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Der Wandermoerder

Der Wandermoerder

Titel: Der Wandermoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Starr
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Manieren draußen. Vielleicht war das eine Reaktion auf die schrecklichen Zeugenaussagen und die sensationellen Zeitungsberichte oder die kollektive Entladung eines Entsetzens, das sich jahrelang aufgestaut hatte. Wie auch immer, an diesem Tag war der Lärm auf jeden Fall größer als am Tag zuvor. Die Leute drängelten heftiger und unterhielten sich lauter – so laut, dass sogar die Zeugen schwer zu verstehen waren. Die Menschen waren kaum zu bändigen. Das Geschubse und Gezerre setzte sich bis auf die Pressetribüne fort, doch die Reporter waren so mit ihrem eigenen Klatsch beschäftigt, dass ihnen nichts auffiel. Der Präsident rief nun die Soldaten herein, damit sie die Aufrührer hinauswarfen. Nach einer kurzen Ruhepause ging der Krawall jedoch erneut los. »Es war absolut skandalös«, schrieb der Korrespondent des Petit Journal . Viele Frauen lachten, schnatterten und bahnten sich mit den Ellbogen ihren Weg nach vorne. Als der Zeuge Marcellin Bourdin vernommen wurde, erzählte er, dass Vacher versucht habe, ihn anal zu vergewaltigen, als sie Heranwachsende gewesen seien. Seine Schilderung war so anschaulich und so derb in den Einzelheiten, dass mehrere Frauen ihre Taschentücher vor das Gesicht pressten und aus dem Gerichtssaal flüchteten. Der Präsident bemerkte nur trocken: »Es tut mir leid, meine Damen, aber ich habe Sie gewarnt. Das hier ist nicht der richtige Ort für Sie.«
    Es gab jedoch auch heitere Momente, meist dann, wenn Zeugen sich absichtlich oder unabsichtlich über die Behörden lustig machten. Einmal befragte Charbonnier einen Zeugen, der mit Vacher die Grundschule besucht hatte.
    »Sie waren doch mit ihm in derselben Klasse. War er intelligent? Hat er irgendwelche Auszeichnungen bekommen?«
    »In unserer Schule hat jeder eine Auszeichnung bekommen«, erwiderte der Zeuge und löste damit Gelächter aus.
    Eine Madame Declérieux hatte den jungen Joseph Vacher als Haushaltshilfe eingestellt, ehe er ins Kloster ging. Sie hatte bereits vor einiger Zeit unter Eid ausgesagt, dass sie Angst gehabt habe, ihn mit ihren Kindern allein zu lassen, und froh gewesen sei, als er endlich gegangen sei. Doch im Zeugenstand war sie offenbar verwirrt. Als der Präsident sie fragte, ob ihre Aussage wahr gewesen sei, antwortete sie: »Nein, Monsieur«, woraufhin das Publikum zu lachen begann.
    »Vielleicht haben Sie meine Frage nicht verstanden«, setzte de Coston nach, um ihr zu helfen. »Ich meinte, ob Sie froh waren, als er ging.«
    »Nein, Monsieur.« Das Publikum lachte noch stärker. Auch Vacher lachte laut und schlug sich mehrere Male an die Stirn, als wolle er die Dummheit der Frau pantomimisch darstellen.
    Der Tag zog sich hin, und die Zeugenbefragung wurde zunehmend langweilig. Schließlich gab es keinen Zweifel daran, dass Vacher der Mörder war, aber niemand hatte bisher vor Gericht die entscheidende Frage beantworten können: War der Angeklagte schuldfähig? Spät am Tag streiften einige ehemalige Regimentskameraden das Problem, als sie über sein irrationales Verhalten berichteten. Vachers früherer Hauptmann, Joseph Greihammer, gab an, dass Vacher zwar im Dienst pünktlich und zuverlässig gewesen sei, aber seine Brutalität gegenüber seinen Untergebenen große Besorgnis ausgelöst habe. Daher habe man ihn dem Kompaniechef melden müssen. Ein Soldat namens Louis Guiermet, der Vachers Feldwebel gewesen war, als dieser zum Regiment kam, beschrieb, wie Vacher ihn mit einem Rasiermesser angegriffen und dabei wie ein wildes Tier gebrüllt habe. »Es war ein furchtbarer Schrei. So etwas habe ich weder vorher noch danach je gehört. Ich werde ihn nie vergessen.«
    »Sie irren sich«, meinte Vacher dazu. »Ich wollte Sie nicht verletzen. Ich war nur wütend, weil ich nicht zum Unteroffizier ernannt worden war, und wollte mir das Leben nehmen.«
    De Coston: »Sie wollten sich in Person Ihres Feldwebels das Leben nehmen?« Gelächter.
    »Ich bleibe dabei, dass ich Sie nicht verletzten wollte«, sagte Vacher zu dem Zeugen. »Ich habe Sie damals respektiert und respektiere Sie heute noch.« Dann deutete er auf seinen ehemaligen Hauptmann und fügte hinzu: »Von dem da kann ich das nicht behaupten.« Noch mehr Gelächter.
    Der letzte und spannendste Zeuge des Tages war Séraphin Plantier, dessen Kampf mit Vacher zu dessen Festnahme geführt hatte. Er schilderte den Überfall auf seine Frau und sein wildes Handgemenge mit dem Angeklagten. Zum Schluss dankte ihm der Präsident im Namen des Gerichts: »Sie haben

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