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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Handumdrehen der Männer und des Goldes bemächtigen konnten?«
    »Höre, Main-Rouge, wenn ich mich herablasse, mein Verfahren zu rechtfertigen, so geschieht es in der Absicht, daß du mir nicht mehr die Ohren mit deinen Beschuldigungen zerreißt. Wir sind nur noch vier gegen zwei. Bei einem solchen Wetter wie diesem hier ist eine Büchse nicht mehr wert als ein Messer. Abwarten, bis der Sturm vorüber ist, hieße bis zum nächsten Sonnenaufgang warten, und ich habe keine Zeit dazu. Was die Männer anlangt, so ist hier schon einer; binnen hier und drei Tagen werde ich ihn dem Schwarzen Falken ausliefern. Die beiden anderen zählen nicht mehr; in den Prärien ist ein Jäger ohne Waffen ein toter Mensch; Hunger und Bären werden uns von ihnen befreit haben, ehe wir an der Red Fork sind. Über den Schatz brauchst du dich nicht zu ärgern; es ist keine Gefahr vorhanden, daß er davonfliegt, und wir werden vor dem Ende des Mondes zu ihm zurückkehren, während ich durch eine Verzögerung von einem Tag die Gelegenheit einbüßen kann, mich eines anderen Schatzes zu bemächtigen: nämlich der weißen Taube des Büffelsees, die Flügel zum Fortfliegen hat. Hast du nun noch etwas auf diese Gründe zu erwidern, so sprich schnell, damit keine Rede mehr davon ist.«
    »Was gehen mich alle Tauben der Welt – weiße oder rote – an? Die beiden Jäger werden den Schatz mitnehmen, und bei unserer Rückkehr werden wir den Vogel ausgeflogen finden.«
    Der Mestize zuckte verächtlich die Schultern. »Gibt das Gold etwa zu essen in der Steppe?« sagte er. »Denkt man daran, Schätze zu sammeln, wenn man vor Hunger stirbt und mehr als achtzehnhundert Meilen von jeder Niederlassung entfernt ist? Für diese beiden waffenlosen Landstreicher hat das Gold gerade ebensoviel Wert wie das von den Wölfen abgenagte Skelett eines Bisons. Ich habe mehr als einen Jäger, der eine gute, nie fehlende Büchse hatte, vor Hunger in den Prärien rasend werden sehen. Was sollen diese ohne Gewehre machen? In dieser Stunde suchen sie unsere Spuren und finden sie nicht; der Tod wird sie bei ihren Nachforschungen überraschen. Was die weiße Taube anbelangt, so geht sie mich sehr viel an; und sollte ich auch deinen eigenen Leichnam mit Füßen treten, um zu ihr zu gelangen, so würde ich zu ihr gelangen. Nimm das als gesagt an!«
    »Möchtest du doch einst einen Sohn haben, der eines Tages dieselbe Sprache gegen dich führt!« rief der alte Renegat aus und senkte den Blick vor den funkelnden Augen Sang-Mêlés, während er diese fürchterlichen Worte aussprach. »Aber du wirst keinen erhalten – er könnte nur noch abscheulicher werden als du!«
    »Hast du mir sonst noch etwas anderes zu antworten?« fragte der Mestize spöttisch.
    Main-Rouge antwortete nicht, und die beiden Banditen ruderten schweigend weiter; aber der Amerikaner mußte an irgend jemand die Wut auslassen, die ihn erstickte. »Wo hast du den Schatz vergraben, du Hund?« fragte der Freibeuter und stieß Fabian mit dem Fuß, als dieser gerade die Augen zum erstenmal wieder öffnete. »Wirst du wohl antworten, du Landstreicher?« fuhr der ungeduldige Renegat fort.
    »Wer seid Ihr?« fragte Fabian, der sich seines Sturzes erinnerte und in dessen Augen seine wirkliche Lage noch nicht in ihrem ganzen schrecklichen Licht erschien.
    »Er fragt, wer ich bin!« rief Main-Rouge mit wildem Lachen aus. »An dir ist es, mir zuerst zu antworten! Wo hast du den Schatz vergraben?«
    Bei dieser zweiten Frage hatte Fabian seine ganze Besinnung wiedererlangt. Er suchte mit den Augen Bois-Rosé und den Spanier, und sein Blick fiel nur auf die Gesichter der beiden Piraten der Prärien und auf die indianischen Malereien der beiden Apachen. Was war aus den beiden Jägern geworden? Fabian wußte es nicht und wollte sich davon Gewißheit verschaffen. »Ein Schatz?« fragte er. »Ich habe niemals davon reden hören. Bois-Rosé und Pepe hatten nicht die Gewohnheit, mir ihre Geheimnisse anzuvertrauen; fragt sie selbst darum!«
    »Diese Landstreicher darum fragen?« rief der alte Renegat aus. »Frag die Wolke, die wir gestern gesehen haben und die wir nicht wiedersehen werden. Wird die Wolke dir antworten?«
    »In der Tat, die Toten reden nicht mehr«, sagte Fabian.
    »Die Landstreicher sind nicht tot, aber sie sind auch nicht mehr wert als Tote. Wozu wird ihnen die Freiheit ohne ihre Waffen nützen? Ein Raub des Hungers zu werden! Wozu nützt dir jetzt das Leben? Um ein Raub des Schwarzen Falken zu werden, dessen

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