Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
Gaz unterhalten hast, als du meine Taktik gesehen hast. Wenn ich nicht mehr betonen kann, dass du daran unschuldig bist, dann sieht es sehr, sehr schlecht für dich aus.«
Lamarils Soldaten sahen ihren Anführer an. Der helläugige Mann blickte finster drein. »Schlagt ihn zusammen«, sagte er, »aber bringt ihn nicht um.« Er drehte sich um und marschierte zu den Reservelinien der Alethi zurück.
Die stämmigen Speermänner traten auf Kaladin zu. Es waren Dunkelaugen, aber sie hätten genauso gut Parschendi sein können, denn sie sahen ihn nicht minder feindselig an. Kaladin schloss die Augen und machte sich bereit. Er konnte schließlich nicht gegen sie alle kämpfen. Und er konnte nicht bei Brücke Vier bleiben.
Als die Soldaten auf ihn eintraten, fiel er ächzend zu Boden. Ein Stiefelabsatz riss seine Gürtelbörse auf, und seine Kugeln – die so wertvoll waren, dass er sie nicht in der Baracke hatte zurücklassen können – verstreuten sich auf den Steinen. Irgendwie hatten die Kugeln ihr Sturmlicht verloren, und nun waren sie matt; das Leben war aus ihnen gesickert.
Die Soldaten traten weiter zu.
33
CYMATIK
»Sie veränderten sich, als wir gegen sie kämpften. Wie Schatten waren sie, die uns zu verwandeln mögen, wenn die Flamme tanzt. Unterschätze sie niemals nur wegen dem, was du zunächst siehst.«
Angeblich ein Bruchstück, das von Talatin gesammelt wurde, einem Strahlenden aus dem Orden der Steinwächter. Die Quelle – Guvlows Leibhaftig – wird im Allgemeinen als zuverlässig betrachtet, auch wenn diese Stelle aus einem kopierten Fragment des Gedichtes des Siebenten Morgens stammt, dessen ursprüngliche Fassung als verloren gilt.
W enn Schallan in das eigentliche Palanaeum ging – das große Lagerhaus der Bücher, Manuskripte und Schriftrollen hinter dem Lesebereich des Schleiers –, dann war sie von der Schönheit und Größe dieses Raumes so abgelenkt, dass sie alles andere vergaß.
Das Palanaeum war wie eine umgekehrte, in den Fels geschnittene Pyramide geformt. Es hatte Galeriegänge, die an allen vier Wänden um sie herum verliefen und leicht nach unten geneigt waren, so dass sie eine gigantische viereckige
Spirale bildeten, die zum Mittelpunkt von Roschar wies. Zahlreiche Aufzüge stellten dabei eine schnellere Möglichkeit des Abstiegs dar.
Schallan stand an der Brüstung im obersten Stockwerk und konnte nur den halben Weg bis zum Boden überblicken. Dieser Ort schien zu groß und gewaltig, um von Menschenhand errichtet worden sein zu können. Wie war es möglich gewesen, die einzelnen Ebenen so vollkommen zu erschaffen? Waren Seelengießer für die Öffnungen benutzt worden? Wie viele Edelsteine mochten dazu notwendig gewesen sein?
Das Licht war schwach; es gab keine allgemeine Quelle; lediglich einzelne Smaragdlampen erleuchteten die Gänge. Feuerer aus dem Devotarium der Einsicht bewegten sich in regelmäßigen Abständen auf den einzelnen Ebenen umher und wechselten die Kugeln aus. Es mussten Hunderte und Aberhunderte von Smaragden sein; offenbar bildeten sie den Staatsschatz von Kharbranth. Welchen besseren Ort gäbe es für ihn als das äußerst sichere Palanaeum? Hier standen sie unter Bewachung und spendeten der ungeheuren Bibliothek gleichzeitig Licht.
Schallan ging weiter. Ihr Parscher-Diener trug ihr eine Laterne mit drei Saphirkugeln voran. Das sanfte blaue Licht brach sich an den Steinwänden, die allein aus dekorativen Gründen zum Teil aus seelengegossenem Quarz stammten. Das Geländer war ursprünglich aus Holz geschnitzt und dann zu Marmor verwandelt worden. Als sie mit dem Finger darüberfuhr, spürte sie noch die Maserung. Gleichzeitig hatte das Material die kalte Glätte von Stein. Es war eine Seltsamkeit, die dazu geschaffen schien, die Sinne zu verwirren.
Ihr Parscher trug einen kleinen Korb voller Bücher mit Zeichnungen berühmter Naturwissenschaftlerinnen. Jasnah erlaubte Schallan inzwischen, einen begrenzten Teil ihrer Zeit mit Studien ihrer eigenen Wahl zu verbringen. Es war nur eine einzige Stunde am Tag, und es schien bemerkenswert,
wie kostbar ihr diese Stunde geworden war. In der letzten Zeit hatte sie sich durch Myalmars Reisen im Westen hindurchgearbeitet.
Die Welt war ein wundersamer Ort. Schallan dürstete danach, mehr zu erfahren, und sie wünschte, sie könnte jedes einzelne Geschöpf beobachten und in ihren Skizzenbüchern verewigen. Sie wollte das Land in ein System bringen, indem sie es in Bildern einfing. Die Bücher, die sie las, waren
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