person herausputzt. Auf seiner Schulter ruhte eine lange Büchse, deren Kolben und Schaft mit Messingnägeln übersät waren, deren Köpfe wie Gold glänzten; außerdem war sie noch sorgfältig mit Verzierungen von Zinnober bemalt.
Obgleich diese beiden Banditen die feierliche Haltung der Indianer anzunehmen suchten, so fand sich doch ein großer Unterschied zwischen ihrer abstoßenden Gesichtsbildung und dem Antlitz und der Haltung Bois-Rosé, dessen athletische Gestalt ebenso wie die Züge seines Gesichtes das schönste Bild eines ehrenfesten Mannes darboten, der sich seines Wertes bewußt ist.
»Was will man vom Adler der Schneeberge, da dies doch einmal der Name ist, mit dem man mich bezeichnet hat?« fragte der Kanadier mit ruhiger Stimme.
»Ei«, sagte der Räuber von Illinois mit häßlichem Lächeln; »wir haben uns schon gesehen, wie mir scheint, und wenn ich mich recht erinnere, so hätte der kanadische Waldläufer seinen Skalp nicht behalten, ohne ...«
»... einen Kolbenschlag, an den Euer ausgezeichnetes Gedächtnis Euren Schädel erinnern sollte!« fügte Pepe hinzu, der nun auch an der Besprechung teilnahm, die in englischer Sprache stattfand.
»Ah, da seid Ihr ja ebenfalls!« fuhr der Amerikaner fort.
»Wie Ihr seht«, antwortete der Spanier mit einer Kaltblütigkeit, die seine vor Haß glühenden Augen Lügen straften.
»Derjenige, den meine indianischen Brüder den Spottvogel nennen«, sagte Sang-Mêlé. Die Augen des Spaniers, dessen glühende, fast wilde Leidenschaften gewaltsam durchzubrechen drohten, schleuderten einen blitzartigen Blick auf den Mestizen; er öffnete den Mund, um eine jener Antworten zu erteilen, nach denen die friedlichen Unterhandlungen sich gewöhnlich in erbitterte Kriegserklärung verwandeln, als Bois-Rosé ihn bat, doch ruhig zu sein.
Bois-Rosé fühlte ebenfalls schnell seine Geduld verfliegen, und der furchtbare Indianertöter vermochte kaum noch die Flut des aufsteigenden Hasses länger zurückzuhalten; er wollte jedoch noch ruhig genug bleiben, um die Vorschläge, zu denen er nicht die Hand zuerst geboten hatte, für den zweifelhaften Fall anzuhören, daß sein leicht erregtes Ehrgefühl ihm erlauben würde, sie zugunsten Fabians anzunehmen.
»Ich bin gekommen, um Worte des Friedens zu vernehmen, und da verirrt sich nun die Sprache von Main-Rouge und Sang-Mêlé sehr weit vom Ziel«, sagte er ernst.
»Es wird nicht lange dauern«, erwiderte der Amerikaner. »Sprich, Sang-Mêlé!«
»Ihr steht mit den
Weitere Kostenlose Bücher