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Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Titel: Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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für die Nacht in ihre Schalen zurück. Bald waren sie nur noch drei Haufen in der Finsternis und kaum von den Felsbrocken zu unterscheiden. Schließlich untersuchte Tvlakv einen Sklaven nach dem anderen, gab jedem eine Schöpfkelle voll Wasser und vergewisserte sich, dass seine Erwerbungen gesund waren – oder zumindest so gesund, wie man es bei diesem armseligen Haufen erwarten durfte.
    Tvlakv begann mit dem ersten Wagen, und Kaladin, der noch auf dem Boden saß, steckte die Finger in den behelfsmäßigen Gürtel und tastete nach den steifen, getrockneten Blättern, die er dort versteckt hatte. Sie knisterten beruhigend und rieben gegen seine Haut. Er wusste noch nicht, was er mit ihnen machen würde. Aus einer Laune heraus hatte er sie gepackt, als ihm einmal erlaubt worden war, den Wagen zu verlassen und die Beine auszustrecken. Er bezweifelte, dass irgendjemand in der Karawane Schwarzwurzblätter erkannte – schmale Blätter mit drei Zacken. Daher war es kein großes Risiko gewesen.

    Geistesabwesend rieb er die Blätter zwischen Zeigefinger und Handfläche. Sie mussten erst trocknen, bevor sie ihre volle Kraft erhielten. Warum hatte er sie überhaupt mitgenommen? Wollte er sie Tvlakv verabreichen und auf diese Weise Rache üben? Oder waren sie für den Notfall, falls alles zu schlimm und unerträglich wurde?
    Ich bin doch wohl noch nicht so tief gefallen, dachte er. Es war eher sein Instinkt, der immer dann zur Beschaffung einer Waffe riet, wenn Kaladin eine sah, wie ungewöhnlich sie auch sein mochte. Die Landschaft lag in tiefer Dunkelheit. Salas war der kleinste und schwächste der Monde, und auch wenn seine violette Farbe zahllose Dichter inspiriert hatte, sein Licht reichte kaum aus, um die Hand vor den Augen zu sehen.
    »Oh«, sagte eine sanfte weibliche Stimme. »Was ist das denn?«
    Eine durchscheinende Gestalt – kaum eine Handspanne groß – spähte neben Kaladin über den Rand des Käfigbodens. Sie kletterte in den Wagen hinein, als ersteige sie ein Hochplateau. Das Windsprengsel hatte nun die Gestalt einer jungen Frau mit einem kantigen Gesicht angenommen – größere Spengsel konnten Größe und Gestalt verändern. Ihr fließendes Haar wurde hinter ihrem Kopf zu Nebel. Sie – Kaladin konnte dieses Windsprengsel nämlich nur als weiblich betrachten – war aus blassen Blau- und Weißtönen geformt und trug ein einfaches, weiß fließendes Kleid von mädchenhaftem Schnitt, das ihr bis zu den Waden reichte. Wie die Haare, so wurde nun auch das Kleid am Saum zu Nebel. Füße, Hände und Gesicht waren deutlich zu erkennen, und sie hatte die Hüften und Brüste einer schlanken Frau.
    Kaladin sah den Geist fragend an. Sprengsel waren ja überall; sie blieben lediglich die meiste Zeit unbeachtet. Doch dieses hier stellte eine Seltsamkeit dar. Das Windsprengsel stieg in die Luft, als schritte es eine unsichtbare Treppe hoch. Die kleine Frauengestalt erreichte eine Höhe, von der aus sie auf Kaladins Hand schauen konnte. Er schloss die Finger um die
schwarzen Blätter. Sie ging in einem Kreis um seine Faust herum. Obwohl sie wie ein Nachbild glimmerte, das sich einstellte, wenn man in die Sonne geschaut hatte, ging kein wirkliches Licht von ihrer Gestalt aus.
    Sie beugte sich herunter und betrachtete seine Hand aus verschiedenen Blickwinkeln: wie ein Kind, das eine versteckte Süßigkeit erwartete. »Was ist das?« Ihre Stimme war nur ein Flüstern. »Du kannst es mir zeigen. Ich werde es niemandem verraten. Ist das ein Schatz? Hast du ein Stück vom Nachtmantel abgeschnitten und es eingesteckt? Oder ist es das Herz eines Käfers, so winzig und doch so mächtig?«
    Er sagte nichts, und das brachte die Geisterfrau zum Schmollen. Sie glitt nach oben, schwebte in der Luft, obwohl sie keine Flügel hatte, und sah ihm in die Augen. »Kaladin, warum beachtest du mich nie?«
    Kaladin zuckte zusammen. »Was hast du da gesagt?«
    Sie lächelte schelmisch, hüpfte fort, und ihre Gestalt wurde zu einem langen Band aus bläulich weißem Licht. Sie schoss zwischen den Stäben hindurch, drehte und verzerrte sich in der Luft wie ein Stofffetzen, der im Wind flatterte, und flog schließlich unter den Wagen.
    »Der Sturm möge dich holen!«, rief Kaladin und sprang auf die Beine. »Geist! Was hast du gesagt? Wiederhole das!« Sprengsel nannten die Menschen nicht beim Namen. Sprengsel besaßen kaum Intelligenz. Die größeren – die Windsprengsel und die Luftsprengsel – konnten zwar Stimmen und Mienen nachahmen, aber

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