Der Weg der Helden
wäre wohl auch besser für ihn«, meinte Methras. » Und jetzt sag mir, wer hier ist.«
» Willst du dich nicht lieber überraschen lassen?«
» Ich mag keine Überraschungen.«
» Das war früher mal anders«, meinte sie. » Ich kann mich noch gut daran erinnern, als du ein kleiner Junge gewesen bist…«
» Nicht jetzt, Mutter«, unterbrach er sie liebevoll. » Also, wer ist hier?«
» Pendar.« Sie beugte sich zu ihm. » Und er ist jetzt sehr reich«, flüsterte sie. » Du hättest sein Angebot akzeptieren und als Partner in sein Geschäft eintreten sollen. Vielleicht will er dich ja immer noch.«
» Davon bin ich überzeugt«, antwortete Methras und grinste anzüglich.
Seine Mutter errötete. » Ach, du weißt genau, dass ich nicht das meinte«, gab sie zurück. » Ich weiß selbst, dass Pendar…«, sie rang um die richtigen Worte, » die Gesellschaft junger Männer bevorzugt. Aber ich weiß auch, dass er dein Urteilsvermögen schätzt.«
Methras küsste sie auf die Wange. » Aber selbstverständlich doch. Er liebt mich natürlich wegen meines scharfen Verstandes.«
» Was er braucht…«, begann sie.
Methras hob die Hand. » Wenn du jetzt die Worte die Liebe einer guten Frau auf den Lippen hast, dann hüte dich, sie auszusprechen. Du bist viel zu intelligent, um in solche Klischees zu verfallen.«
» Was ich sagen wollte, war, dass er Führung durch jemanden braucht, dem er vertrauen kann. Er kann sehr gut mit Geld umgehen, aber er ist wie ein Blatt im Wind. Du könntest ihm helfen, Methras, und dabei selbst reich werden.«
» Ich habe nicht das geringste Interesse an Wohlstand oder Macht«, gab er zurück. » Ich bin Soldat. Und das genügt mir vollkommen.«
» Du bist deinem Vater wirklich sehr ähnlich«, erklärte sie.
» Ich ähnele ihm viel zu viel… und doch nicht genug«, antwortete er traurig.
Dann durchquerte er das Haus und betrat den geräumigen Wohnbereich. Zwei Männer saßen neben der offenen Tür, die zum vorderen Garten führte. Pendar war wie immer makellos und kostspielig gekleidet. Seine perlengraue Tunika und seine Hose bestanden aus schwerer Seide, seine Schuhe aus Echsenhaut. Er war groß, sehr schlank und wirkte immer noch jungenhaft; in sein Haar hatte er goldblonde Strähnen eingefärbt. Der Mann neben ihm war kräftiger gebaut, hatte breite Schultern und muskulöse Hände. Sein Bart war silbergrau und blond.
» Mein lieber Freund«, meinte Pendar, als Methras eintrat. Er trat rasch auf den Soldaten zu, umarmte ihn und küsste ihn auf die Wange. » Wie schön, dich zu sehen. Wie geht es dir?«
» Mir geht es ausgezeichnet, Pendar. Wer ist dein Freund?«
» Er ist nicht direkt ein Freund«, antwortete Pendar. » Eher ein Geschäftspartner. Er ist ein sehr vornehmer Mann und absolut vertrauenswürdig. Sein Name ist Boru. Er kommt von den Banis-baya, einem Stamm, der in der Nähe vom Born des Lebens ansässig ist.«
Boru stand auf, trat vor und streckte seine Hand aus. Methras schüttelte sie kurz.
» So schön es auch ist, dich zu sehen, mein Freund«, erklärte Methras und drehte sich wieder zu Pendar herum, » muss ich dir doch sagen, dass ich sehr müde bin und mich bereits darauf gefreut habe, heute Nachmittag etwas zu schlafen.«
» Wir werden Euch nicht lange aufhalten«, erklärte Boru. » Soweit ich weiß, seid Ihr gerade von einer langen Reise zurückgekehrt.«
» Ja, vom südlichen Eis. Es war eine erfolgreiche Reise.«
» Womit Ihr meint…?« Boru ließ die Frage ausklingen.
» Wir fanden, wonach wir gesucht haben«, gab Methras zurück. » Das nenne ich eine erfolgreiche Reise.«
» Soweit ich gehört habe, sind Vagaren auf dem Eis gestorben«, antwortete Boru, » und was gefunden wurde, macht die Avatar noch mächtiger als zuvor. Es gibt Leute, die das als einen großen Misserfolg betrachten würden.«
» Aber wohl kaum ein Soldat des Imperiums«, gab Methras zurück.
» Vielleicht doch«, setzte Boru nach. » Die Zeiten ändern sich. Das Stundenglas der Geschichte ist dabei, sich zu drehen. Es gibt etliche Männer, die glauben, dass diese Städte innerhalb weniger Jahre fallen werden und dann wieder die Vagaren dort herrschen werden. Was wird dann mit jenen geschehen, die dem alten Imperium loyal ergeben waren?«
Methras antwortete nicht, ignorierte Boru vollkommen und wandte sich an Pendar. Der wohlhabende Händler wollte etwas sagen, doch Methras hob die Hand und schüttelte den Kopf. » Sag kein Wort, mein Freund. Es ist besser, wenn du
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