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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Stimmen.
    »Der Weiße Renner der Prärien!« antwortete der Büffeljäger.
    In der Tat war der schönste und edelste von diesen edlen und schönen Rennern der Steppe, das feurigste unter diesen feurigen Tieren dabei. Das aufgeregteste und schnellste von allen war ein Pferd von fleckenlosem Weiß wie die Blüte der Wasserlilie; es war dasjenige, das man am Tag vorher vergeblich verfolgt hatte. Das stolze Tier stürzte mit feurigen Augen von dem einen Ende des Corrals zum anderen und warf diejenigen von seinen Unglücksgefährten in seinem Zorn zu Boden, die dem Stoß seiner Brust nicht ausweichen konnten. Ein weiter Raum bildete sich um das springende Tier, das seine weiße Mähne schüttelte und ein Gewieher klagender Wut ausstieß.
    »Dorthin! Dorthin!« rief Encinas aus und stürzte zu der Stelle hin, wo der Weiße Renner sich anschickte, hinüberzuspringen.
    Aber es war schon zu spät. Der Kreis, der sich um ihn geöffnet hatte, gestattete ihm, seinen Körper auf seinen Sprungfesseln zusammenzunehmen. Die Jäger sahen, wie eine weiße Linie die Luft wie ein Pfeil durchschnitt; das Pferd fiel jenseits der Einfriedung auf seine biegsamen, sprungkräftigen Füße, und dann verschwand es abermals unter dem Gewölbe der Bäume.
    Ein wütendes Geschrei der Männer begleitete die Flucht des Pferdes; es blieben jedoch noch ungefähr zweihundert andere in dem Pfahlwerk zurück, und das war genug, um die Jäger für den Verlust des schönsten unter ihnen zu entschädigen.
    »Nun, zweifelt ihr jetzt noch daran, daß dieses Pferd der Teufel ist?« rief Encinas.
    Niemand antwortete; alle waren davon überzeugt.
    Der kurz vorher leere Kreis füllte sich sogleich wieder, und die gefangenen Pferde, die selbst einander hinderlich waren, konnten nur noch eine Woge bilden, die stets von einem Ende des Corrals zum anderen rollte. Einen Augenblick stürzte sich diese Welle gegen die Einfriedung; aber die starken Pfähle, aus denen sie bestand, stöhnten und krachten, ohne nachzugeben.
    Ein feuchter Dunst schwebte wirbelnd über all diesen keuchenden Tieren. Die einen bissen wütend in die unerschütterlichen Palisaden, andere scharrten die Erde mit ihren Hufen auf, und noch andere unterlagen den in ihnen tobenden Leidenschaften und stürzten wie vom Blitz getroffen auf die Erde, von der sie sich nicht wieder erhoben. Dann hörte die Kavalkade wie ein Meer siedender Lava, die endlich kalt wird, nach und nach auf, gegen ihre Dämme zu wüten; die Bestürzung folgte der Wut und eine düstere Regungslosigkeit auf die unsinnigen Sprünge.
    Die wilden Bewohner des Waldes waren besiegt. –
    Wir haben nur noch einige Worte über diesen Gegenstand zu sagen. Es kommt zuweilen vor, daß ein schlecht errichtetes Pfahlwerk der wütenden Anstrengung von einigen hundert Pferden, die mit einem Mal dagegenrennen, nachgibt. Dann ist es wie ein Waldstrom, den nichts aufhalten kann – weder das Geschrei noch die Anstrengungen, noch die Lassos von tausend Jägern. Die Pferde werfen alles nieder, was ihnen in den Weg kommt: Menschen und Bäume. Die wütenden Tiere fliehen wie der Wind, und ein Krachen folgt ihnen wie das eines Waldes, der von der Erde verschlungen wird, oder wie das zweier Berge, die gegeneinanderstoßen. Eine dicke Staubwolke bedeckt die fliehenden Pferde, und das Schweigen, das bald dem Krachen folgt, beweist, daß sie in kurzer Zeit Meilen zwischen sich und ihre Verfolger gelegt haben.
    Das sind die Ereignisse, die oft alle Vorsicht und alle Anstrengungen der Jäger vereiteln; glücklich genug, wenn nicht eine große Anzahl von ihnen unter den Hufen der Pferde zermalmt oder wenigstens schwer verwundet ist!
    Jetzt kennt der Leser die gewöhnliche Entwicklung dieser Art von Jagd! –
    Die wilden Bewohner des Waldes waren besiegt, sagten wir; sie mußten aber auch noch durch Hunger gebändigt werden, ehe man sie zu den Agostaderos, den Weideplätzen, mit Hilfe dazu abgerichteter Stuten führen konnte. Dazu brauchten die Jäger noch fünf oder sechs Tage, in denen sie Schritt für Schritt den Wirkungen des Hungers folgen mußten; dieser allein nur vermag die Tiere, die vielleicht am meisten auf ihre Freiheit eifersüchtig sind, zu bändigen und sie an die Gegenwart des Menschen zu gewöhnen.
    Die Nacht breitete abermals ihren dunklen Mantel über die Natur.
    Es war eine festliche Nacht für die triumphierenden Vaqueros, die eine von jenen Heldentaten der Jagd vollbracht hatten, von denen man noch lange Zeit in den Nächten spricht, die

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