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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Krallen dir den Körper stückweise zerreißen werden.«
    Die beiden Jäger waren frei und am Leben, und ein verächtliches Lächeln flog über Fabians Lippen, als er diese Gewißheit erlangt hatte. »Es gibt Jäger ohne Waffen, die die Piraten der Prärien noch zur Flucht zwingen, obgleich diese sich den Anschein geben, als verachteten sie ihre Gegner«, sagte er und schaute dem Banditen ins Gesicht.
    »Wir fliehen nicht! Verstehst du, Hund?« sagte der Renegat, mit den Zähnen knirschend. »Sieh doch die Frechheit dieses jungen Schelms! Was mich anlangt, so weiß ich nicht, was mich zurückhält, ihm seine beleidigenden Worte in den Schlund zurückzustoßen«, schloß er und entblößte sein Messer.
    In der Aussicht auf eine schreckliche Marter zog Fabian einen raschen Tod den Qualen vor, von denen er sich bedroht wußte. »Ich will euch sagen, was euch zurückhält«, antwortete er mit Zuversicht: »Es ist die Furcht vor dem Schwarzen Falken, der seine Jagdhunde aus euch gemacht und euch drei Männern nachgehetzt hat, die ihn und zwanzig Krieger fast während eines ganzen Tages und einer ganzen Nacht mit Vorteil bekämpft haben.«
    Vielleicht wären diese Worte, die Main-Rouges Wut bis aufs äußerste brachten, die letzten gewesen, die Fabian gesprochen hatte, wenn nicht der Mestize die Hand seines Vaters, die zum Stoß bereit war, zurückgehalten hätte. »Der junge Krieger aus dem Süden hat Furcht vor dem Marterpfahl«, sagte Sang-Mêlé, »und er beleidigt seine Sieger, um sich lange Qualen zu ersparen; aber in drei Tagen wird er anders sprechen.«
    »Ein Weißer kann sterben wie ein Indianer.« Nach dieser Antwort schloß Fabian die Augen, um die greulichen Gesichter der beiden Banditen nicht mehr zu sehen, die lebhaft miteinander sprachen, ohne daß er sie verstand.
    Der Sturm brüllte in seiner ganzen Heftigkeit, der Regen fiel immer noch in dichten Strömen mitten unter dem Rollen des Donners herab. Das Rindenkanu flog leicht wie ein trockenes Blatt, das auf den Flügeln des Windes dahinschwebt, über die Oberfläche des Wassers und trug den Gefangenen weit von seinen beiden Beschützern weg. Fabian lag auf dem Boden des Kanus ausgestreckt; das Wasser des Himmels badete sein Gesicht, seine Kleider waren durchnäßt und klebten an seinem Körper. Er dachte an den Schmerz des Kanadiers, und zuweilen lächelte ihm auch in Gedanken eine unbestimmte Hoffnung zu – bis zu dem Augenblick, wo er die Augen wieder öffnete und beim unheilverkündenden Schein der Blitze die wilden Mienen der Freibeuter und die öde, düstere Gegend erblickte, durch die sie hinfuhren. Dann sagten ihm die rohe Wildheit des Vaters und die spöttische Grausamkeit, die sich in den wilden Zügen des Sohnes aussprach, daß er von ihnen keine Gnade zu erwarten habe; und die öden Schlünde erinnerten ihn daran, daß trotz des Mutes seiner beiden Waffengefährten keine Spur seines Vorüberkommens zurückbleiben konnte – ebensowenig wie die Blitze am Gewölbe des Himmels eine solche zurückließen.
    Fast die ganze Nacht verfloß unter solchen moralischen Qualen, die durch seine körperlichen Leiden noch vermehrt wurden, während die beiden Piraten und die Indianer sich ablösten und unter dem Schutz ihrer Decken schliefen, je nachdem die Reihe an sie kam, ohne daß sie das Wasser, das auf sie niederströmte, zu beachten schienen. Es war eine traurige, grauenvolle Nacht. Indessen hatte jedoch der Mestize den schmerzenden Gliedern Fabians einige Erleichterung dadurch verschafft, daß er die Bande, mit denen sie gefesselt waren, ein wenig lockerte.
    Als der Himmel sich aufgeklärt hatte, machten die beiden Piraten am Ufer des Flusses halt, und zwar an einer Stelle, wo sich eine Gruppe von großen Bäumen mitten im hohen Gras erhob. Der erste Schimmer der Morgendämmerung verbreitete eben ein unbestimmtes Licht, und einer von den Indianern benützte den Augenblick, der den Tag von der Nacht scheidet, um sich nicht weit vom Lager auf die Jagd zu begeben. Es war die günstigste Zeit, um auf den Anstand von Hirschen oder Rehen zu gehen, die zum Fluß hinabstiegen.
    Fabian wurde im Kanu in einem an Vernichtung grenzenden Zustand der Erstarrung zurückgelassen, denn der Hunger verdoppelte noch das Unwohlsein, das er fühlte, und die traurigen Gedanken, die ihn beherrschten. Währenddessen zündeten der Mestize, sein Vater und der bei ihnen zurückgebliebene Indianer ein mächtiges Feuer an, um daran ihre durchnäßten Kleider zu trocknen.
    Der

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