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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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rascher fort, verwischte in einer breiten Furche das Strudeln des Wassers über der Leiche, und das feuchte Grab Wah-hi-tas wurde wieder eben und schwarz wie einen Augenblick vor dem Moment, wo es ihn verschlang. Als noch einige Minuten verflossen waren, sagte Bois-Rosé zu dem jungen Häuptling: »Komantsche, reicht mir doch einen brennenden Zweig her; ich muß einmal sehen, ob meine Augen mich nicht täuschen. Es scheint mir, als ob mehr Bäume hinter uns schwimmen, als wir unterwegs angetroffen haben.«
    Rayon-Brülant nahm einen Feuerbrand aus der Glut, den er dem Kanadier reichte, der sich umwandte, um einen Blick auf die Oberfläche des Stromes hinter dem Kanu zu werfen.
    Ein plötzlicher Verdacht schien dem Waldläufer aufzusteigen. »Bei allen Heiligen der Legende!« rief er aus. »Es ist unmöglich, daß wir den Wald, der hinter uns schwimmt, durchschifft haben. Ich sage euch, daß nur indianische Hände den Lauf des Flusses so haben versperren können. Diese Bäume haben sich niemals vor unserem Kanu befunden!«
    In der Tat schien in einiger Entfernung hinter dem Fahrzeug die Wasserfläche buchstäblich von schwimmenden Zweigen und Bäumen zu starren, deren schwärzliche Stämme von den Flammen erleuchtet wurden.
    »Das ist sonderbar!« sagte Gayferos.
    »Nein, es hat nichts Sonderbares für einen Mann, der alle Listen der Indianer kennt«, antwortete Bois-Rosé; »fragt nur Pepe.«
    Pepe untersuchte ebenfalls den Lauf des Red River hinter ihrem Kanu, und er hielt es wie Bois-Rosé für schlechterdings unmöglich, daß ihr gebrechliches Fahrzeug, ohne zerschmettert zu werden, durch diese schwimmende Masse von Baumstämmen und Zweigen glücklich hindurchgekommen sein könnte. »Ich bin deiner Ansicht«, sagte der Spanier; »die Hände dieser Schelme haben alle abgestorbenen Bäume, die sie an den Ufern gefunden haben, in den Strom geworfen. Gewiß haben diese Bäume uns in der Zeit, wo wir an Land gestiegen sind, auf dem Fluß treibend erreicht. Das würde beweisen, daß die roten Teufel – ohne Euch damit beleidigen zu wollen, Komantsche – die Absicht haben, uns stromabwärts anzugreifen und uns zugleich den Rückzug stromauf abzuschneiden.« Pepes Meinung war nur zu wahrscheinlich und fand weder bei Bois-Rosé noch bei dem jungen Komantschen Widerspruch. Es schien gewiß, daß die Indianer vorausgeeilt waren, um sich im Wald vor dem Boot in einen Hinterhalt zu legen, und daß somit der Weg zu Lande weniger gefährlich war als der zu Wasser. Die drei Verbündeten beschlossen also, ihre Schiffahrt eine Zeitlang auszusetzen und einen weiten Umweg durch den Wald zu machen, um den Angriff zu vermeiden, von dem sie bedroht waren, wenn sie dem Lauf des Red River weiter folgten.
    Der lederne Nachen wurde also abermals aus dem Wasser gezogen und in das größte Dickicht getragen, wo er unter den niederen Zweigen der Bäume mit aller bei den Indianern gebräuchlichen Vorsicht sorgfältig versteckt wurde. Die Reisenden nahmen nur soviel Munition und Mundvorrat heraus, als jeder ohne Beschwerde tragen konnte; das übrige wurde dem verschwiegenen Schutz des dichten Buschwerkes überlassen.
    »Da Ihr diese Einöden schon durchstreift habt«, sagte der Kanadier zu Rayon-Brülant, »so werdet Ihr unser Führer sein; Euer Kopf ist noch jung, aber er hat die ganze Erfahrung eines Mannes, dessen Haar auf dem Kriegspfad grau geworden ist, und wir verlassen uns gänzlich auf Euch.«
    »In einer Entfernung von hier, die ein Elentier durchlaufen könnte, ohne Atem zu schöpfen, werden wir eine von beiden Ufern so eingeengte Stelle finden, daß der Fluß unter einem Gewölbe hinzuströmen scheint. Wenn die Indianer uns irgendwo erwarten, so ist es an dem Engpaß.«
    Nachdem der Komantsche sich einen Augenblick orientiert hatte, ging er mit festem Schritt voraus, gefolgt von den beiden Kriegern seines Stammes und von den drei Weißen.
    Die schräg durch die Bäume fallenden Strahlen des Mondes erleuchteten den Wald hinreichend, um so schnell zu marschieren, als es die Klugheit gestattete. Es war in der Tat notwendig, zu wiederholten Malen haltzumachen und mit Auge und Ohr das Schweigen des tiefen Waldes, in dem indianische Spione liegen konnten, zu befragen. Erst nach solchem Aufenthalt nahm die kleine Schar ihren unterbrochenen Marsch wieder auf.
    Zuweilen nötigten auch undurchdringliche Gebüsche, wo die Schmarotzermoose der Zedern und die langen Ranken des wilden Weins sich kräftig um die Zweige und Baumstämme geschlungen

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