Der Weg der Helden
war ihrer Bitte nachgekommen. Sie wurden bei der nächsten Gelegenheit, wo Anu den Tanz verlangsamte, damit Nachschub ins Tal gebracht werden konnte, nachhause geschickt.
Auf Shevans Vorschlag hin ließ er fünfzig Huren herbeischaffen und baute etliche Hütten für sie am Rand des Tals. Der Dienst, den die Huren boten, war umsonst. Den Männern wurden Tafeln aus gebranntem Lehm gegeben, welche die Frauen am Ende ihres vereinbarten Dienstes bei der Kämmerei für Geld eintauschen konnten. Das besänftigte die Arbeiter eine Weile. Dann jedoch kam die unendlich scheinende zwanzigtägige Nacht. Jetzt wurden die Männer noch reizbarer, und es kam zu etlichen Auseinandersetzungen. Einer der Arbeiter beging während dieser ersten Nachtperiode Selbstmord. Das verwirrte Anu eine Weile, bis er zu dem Schluss kam, dass Sonnenlicht wichtig für das Gehirn war und die Männer ohne Licht deprimiert wurden. Neben den Diensten der Frauen erlaubte er jetzt seinen Arbeitern auch alkoholische Getränke und Rauschmittel, organisierte Tänze, Wettbewerbe und andere Formen der Unterhaltung für jene, die ihre Schicht beendet hatten.
Am dreizehnten Tag war das Fundament der Pyramide endlich fertig; ein tiefer, vollkommen quadratischer Block aus Kalksteinen, dessen Seitenlänge exakt zweihundertfünfzig Meter betrug. Anu arrangierte eine spontane Feier und erlaubte den Männern, einen Grundsteinkönig zu wählen. Der Sieger, ein Vorarbeiter namens Yasha, wurde mit einer Krone aus Lorbeerblättern geschmückt und um das Fundament herumgetragen. Dann wurde sein Name hineingemeißelt. Anu mochte Yasha. Er war ein Hüne von Mann, breitschultrig, mit einem dröhnenden Lachen, der seine Leute fest im Griff hatte. Er war eine sehr beeindruckende Gestalt, und seine Mannschaft aus dreißig Männern war mit Abstand die beste Gruppe.
Shevan betrachtete die Prozession und lächelte. » Sie scheinen jetzt glücklicher zu sein, Ser«, erklärte er.
Anu nickte. Die Arbeit ging immer noch langsamer voran, als er erwartet hatte, und er beschloss, den Arbeitsablauf zu verändern. Von jetzt an arbeiteten die Teams in drei kürzeren Schichten statt in zwei langen, und es gab Belohnungen für jene Teams, die ihr vorgegebenes Arbeitsziel erreichten. » Wie viele Quader werden pro Stunde gesetzt?«, erkundigte er sich bei Shevan.
» Vor einer Woche waren es noch sechs, aber jetzt sind wir fast bei neun. Es wird immer besser, Ser.«
» Die Rate muss höher als zwölf pro Stunde sein. Wie ist die Lage im Steinbruch?«
Shevan wirkte bekümmert. » Die Werkzeuge werden weit schneller unbrauchbar, als wir geplant haben, Ser. Und es gibt ein Problem mit den Pflöcken. Es sieht aus…«
» … als ob das Holz nicht genug Wasser aufnimmt.«
» Ja, Ser. Ihr habt das vorhergesehen?«
» Ich wünschte, ich hätte es«, erwiderte Anu müde.
Steinmetze bohrten Löcher in den Sandstein und trieben anschließend trockene hölzerne Pflöcke hinein. Wenn man diese Pflöcke nass machte, dehnten sie sich aus und spalteten sauber den Stein. So wurden die Quader hergestellt. Aber irgendwie beeinflusste die Beschleunigung der Zeit die Fähigkeit des Holzes, Wasser aufzunehmen.
Anu schlenderte zu der Gepha-Pyramide. Sie war ein erster Versuch gewesen, eine Energiequelle zu errichten, vor siebzig Jahren. Er war gescheitert. Was Anu vorhergesehen hatte, denn sie war ohne die Macht der Musik erbaut worden. Jetzt diente sie als Steinbruch für sein eigenes Werk; die Arbeiter hämmerten die Quader frei, legten ein Geschirr um sie und senkten sie dann vorsichtig mit Flaschenzügen, deren Gegengewicht riesige Wasserschläuche bildeten, auf den Boden. Diese Arbeit ging nur langsam voran und war sehr gefährlich. Hätte Anu zwei Truhen besessen, hätte er die Macht der Musik einsetzen können, um das Gewicht der Quader zu senken. Aber da er nur eine Truhe hatte, musste er die Energie für den Bau seiner eigenen Pyramide reservieren.
Plötzlich gab es ein Stück links von ihm einen kleinen Aufruhr. Dicht an der Nebelbarriere, mit der er das Tal umgeben hatte, hatte sich eine Gruppe von Arbeitern versammelt.
Auf dem Boden lag ein unglaublich alter Mann. Seine Gliedmaßen zuckten, und während die Männer zusahen, schrumpfte sein Fleisch, die Haut wurde trocken wie Leder und schälte sich dann wie alter Papyrus von seinen Knochen.
» Das war Jadas«, flüsterte ein Arbeiter. » Er hat gestern Nacht den Nebel durchquert, um sich mit seiner Frau zu treffen.«
Anu trat vor. » Bleibt
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