Der Waldläufer
heraus.
»Ja, der Hauptmann Don Lukas Despierto.«
»So, der Hauptmann! wie herrlich wäre es, wenn der Mensch schlafen könnte, ohne so oft aufwachen zu müssen! Geh, ich werde sehen ob ich kommen kann!«
»Kommen kann ? Du mußt kommen, sage ich Dir, der Dienst ruft, verstehst Du wohl? und dieser geht über den Schlaf!«
»Gut, daß Du mich daran erinnerst. Ich werde also kommen.«
Er trat in die Hütte, um seine Mütze zu holen, während der Kamerad sich schnell entfernte. Als er sich wieder allein wußte, reckte sich seine schläfrig zusammengesunkene Gestalt empor und seine verschleierten Augen bekamen jenen Glanz, den man nur bei heißblütigen und resoluten Charakteren bemerkt.
»Er hat wirklich geglaubt, ich schlafe im Stehen, Santa Laureta, sind diese Menschen leichtgläubig! Was kommt dem Hauptmann an, daß er mich rufen läßt? Hat sein Beutel schon wieder Ebbe, und soll ihm etwa mit dem Segel da draußen die Fluth kommen? Ich werde das bald erfahren!«
Er begab sich nach der Wohnung seines Vorgesetzten. Diesem ging offenbar Etwas im Kopfe herum, denn er war so in Gedanken versunken, daß er den Eintritt Pepe’s gar nicht bemerkte.
Dieser lehnte sich an die Wand und schloß die Augen, hatte aber recht wohl ein zusammengefaltetes Papier bemerkt, welches am Boden lag und jedenfalls schon in irgend einer Tasche herumgetragen worden war. Ein unter den gesenkten Lidern hervor auf den Hauptmann, welcher ihm den Rücken zukehrte, gerichteter Blick belehrte ihn, daß er es wagen könne. Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er das Papier aufgehoben, und unter den Mantel verborgen, dann fiel er wieder in seine scheinbare Fühllosigkeit zurück. Er sagte sich im Stillen, daß es doch schade sei, ein Papier liegen zu lassen, welches seinen Werth haben müsse, da man es bisher aufbewahrt hatte.
Da drehte sich der Hauptmann um und bemerkte ihn.
»Holla, Pepe, schläfst Du?«
Der Miquelete stieß einen tiefen Seufzer aus und schlug die Augen auf.
»Hier bin ich, Herr Hauptmann,« antwortete er, ehrerbietig salutirend. »Ich glaube, Sie haben mich rufen lassen?«
»Du glaubst es? Wahrhaftig, der Mensch ist im vollen Schlafe herbeigelaufen und weiß nicht genau, ob er gewacht oder geträumt hat!«
»Ich komme auch im Traume, Herr Hauptmann, ein Beweis von Gehorsam, wie ihn kein Anderer zu führen vermag.«
»Richtig!« lachte der Despierto. »Doch, was ich Dir sagen wollte! Es sind schlechte Zeiten, nicht wahr, Pepe?«
»Es ist mir, als hätte ich davon sprechen hören.«
»Es ist Dir so? Ja, das Elend der jetzigen Zeiten hat über Dich nur halbe Macht: Du schläfst beständig.«
Pepe unterdrückte ein Gähnen.
»Wenn ich schlafe, habe ich keinen Hunger. Und dann träumt es mir auch zuweilen, daß die Regierung mir meinen Sold bezahlt.«
»Dann bist Du glücklicher Weise nur einen kurzen Theil des Tages ihr Gläubiger. Aber weißt Du auch, daß der immerwährende Schlaf eigentlich schlecht für die Obliegenheiten eines Miquelete paßt?«
»Ah? Wie so?«
»Ein Küstenwächter muß vor allen Dingen wachsam sein. Man spricht täglich immer mehr von Deiner Apathie, und es kann gar leicht so weit kommen, daß Du als ein unnützer Diener aus dem Amte gejagt wirst. Es wäre recht traurig, wenn Du ganz ohne Dienst wärst!«
»Ganz fürchterlich, Herr Hauptmann!« stimmte Pepe mit außerordentlicher Gutmüthigkeit bei. »Ich sterbe bei meinem Dienste schon vor Hunger; wie soll es dann werden, wenn ich gar keinen mehr habe!«
»Das wäre noch schrecklicher als der dienstliche Hungertod. Aber ich will Dich vor einem solchen Elend bewahren und Dir heut einen Beweis meines Vertrauens geben, der Dir Deinen Ruf wieder herstellen wird.«
»Thun Sie das, Herr Hauptmann,« meinte Pepe, indem er Papier hervorzog und sich gemächlich eine Cigarette drehte. »Ein solches Vertrauen ist beinahe ebenso erquickend, wie ein kleiner Schlummer!«
»Du wirst für heute Nacht einen Posten beziehen, den ich nur dem zuverlässigsten meiner Leute anvertrauen kann. Du bist bisher noch niemals hinkommandirt worden, und ich hoffe sehr, daß Du Deine Pflicht mit vollem Eifer erfüllst!«
»Santa Lauretta! Als ob sich das nicht ganz von selbst versteht! Wo ist es?«
»In der Ensenadabucht.«
»Schön! Was soll ich dort thun?«
»Vor allen Dingen auf Deinem Posten nicht schlafen!«
»Ich werde das sehr versuchen, obgleich ich schon seit drei Stunden kein Auge zugethan habe, Herr Hauptmann! Und dann?«
Don Despierto gab ihm
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