Der Waldläufer
würde, sich an seinem Feuer niederzusetzen; aber er hoffte wenigstens ihn durch trügerische Worte einzuschläfern und ihn dahin zu bringen, daß er in ihm nur noch einen Freund sähe, der bereit wäre, ihm zu dienen, wenn nicht gar sich ihm ganz hinzugeben.
Der Rest des Tages verfloß, und Rayon-Brûlant hütete sich wirklich, zu kommen. Am Abend vor Sonnenuntergang bestand der Häuptling der Lipanesen darauf, daß die ganze Schar wieder den Weg auf dem Red River in seinem Kriegskanu fortsetzte. Es war dies eine aus dem Stamm einer Zeder gearbeitete Piroge, lang, schmal und mit flachem Boden. Sie konnte zwanzig Mann tragen, und ihr schneller Gang mußte die langen Krümmungen des Flusses wieder ausgleichen.
Das Anerbieten wurde von den beiden Piraten der Steppe angenommen, und Fabian folgte ihnen mit leichtem Herzen, seitdem er wußte, daß ein Feind Sang-Mêlés ihn gesehen und seinen Namen erfahren hatte und daß er zu seinem Häuptling zurückkehrte, ohne sich von den friedlichen Worten des Mestizen täuschen zu lassen. Wenn nun – wie er nicht zweifelte – Bois-Rosé und Pepe seiner Spur folgten, so konnte der Zufall sie leicht mit dem Komantschenkrieger zusammenführen. Der Zufall diente ihm besser, als er hoffte, auf diese Weise erhielten die beiden Jäger die letzten ihn betreffenden Nachrichten und fanden in Rayon-Brûlant einen Verbündeten, ohne den sie wahrscheinlich in diesem letzten Scharmützel unterlegen wären.
Trotz ihres schnellen Laufes legte doch die indianische Kriegspiroge die Entfernung bis zur Red Fork nicht so schnell zurück, als es hätte geschehen müssen. Einer von den lipanesischen Räubern hatte einen Schlauch mit Mescal bei sich, wie ihn die Indianer aus der Wurzel der Aloë destillieren und der davon den Namen der Mescaleros erhalten hat. Szenen der Verwirrung und der Trunkenheit machten den Lauf des Fahrzeuges langsamer und hätten mehr als einmal die Reise beinahe blutig gemacht.
Schläfrigkeit folgte bald dem rasenden Taumel, und die Piroge fuhr während eines Teils der Nacht unter dem Druck ihrer vom Feuerwasser berauschten Ruderer mehr als einmal auf dem Fluß hin und her. Erst bei Sonnenaufgang konnte die Schar Sang-Mêlés endlich den Zusammenfluß des Red River, die Red Fork genannt, erreichen.
72 Red Fork
Das Tal der Red Fork bietet einen imposanten und wilden Anblick dar. Eine doppelte Kette hoher Berge umgibt es von beiden Seiten. Im Norden ist es der große Zug der Kordilleren mit ihren blauen, spitzen Zacken, die bald von Wolken, die in ihrem Lauf durch die scharfen Gipfel aufgehalten werden, umkränzt erscheinen oder je nach der Jahreszeit ein strahlendes Diadem von blendendem Schnee tragen, der den Winter hindurch liegenbleibt und unter der heißen Luft, die aus dem Tal emporsteigt, zusammenschmilzt. Im Süden erblickt das Auge eine andere niedere Bergkette, deren zerrissene Seiten gähnende Schluchten und düstere Granitfelsen sehen lassen, deren rauhe Umrisse kaum durch die blaue Ferne gemildert werden.
Ein Flächenraum von etwa zehn Meilen liegt zwischen diesen beiden Sierren; in dessen Mitte fließen von Westen nach Osten zwei Arme des Red River; der eine ist fast immer ausgetrocknet, der andere rollt seine riesigen Gewässer mitten durch das hohe Gras, das das eine Ufer bedeckt und wie ein Ozean mit grünen Wogen aussieht, dessen Wellen sich am Saum des ungeheuren Waldes um den Büffelsee brechen.
Der Raum zwischen den beiden Armen des Flusses wird in der Regenzeit durch das Austreten des Hauptarms des Red River unter Wasser gesetzt. In diesem Arm haben die Biber Dämme gebaut, wodurch die Gewässer aus dem engen Bett am Fuß der Kordilleren austreten.
Hier ist ein feuchter und morastiger Boden. Schlammige tiefe Lagunen breiten ihre schlafenden Gewässer unter einer scheinbar festen Decke aus; andere, hellere Wasserflächen spiegeln sich in der Sonne, von undurchdringlichem Weidendickicht umgeben; im trockneren Teil steht Gehölz von Baumwollstauden, deren Stämme dicht zusammengedrängt sind; dazwischen haben sich Zweige geschlungen und bilden dichte Gebüsche, wo nur die Axt des Indianers oder des Jägers sich einen engen Durchgang zu öffnen vermag.
Der Mensch erscheint nur sehr selten in diesem einsamen, schweigenden Tal. Nur zuweilen zeigt sich auf dem Felsengipfel der südlichen Sierra ein Gebirgsjäger, seine Fallen und seine lange Büchse auf der Schulter, um den Lauf des Flusses zu erkennen und einen raschen Blick auf die Biberhütten zu
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