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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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hatten, die Flüchtlinge zu weiten Umwegen; nach diesen Umwegen mußte man sich erst wieder orientieren, um sich nicht zu weit vom Lauf des Flusses zu entfernen. Ungefähr nach Verlauf einer Stunde, in der die Flüchtlinge wegen all dieser Hindernisse noch nicht weit gekommen waren, fühlte man an einigen frischen Windstößen, die dann und wann durch die Bäume fuhren, daß der Fluß nicht mehr weit von ihnen war. Bald konnte man, aufmerksam horchend, das durch die Nähe der beiden Ufer vermehrte Rauschen seiner Gewässer vernehmen.
    Nun ließ der Indianer seine kleine Schar in gerader Linie marschieren, während er Sorge trug, seine Wange dann und wann dem feuchten Lufthauch, sein Ohr dem Rauschen der Gewässer darzubieten, um nicht von der Richtung, die er eingeschlagen hatte, abzuweichen. Als der junge Komantsche einige Zeit so vorwärts marschiert war, hörte er auf, das Moos der Bäume und den frischen Hauch des Flusses zu befragen, um mitten in den großen weißen Lichtflecken, die der Mond auf das Gras und das trockene Laub am Boden fallen ließ, nach Spuren zu suchen.
    Die drei Jäger marschierten, wenn der Führer seinen Marsch wiederaufnahm, blieben stehen, wenn er anhielt, und folgten schweigend allen seinen Bewegungen. Besonders der Kanadier betrachtete mit schwermütigem Vergnügen diesen jungen Krieger, dessen Alter und Wuchs ihn an Fabian erinnerten, wie er bald aufrecht dahinschritt, bald sich auf den Boden bückte und abwechselnd den Instinkt des Tieres und die hohe Einsicht des menschlichen Urteils zu Hilfe rief, um die zahllosen Geheimnisse des stummen Waldes zu durchdringen.
    »Dieser junge Mann wird eines Tages ein mächtiger Häuptling in seinem Stamm sein«, flüsterte Bois-Rosé Pepe ins Ohr. »Sieh nur, er ist auf dem ›blutigen Pfad‹, und doch vermöchte nichts seinen ruhigen Blick oder sein klares Urteil zu trüben. Nun, Rayon-Brülant«, fuhr der Kanadier fort, sich an den Komantschen wendend, »findet Ihr die Spuren, die Ihr sucht?« »Seht«, antwortete Rayon-Brülant und zeigte auf einige trockene, in den Strahlen des Mondes glänzende Blätter, »meine Krieger sind hier vorbeigekommen; vielleicht sind sie nicht mehr weit von uns. Dieser Fuß hat seine Spur zurückgelassen, als der Tau der Nacht den Boden schon erweicht hatte.« »Und wer sagt Euch, daß dies die Spur eines Eurer Krieger ist?«
    »Wenn der Adler sich bückt, so wird er sehen, daß an dieser Spur die große Zehe fehlt.« »Er hat wahrhaftig recht«, sagte Pepe, sich bückend, »und ich schäme mich, es nicht früher gesehen zu haben.«
    Noch andere Spuren wurden nach einigen Augenblicken entdeckt und bestätigten abermals die Ansicht des Komantschen. Bald ließ dieser seine kleine Schar haltmachen und entfernte sich mit seinen Gefährten, indem er die weißen Jäger bat, sie zu erwarten, während sie weiterhin eine letzte Rekognoszierung vornehmen würden. Die Indianer verschwanden bald hinter den Bäumen; sie traten so leicht und vorsichtig auf, daß auch nicht ein Rauschen des Laubs – selbst unhörbar wie dasjenige, das der Leguan Eidechse vernehmen läßt, wenn er im Mondschein auf dem Moos spielt –, nicht ein Krachen des Gesträuchs sich in die Seufzer der Nachtluft mischte.
    Die drei Jäger warteten mitten im tiefsten Schweigen auf die Rückkehr ihrer Verbündeten. Bois-Rosé lehnte sich an den benachbarten Stamm einer Buche; sein Herz war voll schwermütiger Gedanken, und er hütete sich wohl, die Ruhe zu stören, die so sehr zu seiner Traurigkeit stimmte. Ein Mondstrahl fiel auf sein Gesicht und ließ auf seinen rauhen Zügen die Spuren der Sorgen erblicken, die seit dem Verlust Fabians an ihm genagt hatten. Der Kanadier dachte besorgt an alle unheilbringenden Zufälle, die sich unter seinen Schritten zu vervielfachen schienen.
    Der spanische Jäger näherte sich ihm und sagte mit einer Stimme gleich dem schwachen Lufthauch, von dem das Laub der Bäume sich bewegte: »Main-Rouge und Sang-Mêlé müssen sich sehr in acht nehmen, denn dieser junge, kühne Komantsche ist ein furchtbarer Feind, der – ich wage es zu sagen – ihnen viel zu schaffen machen wird, auch wenn er nicht zwei Jäger zu Verbündeten hätte, deren Erfahrung und Mut auch nicht zu verachten sind. Du wirst mir darauf entgegnen, daß die beiden fraglichen Jäger schon zweimal diesen verdammten Piraten der Steppe unterlegen sind, aber wahrlich ...«
    »Das werde ich dir nicht entgegnen, Pepe; das Glück der Waffen ist veränderlich; und wie

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