Der Waldläufer
Mestizo!«
Er zog das Messer und bog sich auf den Jaguar nieder, um ihm das Fell abzuziehen; der Kamerad folgte seinem Beispiele. Sie waren noch nicht fertig, so ertönte der Galopp eines Pferdes und ein Reiter hielt vor dem Feuer. Er hatte das eine Ende seines Lasso an den Sattelknopf befestigt, und an dem andern hing der Löwe, welchen er auf diese Weise herbeigeschleift hatte.
»Darf man hier an Eurem Feuer Platz nehmen, Sennores?« frug er.
»Arellano, Tiburcio Arellano, der Rastreador!« rief Benito. »Willkommen, willkommen hier auf la Poza!«
Bei dem Klange dieses Namens blickten sowohl Don Estevan wie auch Cuchillo überrascht empor.
»Benito, wahrhaftig, der alte Benito ist hier. Dann steige ich ab, ohne weiter zu fragen!«
Er sprang vom Pferde, pflockte es an und zog dann den Puma heran, neben die Tiger.
»Santa virgen del estarda, habt Ihr eine gute Ernte gehalten, Sennores! Wer hat denn diese Meisterschüsse gethan?«
Bois-rosé richtete sich langsam empor und frug, statt die erwünschte Antwort zu geben:
»Habt Ihr den Puma geschossen?«
»Ja.«
»Alle Wetter, so habe ich mich in meinem Leben noch nie geirrt. Ich hätte drauf geschworen, daß es die Büchse von El Mestizo sei, die wir vorhin gehört haben!«
»Ihr habt Euch nicht geirrt; sie ists.«
»Was? Wirklich? Das ist ganz unmöglich! Sang-mêlé gibt sein Gewehr nur mit dem Tode her!«
»Oder wenn er gefangen ist.«
»Gefangen? Wollt Ihr Euch etwa über mich lustig machen?«
»Fällt mir nicht ein, Sennor! Er war gefangen und hat die Büchse lassen müssen.«
»Dann ist er einer fürchterlichen Uebermacht in die Hände gerathen!«
»Auch das nicht. Ein Einziger hat ihm besiegt, ihn und seinen Vater.«
»Ihn und Main-rouge? Dann ist dieser Eine entweder ein Engel oder ein Teufel.«
»Keins von Beiden. Wollt Ihr ihn sehen?«
»Natürlich, wenn es möglich ist!«
»Seht mich an, Sennores!«
Es lag kein Stolz in diesen Worten, wenn ihnen auch eine gewisse Genugthuung deutlich anzuhören war.
»Ihr seid es gewesen? Erzählt!«
»Nachher, wenn ich dem Puma seine Haut genommen habe; ich darf ihn nicht kalt werden lassen. Aber, Sennores, meinen Namen habt Ihr gehört; wie nenne ich Euch?«
»Es ist der ›große Adler‹ und der ›zündende Blitz,‹ Tiburcio,« antwortete Benito an Stelle der Gefragten.
»Oder ›Bois-rosé und Pepe Dormillon,‹ wie uns die Weißen nennen,« meinte der größere Goliath.
»Ists wahr?« frug Tiburcio einfach überrascht zurücktretend.
»Wahr!« bekräftigte Bois-rosé.
»Dann nehmt meine Hand, Mesch’schurs. Ich gebe sie berühmten Leuten gern.«
Don Estevan de Arechiza war vorhin, als er den jungen Rastreador erblickte, um einen Schatten bleicher geworden; jetzt, als er den Namen Pepe Dormillon hörte, warf er einen raschen, forschenden Blick auf den Träger desselben und zog sich dann schnell in den Schatten zurück, in welchem er auch blieb, als die drei Thiere abgezogen waren und sämmtliche Anwesende sich um das Feuer gelagert hatten, um zu hören, wie es Tiburcio gelungen war, die »Teufel der Savanne« gefangen zu nehmen.
Der Rastreador begann. Als er den Namen des Haziendero nannte, konnte Cuchillo die Frage nicht halten:
»Don Augustin Pena ist es gewesen? Zu ihm wollen wir, um auf der Hazienda del Venado einige Tage Rast zu halten!«
»So reise ich mit Euch. Auch ich will zu ihm!«
Als er geendet hatte, reichten ihm Bois-rosé und Dormillon die Hände herüber.
»Wir haben Euren Namen in dieser Gegend nennen hören, junger Mann. Macht so fort, dann wird man noch mehr von Euch erzählen! Aber einen ganz außerordentlichen Fehler habt Ihr begangen.«
»Welchen?«
»Ihr hättet den ›Teufeln‹ unbedingt die Kugel oder die Klinge geben sollen, und damit viel Böses bestraft und viel Unheil verhütet. Menschenblut ist ein köstlicher Saft, mit dem man so sparsam wie möglich umgehen soll, das ist wahr; aber das Blut dieser beiden Männer ist Drachenblut und darf nicht geschont werden. Um die Büchse möchte ich Euch beinahe beneiden, wenn die meinige nicht wenigstens eben so gut wäre. Haltet sie nur fest, denn ich glaube sehr, daß El Mestizo sie sich wieder holen wird und noch etwas dazu, nämlich Euren Skalp.«
Jetzt rückte Cuchillo an die Seite des Rastreador.
»Sagt einmal, Tiburcio, lebt Euer Vater Marco Arellano noch?«
»Nein. Habt Ihr ihn gekannt?«
»Blos gehört von ihm. Er soll ein außerordentlicher Gambusino gewesen sein und hat Euch sicher ein
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