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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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schwindende Kraft zurück, und er konnte den Abgrund zwar vermeiden, aber nicht den Indianer daran hindern, ihn mit sich nicht weit von der Tiefe des Wassersturzes hinabzuziehen. Fabian, der Indianer und die Büchse, die von dessen Hand nicht losgelassen worden war, rollten übereinander den fast senkrechten Abhang der Pyramide hinunter. Ein schrecklicher Stoß traf die beiden immer noch verschlungenen Feinde, als sie den Grund der Schlucht erreichten; Fabian fühlte, wie die Arme des Indianers, vom Tod gelähmt, losließen; dann fühlte er nichts weiter. Er war mit dem Kopf auf die spitze Ecke eines Steines geschlagen, wie solche die Ebene bedeckten, und der junge Graf wurde ohnmächtig und blieb ebenso unbeweglich liegen wie der Indianer.
    Lange Minuten waren seit dem Büchsenschuß Fabians bis zu dem Augenblick verflossen, wo der Kanadier, ohne auf seinen Ruf eine andere Antwort als das Pfeifen des Windes in den Tannen zu erhalten, mit dem Kopf die Plattform erreichte. Ein herzzerreißender Ausdruck der Angst entstellte die Züge des alten Jägers. Als sein Gesicht den Gipfel der Pyramide überragte, als seine Augen auf dem noch frischen Grab Don Antonios die tiefen Spuren eines verzweifelten Kampfes, die Verschanzungen zerstört und deren Steine auf dem Boden zerstreut sah, stieß er einen schrecklichen Schrei aus: Fabian befand sich nicht mehr auf der Plattform.
    In diesem Augenblick brach der Sturm in seiner ganzen Heftigkeit los. Der grollende Donner ertönte in lautem Echo, rasch und dicht wie der Hagel folgten die Blitze ohne Unterbrechung aufeinander. Die Erde erbebte unter dem den Blitzen folgenden Donner, die an dem schwarzen, mit Elektrizität geschwellten Gewölk aufzuckten. Dann ließen diese dunklen Wolkenmassen den Regen stromweise hervorbrechen, als ob alle Wasserfälle des Himmels sich mit einem Mal geöffnet hätten. Bois-Rosé rief Fabian mit donnernder, zuweilen gebrochener Stimme, indem er mit verstörten Augen mitten im dichtesten Regenguß alle Ecken der Plattform durchsuchte. Sie war verlassen.
    »Bück dich, Bois-Rosé! Bück dich!« schrie Pepe, der ebenfalls endlich die Pyramide erstiegen hatte.
    Der Kanadier hörte ihn nicht, und doch richtete sich eben plötzlich auf dem Felsen ihnen gegenüber der Mestize empor wie ein böser Geist, den die krampfhaften Bewegungen der Elemente aus der Erde hatten heraufsteigen lassen.
    »Aber um Gottes willen, so bück dich doch!« wiederholte Pepe. »Bist du denn des Lebens müde?«
    Ohne die Gegenwart Sang-Mêlés zu ahnen, dessen Büchse gegen ihn gerichtet war, neigte sich Bois-Rosé vornüber und suchte mit den Augen sein Kind am Fuß der Pyramide. Selbst der Leichnam des Indianers war nicht mehr da.
    Als der Kanadier den Kopf wieder emporhob, bemerkte er zum erstenmal den Mestizen. Beim Anblick des Mannes, den er mit Fug und Recht als den Urheber allen Unglücks, das ihn eben getroffen hatte, ansah, fühlte der Waldläufer, wie eine Flut von Haß sich gegen ihn wälzte; aber er fühlte auch, daß das Schicksal Fabians in seinen Händen lag, und er befahl der Wut, die in seinem Inneren grollte, zu schweigen.
    »Sang-Mêlé«, rief der Kanadier, dessen Angst den Stolz zum Schweigen gebracht hatte, mit flehentlicher Stimme, »ich demütige mich vor Euch bis zur Bitte! Wenn Ihr noch irgend Mitleid im Herzen habt, so gebt Ihr mir das Kind zurück, das Ihr mir genommen habt!« Bei diesen Worten blieb Bois-Rosé, den Schüssen des Banditen ausgesetzt, aufrecht stehen, während Pepe, hinter dem Stamm der Tannen in Sicherheit, ihm vergeblich zurief, sich in acht zu nehmen.
    Ein schallendes, verächtliches Gelächter war die einzige Antwort des Piraten der Prärie. »Du Sohn einer tollen Hündin«, schrie Pepe, der sich nun ebenfalls mit entblößter Stirn dem Mestizen näherte, voller Wut über die Demütigung und den Schmerz seines alten Gefährten. »Willst du wohl antworten, wenn ein Weißer mit ungemischtem Blut dir die Ehre erzeigt, mit dir zu sprechen?«
    »Sei ruhig, ich bitte dich darum, Pepe!« unterbrach ihn Bois-Rosé. »Erzürne den Menschen nicht, der das Leben meines Fabian in seiner Hand hat. – Hört nicht auf ihn, Sang-Mêlé; der Schmerz hat meinen Gefährten erbittert.«
    »Aufs Knie!« rief der Bandit. »Vielleicht willige ich dann ein, Euch anzuhören.«
    Das Blut färbte die entblößte Stirn Bois-Rosés noch dunkler; diese unverschämte Sprache ließ ihn erbeben wie eine von den Tannen, deren mächtige Zweige der Sturm über ihm

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