Der Waldläufer
amerikanischen Jäger, hinzulaufen, um es daran zu hindern, sich zu verwunden. Während er es mit Worten zu beruhigen suchte, warf Diaz bewundernde und neidische Blicke auf den prachtvollen weißen Renner, den er zugleich beim Anblick des Blutes bedauerte, das die fleckenlose Reinheit seiner schneeigen Farbe trübte.
»Wer ist der Barbar«, fragte der Abenteurer mit nur schlecht verhehltem Unwillen, »der es gewagt hat, Schwert oder Büchse gegen ein derart schönes Tier zu gebrauchen, das ein König zu besteigen stolz sein würde?«
»Dieses edle Pferd«, erwiderte Sir Frederick, »ist, so wie Ihr es hier seht, dasjenige, das die Vaqueros in Texas den Weißen Renner der Prärien nennen. Von Texas her verfolgen wir es, Wilson und ich, und gestern hat er, des Krieges müde, das Mittel in Anwendung gebracht, dessen man sich in seinem Vaterland bedient, um die Pferde zu bekommen, die dem Lasso entgehen: nämlich dem Tier eine Kugel seitwärts in den Hals zu schießen. Es ist ein grausames und gewagtes Mittel, aber es ist gelungen, denn dort steht der Renner. Seine Wunde hat nichts zu bedeuten, und ich werde in London einige Ehre mit ihm einlegen.«
»Wenn Ihr dort hinkommt«, murmelte Diaz.
»Also«, fuhr Wilson fort, der sich der Gruppe wieder anschloß, »wie ich schon die Ehre hatte, Euch zu sagen – ich habe nicht später als gestern um vier Uhr, während Euer Gnaden arglos schliefen, ein Kanu den Fluß hinabfahren sehen, mit einer Ladung von Passagieren, die wohl die Ansichten Eurer Gnaden über die Sicherheit dieser Ufer hätten ändern können, wenn ich nicht gewisse Vorsichtsmaßnahmen getroffen hätte, um Euch ihren Augen zu entziehen.«
Der Kanadier hörte aufmerksamer zu.
»In diesem Kanu befanden sich ein gewisser Half-Breed und ein anderer Bandit, den ich kenne, mit Namen Red Hand.«
»Half-Breed und Red Hand?« rief Bois Rosé aus, der Sang-Mêlé und Main-Rouge unter ihren englischen Namen wiedererkannte. »Gestern, sagt Ihr, habt Ihr sie gesehen?«
»Gegen Abend, und sie fuhren in einem Kanu den Fluß hinab.«
»Waren sie allein?« fragte Pepe lebhaft beim Anblick des Kanadiers, den die Aufregung erbleichen ließ.
»Ach nein; sie hatten noch etwa zehn Indianer bei sich. Diese Schelme verstehen die Kunst, in diesen Steppen eine Menge von Banditen ihrer Art anzuwerben.«
»Und es war kein junger Weißer dabei?« fragte der Kanadier, indem er den raschen Schlag seines Herzens unterdrückte.
»Ich wage nicht, etwas zu behaupten – weder für noch gegen«, erwiderte Wilson.
Diese ausweichende Antwort schmetterte Bois-Rosé ganz nieder; sein Gesicht verriet seinen Schmerz.
»Er war dabei; er mußte dabei sein!« rief Pepe ungestüm.
»Er war nicht dabei«, murmelte Bois-Rosé schmerzlich.
»Er war dabei, sage ich dir!« erwiderte der Spanier. »Es war in der Dämmerung; dieser Jäger hat es nicht recht sehen können.«
»Das ist möglich«, sagte der Yankee phlegmatisch.
»Ihr hört es, Komantsche«, fuhr Pepe feurig fort, »gestern abend sind Sang-Mêlé und Main-Rouge, diese beiden Teufel der Hölle, in einem Kanu den Fluß hinabgefahren. Vorwärts! Binnen hier und einigen Stunden haben wir sie wieder eingeholt. Tod und Blut! Zu wissen, daß sie so nahe bei uns sind! Sir Frederick«, fuhr der Spanier fort, »wenn Ihr Lust dazu habt, so kommt mit uns, und Ihr sollt einem blutigen Kampf beiwohnen.«
»Wenn Ihr eine heilige Sache als die Eurige ansehen wollt«, rief Bois-Rosé aus, der wieder einigermaßen Herr seiner selbst geworden war; »die Sache eines Vaters, der den Sohn, den ihm Gott, genommen hat, einem schrecklichen Tod zu entreißen sucht – so kommt mit uns, und Gott wird Euch eines Tages vergelten, was Ihr für den Vater und den Sohn getan haben werdet.«
»Das ist wider unsere Übereinkunft«, bemerkte Wilson. »Sir Frederick, das geht Euch persönlich an, und Ihr werdet mich schriftlich entbinden.«
»Ich tue es hier vor allen«, sagte der Engländer, den der Schmerz und die Stimme des alten Waldläufers gerührt hatten; »es soll nicht gesagt werden, daß ich einem betrübten Vater eine abschlägige Antwort gegeben hätte.«
»Gut«, erwiderte Wilson, »denn wir haben bis jetzt ein Leben wie Tagediebe geführt.«
Die Pferde wurden rasch gesattelt und beladen, und als man um die Nüstern des weißen Renners einen Riemen gelegt und ihn an den Schweif von Wilsons Pferd angebunden hatte, verfolgten sie alle eilig die Richtung des Flusses abwärts, und zwar die Indianer zu
Weitere Kostenlose Bücher