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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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Aus der Enklave hörte sie Stimmen, doch von den Wachen war keine Spur zu sehen. Sie wusste nicht, ob es sie von der Mauer gefegt hatte, oder ob sie bloß hinter der Brustwehr in Deckung gegangen waren.
    Sie griff nach einer Fackel. Ein neues Gefühl drang ihr durch Mark und Bein: eine seltsame Mischung aus Angst und Schuld und Schutzlosigkeit. Mit der anderen Hand griff sie nach Leons Linker.
    Gemeinsam traten sie auf die schuttbedeckte Straße, schritten gemessen über Steinbrocken und zwischen verkrümmten, brennenden Balken hindurch. Hinter ihnen folgten Peter, Will, Jack und Pyrho. Dinah, Norris und Derek kamen als Nächste und dann all die anderen geliebten Menschen aus New Sylum und Wharfton, alle bis auf Josephine und die beiden Mädchen, die in New Sylum geblieben waren. Sie trugen Fackeln, aber keine Waffen. Sie hielten sich bei den Händen und schritten bedächtig, entschlossen voran. Das einzig Bedrohliche an ihnen war ihre Anzahl.
    Sie erreichten das große Loch, ohne dass sich ihnen irgendwer in den Weg gestellt hätte. Der Schaden war hier am größten, und eine summende, windschiefe Laterne warf flackernde Schatten auf die makabre Szenerie. Gaia sah einen verletzten Wachmann, den es gegen eine Hauswand geschleudert hatte. Er hielt sich das Gesicht mit beiden Händen. Eine Frau saß zusammengesunken am Straßenrand, ihr Bein unnatürlich verkrümmt. Andere gruben in den Trümmern nach Verletzten. Ein Mann im Schlafanzug torkelte vorüber, und in einer offenen Tür stand eine Frau, offensichtlich unter Schock, die ein schreiendes Baby auf dem Arm trug.
    Gaia hielt inne, wollte ihnen helfen.
    »Du musst weitergehen«, flüsterte Leon.
    Er hatte recht. »Sagt Myrna, dass wir sie brauchen«, gab Gaia nach hinten durch. »Sie soll sich beeilen!«
    Leon zog sie weiter Richtung Hauptstraße. Sie waren aber nur ein paar Schritte gekommen, als ein von der Explosion über und über staubbedeckter Wachmann ihnen den Weg versperrte. Gaia erkannte Sergeant Burke, der sie vor drei Tagen festgenommen hatte.
    »Keine Bewegung!«, rief er.
    Ein weiterer Soldat trat neben ihn und legte sein Gewehr auf sie an.
    »Bitte wartet!«, rief Gaia und hob die Hände. »Wir sind nicht bewaffnet.«
    Unter lautem Stiefelstapfen kam eine Einheit Soldaten im Laufschritt die Straße herab, um sie zu umzingeln. Die Männer schrien Befehle und zielten mit ihren Gewehren auf Gaia und Leon.
    »Ihr habt gerade die Mauer gesprengt!«, schrie eine schrille Stimme aus der Dunkelheit.
    Ein Schuss fiel rechts von Gaia, gefolgt von Schreien. Sie duckte sich, und überall um sie herum warfen sich die Menschen zu Boden.
    »Nicht schießen! Wir haben keine Waffen!«, schrie Leon.
    »Wir wollen niemanden verletzen!«, rief Gaia.
    »Das ist die Hebamme!«
    Gaia hob die Hände und richtete sich langsam wieder auf.
    »Wir sind nicht eure Feinde«, sagte sie. »Wir wollen nur, was uns zusteht.«
    »Ich gebe dir, was dir zusteht«, murmelte Sergeant Burke, trat auf sie zu und schlug ihr den Handrücken ins Gesicht. »Das war mein Bruder, den du da gerade hochgejagt hast! Du hast ihn umgebracht!«
    Leon packte Gaia und schob sie hinter sich. Die Läufe von zehn Gewehren waren nun auf seine Kehle gerichtet.
    »Leon!«, schrie Gaia. »Nicht!«
    »Lasst sie in Frieden«, sagte Leon.
    »Das ist der Sohn des Protektors«, rief einer der Ladenbesitzer vom Straßenrand.
    Ein weiterer Soldat trat vor; es war Marquez. »Das ist Leon«, sagte Marquez zu Sergeant Burke. »Leon Grey. Du erinnerst dich sicher.«
    »Er sagt die Wahrheit«, sagte Leon. »Und wir sind hier, um mit meinem Vater zu reden. Wir alle.«
    Sergeant Burke machte einen verwirrten Eindruck, dann verzerrte sich sein Gesicht vor lauter Qual. »Ihr seid Mörder und Terroristen, ihr alle!«
    Marquez legte ihm die Hand auf die Schulter. Erst wollte Burke ihn abschütteln, doch dann setzte er sein Gewehr vernehmlich auf dem Straßenpflaster ab.
    Immer mehr Menschen drängten wortlos und stetig von draußen durch das Loch in der Mauer, das einmal das Südtor gewesen war, Männer wie Frauen, Alte wie Junge. Ungeschickt stapften sie durch die Verwüstungen und bahnten sich ihren Weg. Die Angst stand ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben, aber auch, wie stolz und entschlossen sie waren. Immer mehr Bürger der Enklave traten auf die Straße.
    »Wir könnten hier mal Hilfe gebrauchen!«, rief eine Frau von einem großen Trümmerhaufen aus.
    Die Wachen reagierten nicht. Die meisten hatten immer noch auf Gaia

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