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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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beugte.
    »Der Löwe wird sich nicht vor dem Schakal neigen«, flüsterte Pepe lebhaft ins Ohr des Kanadiers, »denn der Schakal würde über den kriechenden Löwen spotten.«
    »Was schadet es?« antwortete Bois-Rosé schmerzerfüllt.
    Der Stolz des Kriegers, der die Hand nicht erhoben haben würde, um sein Leben zu retten, wurde von der Liebe des Vaters besiegt, und der rauhe Waldläufer kniete nieder!
    »Ach, das ist zuviel, du Bastard von einem Räuber und einer indianischen Herumstreicherin!« brüllte Pepe mit glühendem Gesicht, während seine Augen feucht wurden, als er den Kanadier mit gebeugtem Haupt und gebogenem Knie vor dem Piraten der Steppe sah. »Das heißt sich zu sehr demütigen vor einem Banditen ohne Wort und Herz. Komm, Bois-Rosé, wir werden uns Genugtuung dafür verschaffen; sollten auch hunderttausend Teufel ...«
    Bei diesen Worten sprang der ungestüme Jäger, von der Liebe zu Fabian, besonders aber von der glühenden Freundschaft für den Kanadier fortgerissen, wie eine Gemse auf den Abhang der Höhe.
    »Ah, ist es so gemeint?« rief der Mestize und gab Feuer auf Bois-Rosé, der für seinen Sohn um Erbarmen flehte. Aber der Regen stürzte immer noch in so dichten Strömen vom Himmel, daß der Hahn des Gewehres zweimal vergeblich gegen die Pfanne schlug, ohne das Pulver zu entflammen. Zweimal sprühte der Stein nutzlos Funken.
    Bois-Rosé war durch diesen grausamen und mörderischen Versuch gegen einen bittenden und waffenlosen Feind ganz empört. Er hoffte nichts mehr von seinem Mitleid und folgte der Spur Pepes, ohne mehr als er die Zahl der Feinde, die die Felsen noch verbergen konnten, zu berechnen; Bois-Rosé stieg noch den Hügel hinunter, als Pepe schon mit dem Dolch in der Hand um die Einfassung des Val d'Or bog.
    »Rasch herbei, Bois-Rosé!« rief die Stimme des Spaniers, der eben hinter der Felsenkette verschwunden war. »Die Schelme haben den Platz geräumt und sind entflohen!«
    So war es auch; aber in demselben Augenblick begann der Mestize, der allein zurückgeblieben war, sich nach dem Gipfel der Nebelberge zurückzuziehen.
    »Steh, wenn du nicht ebenso feig als grausam bist!« rief der Kanadier, der schaudernd den Räuber Fabians entschlüpfen sah.
    »Sang-Mêlé ist kein Feigling«, antwortete der Mestize, seine indianischen Gewohnheiten wieder annehmend. »Der Adler der Schneegebirge und der Spottvogel werden ihm zum drittenmal begegnen, und dann werden sie das Schicksal des jungen Kriegers aus dem Süden teilen, um den die Indianer tanzen und dessen Fleisch sie den herumstreifenden Hunden der Prärien vorwerfen werden.«
    Der Kanadier setzte seinen verzweifelten Lauf fort; er holte den Spanier bald wieder ein. Die beiden Jäger schienen auf ihrer hoffnungslosen Verfolgung gar nicht auf die Schwierigkeiten des Terrains und auf die schlüpfrigen Felsen zu achten, die sie ersteigen mußten. Sang-Mêlé war immer noch durch den dichten Regen hindurch sichtbar. Aber bald sahen sie ihn den Kamm der Berge überschreiten, und er verschwand bald unter dem ewigen Nebel, der sie bedeckte.
    »Ach, kein Gewehr zu haben!« rief Pepe, indem er mit dem Fuß wütend auf den vom Regen aufgeweichten Boden stampfte.
    »Die Hoffnung meines Lebens ist erloschen!« sagte der alte Waldläufer mit gebrochener Stimme, indem er einen Augenblick Atem schöpfte, während der Regen des Himmels seine Stirn näßte, auf der sich ein düsterer, heftiger Schmerz ausprägte.
    Beide begannen wieder die Felsen zu ersteigen und überall die Spuren ihrer Feinde zu suchen; aber der strömende Regen traf heftig auf die Erde und verwischte den kaum hinterlassenen Eindruck ihrer Schritte; die Dunkelheit verdoppelte sich, denn die Nacht brach schnell herein, und die Felsen verrieten keine menschlichen Spuren. Der Spanier und der Kanadier verschwanden bald selbst unter der Nebeldecke der Berge; unter ihnen brüllte der Orkan in der Ebene; die Erde schien von den plötzlich entfesselten Geistern der Finsternis bedeckt zu sein. Bald rollte der Donner mit entsetzlichem Krachen, bald sprühte der Blitz wie die Funken ausbrennenden Holzes; er traf den Gipfel der Felsen, der in Staub zusammenfiel, und lange Blitze umhüllten mit ihren blendenden Strahlen das verlassene Goldtal und die Pyramide des Grabmals. Bei diesem Schein sah man, wie das Pferdeskelett erbebte, als ob Leben in ihm sei; wie die beiden Tannen unter der Gewalt des Windes wie anmutsvolle Veilchen in der Felsenspalte zitterten.
    Bei einem solchen leuchtenden

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