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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Nähe des Ufers lag ein Stein, welcher zwei Fuß weit aus dem Wasser hervorragte. Fabian hatte bemerkt, daß ein Indianer mit blitzschneller Bewegung sich vom Ufer weg hinter ihm herabgeschnellt hatte. Von diesem Punkte aus konnte ein guter Schütze, da das Inselfloß an seiner oberen Spitze schlecht verbollwerkt war, großen Schaden anrichten.
    Fabian lag still, ohne ein Glied zu zucken; er wartete, bis er wenn auch nur den kleinsten Zielpunkt bekommen werde. Da berührte sein Finger den Drücker, und diese kleine Bewegung kostete dem Wilden das Leben. Er war mitten in die Stirn getroffen; der Strom erfaßte ihn und trieb ihn an der Insel vorüber.
    Auch jetzt erfolgte ein geradezu unbeschreibliches Geschrei. Die Wilden mußten sich allerdings in einer entsetzlichen Wuth befinden; sie hatten schon so viel Verlust gehabt und damit noch nicht den mindesten Vortheil errungen.
    »Denken die Spitzbuben etwa, uns mit ihrem Rottengeheul zu täuschen?« zankte der Kanadier. »Sie machen es wie die Schakale des Nachts; die heulen und antworten einander, als ob es ihrer hundert wären, und doch sind es nur drei bis vier. Diese rothen Schurken schreien auch, als seien es ihrer hundert, und doch zählen sie nur noch elf Mann. Ach, könnte man es so weit bringen, daß sie über das Wasser herüberkämen, so würde auch nicht Einer übrig bleiben, ihre Niederlage in seinem Dorfe zu vermelden!«
    Er verfiel in ein kurzes Nachdenken.
    »Halt, ich habe es!« rief er dann.
    »Was?« frug Pepe neugierig.
    »Können wir ihnen glauben machen, daß sie uns getroffen haben, so kommen sie sicher herbei, um unsere Skalpe zu holen.«
    »Das ist wahr.«
    »Aber es ist verteufelt viel Gefahr dabei.«
    »Nicht so viel, wie Du denkst, Rosenholz. Diese rothen Schlingels werden dann zwar probiren wollen, ob wir wirklich todt sind, aber sie schießen ja noch lange nicht so wie ich damals, als ich den Schwanz eines Bären für dessen Rippe ansah.«
    »Nun wohl, Kinder; so mag denn zuerst meine Pelzmütze darankommen. Ein Loch mehr wird ihr keinen Schaden bringen! Schreit nicht, sondern stoßt nur so einen ganz kleinen Laut aus, wenn sie herunterfliegt.«
    Er steckte die Mütze auf einen Ast und hielt sie an eine kleine, zwischen zwei Zweigen befindliche Lücke. Sie war bemerkt worden. Eine sicher gezielte Kugel riß den Ast auseinander, und auf den kurzen Ruf, welchen Pepe ausstieß, erklang vom Ufer her ein wahrhaft sinnverwirrender Lärm.
    »Sie denken wahrhaftig, daß sie den ›großen Adler‹ zu seinen Vätern geschickt haben. Wartet nur, der Adler wird Euch Sperlinge alle fressen!«
    »Dort steigt Einer auf die Espe!« rapportirte Fabian.
    »Recht so; das will ich ja!« antwortete der Kanadier. »Wenn wir uns eng an den Rand drücken, kann er uns nicht sehen. Wir müssen so thun, als suche Einer von uns in der Mitte der Insel Etwas. Es ist schon so dunkel, daß man von dem Baume aus wohl die Gestalt, aber nichts Näheres erkennen kann. Gieb Dein Wamms und Deine Mütze her, Pepe!«
    Er zog einen gabeligen Ast aus der Barrikade, legte das Wamms darüber, steckte die Mütze darauf und schob diese Gestalt ein wenig nach der Mitte vor. Sofort blitzte es von der Espe auf; die Kugel schlug zwar in einiger Entfernung ein, aber Bois-rosé ließ dennoch die Gestalt fallen.
    Ein Triumphruf ertönte auf der Espe.
    »Schon gut, mein rother Bruder! Zwei von uns sind hinüber in die ewigen Jagdgründe; holt Euch nun den Dritten noch! Wenn der Kerl ein besserer Schütze wäre und man nicht schon dichtes Zwielicht hätte, so könnte man so Etwas gar nicht wagen; so aber – na, Fabian, gieb mir doch einmal Deinen Hut her!«
    Er bekam den Hut. Hätten die beiden Anderen seine Absicht geahnt, so hätten sie sicher die Ausführung derselben gehindert; er aber lächelte still vor sich hin, setze sich den Hut, der ihm um ein Beträchtliches zu klein war, was aber die breite Krämpe nicht bemerken ließ, auf den Kopf und richtete sich, als er glaubte, daß der Mann auf der Espe wieder geladen habe, ein Stück über den Rand des Saumes empor.
    Pepe stieß einen Ruf des Schreckes aus, der aber durch zwei Schüsse, von denen einer von der Espe und der andere vom Ufer her fiel, gedeckt wurde, und riß ihn zurück.
    »Santa Lauretta, was fällt Dir ein!«
    »Was mir einfällt? Jetzt gar nichts mehr, denn nun haben sie uns alle Drei weggeputzt. Hörst Du, wie die Satane jauchzen und brüllen? Freilich zielten sie etwas besser, als ich dachte: die eine Kugel ging mir in

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