Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
gelebt zu werden, dann ist ihnen alles gleichgültig. Es ist so, als würde ich ihnen einen ganzen Haufen von Kugeln anbieten, ihnen aber nicht die Möglichkeit geben, auch etwas damit zu kaufen.«
»Vermutlich«, meinte Syl. »Aber was kannst du tun?«
Er blickte über die felsige Ebene zum Kriegslager. Der Rauch der vielen Herdfeuer stieg aus den Kratern auf. »Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, wir brauchen noch eine Menge Knopfkraut.«
In jener Nacht gingen Kaladin, Teft und Fels die behelfsmäßigen Straßen von Sadeas’ Kriegslager entlang. Nomon, der mittlere Mond, leuchtete bläulich weiß und blass. Öllaternen hingen vor einigen Gebäuden und beleuchteten Tavernen oder Bordelle. Kugeln spendeten zwar beständigeres und erneuerbares Licht, aber für eine einzige Kugel konnte man ein Bündel Kerzen oder einen Beutel Öl kaufen. Auf kurze Sicht war das oft günstiger, besonders wenn das Licht an einem Ort hing, wo es gestohlen werden konnte.
Sadeas hatte zwar keine nächtliche Ausgangssperre verhängt, aber Kaladin schien bereits gelernt zu haben, dass ein einsamer Brückenmann nachts am besten auf dem Holzplatz blieb.
Halb betrunkene Soldaten in fleckigen Uniformen schlenderten an ihnen vorbei, flüsterten den Huren etwas ins Ohr oder gaben vor ihren Freunden an. Sie riefen den Brückenmännern Beleidigungen nach und lachten lärmend. Die Straßen waren trotz der Laternen und des Mondlichts düster, und die Planlosigkeit des Lagers – einige steinerne Gebäude, ein paar Holzbaracken, mehrere Zelte – ließ es verwirrend und gefährlich erschienen.
Kaladin und seine beiden Gefährten machten einer großen Gruppe von Soldaten Platz. Ihre Mäntel waren nicht zugeknöpft, und sie schienen nur ein wenig betrunken zu sein. Einer der Soldaten beäugte die Brückenmänner, doch die Tatsache, dass sie zu dritt waren – und einer von ihnen ein stämmiger Hornesser zu sein schien –, hielt den Krieger davon ab, mehr zu tun als zu lachen und Kaladin im Vorübergehen beiseitezuschieben.
Der Mann stank nach Schweiß und billigem Bier. Kaladin beherrschte sich. Wenn er sich wehrte, würde ihm wegen der daraus entstehenden Schlägerei der Lohn gekürzt werden.
»Das gefällt mir nicht«, sagte Teft und warf einen Blick über die Schulter auf die Soldaten. »Ich werde ins Lager zurückgehen. «
»Du bleibst«, knurrte Fels.
Teft rollte mit den Augen. »Glaubst du etwa, ich habe Angst vor einem so großen Chull wie dir? Wenn ich gehen will, dann gehe ich, und …«
»Teft«, sagte Kaladin leise, »wir brauchen dich.«
Wir brauchen dich. Diese Worte übten eine seltsame Wirkung auf die Männer aus. Einige liefen weg, wenn sie sie hörten. Andere wurden nervös. Teft schien sich danach zu sehnen. Er nickte, murmelte etwas in sich hinein, blieb aber bei ihnen. Dann gingen sie weiter.
Bald hatten sie den Wagenhof erreicht. Der eingezäunte Platz lag am westlichen Rand des Lagers. Nachts war er verlassen,
die Wagen standen in langen Reihen. Chulle lagen in dem nahe gelegenen Pferch und wirkten wie kleine Hügel. Kaladin schlich vorwärts und hielt nach Wächtern Ausschau. Aber offenbar glaubte niemand, dass etwas so Großes wie ein Wagen aus der Mitte der Armee heraus gestohlen werden konnte.
Fels stupste ihn an und deutete auf den verschatteten Chullpferch. Ein einsamer Junge saß auf einem Wachtposten und starrte den Mond an. Chulle waren so wertvoll, dass sie bewacht werden mussten. Armer Junge. Wie oft wurde er wohl gezwungen, nachts wach zu bleiben und diese trägen Tiere im Auge zu behalten?
Kaladin kauerte sich neben einem der Wagen nieder, und die anderen beiden taten es ihm gleich. Er deutete zuerst in die eine Richtung, in die auch Fels schlich, und dann in die andere. Teft rollte zwar mit den Augen, gehorchte aber und huschte los.
Kaladin bewegte sich an der Mittelreihe entlang. Es waren etwa dreißig Wagen, zehn in jeder Reihe, doch die Überprüfung jedes einzelnen dauerte nicht lange. Sie suchten nach dem Zeichen, das Kaladin an der hinteren Planke angebracht hatte. Schon nach wenigen Minuten trat eine dunkle Gestalt in Kaladins Reihe. Es war Fels. Der Hornesser deutete auf die Seite und hielt fünf Finger hoch. Der fünfte Wagen von vorn. Kaladin nickte und setzte sich in Bewegung.
Gerade als er den bezeichneten Wagen erreicht hatte, hörte er ein leises Aufjaulen aus der Richtung, in die Teft gegangen war. Kaladin krümmte sich zusammen und warf einen Blick zu dem Wächter hinüber. Der Junge
Weitere Kostenlose Bücher