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Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Titel: Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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es so, als würde einer der Herolde höchstpersönlich die Bücherreihen abschreiten.

    Schallan hob die Freihand an die Brust; ihr Herz raste wieder. Ich gebe einen schrecklichen Dieb ab, dachte sie und zog eine Grimasse. Sie sammelte den Rest ihrer Besitztümer ein und schritt die Regale ab, während sie die Lampe vor sich hielt. In den ersten Stollen einer jeden Reihe waren Symbole eingeschnitzt, die das Datum anzeigten, an dem die Bücher dahinter in das Palanaeum verbracht worden waren. Das war das Organisationsprinzip. Auf dem obersten Regal befanden sich jeweils gewaltige Karteikästen.
    Jasnah hatte Schallan aufgetragen, ein Exemplar der Dialoge , eines berühmten historischen Werkes über Politiktheorie, zu suchen und durchzulesen. Doch dies war auch der Raum, in dem sich Schatten der Erinnerung befand – das Buch, das Jasnah gelesen hatte, als der König sie besucht hatte. Schallan hatte sich den Titel gemerkt und ihn in der Kartei nachgeschlagen. Sie hatte es vor wenigen Tagen den Feuerern zurückgegeben; inzwischen war es bestimmt wieder ins Regal gestellt worden.
    Schallan war plötzlich neugierig geworden und zählte die Regalreihen ab. Dann trat sie in den betreffenden Gang und suchte nach dem richtigen Regal. Etwa in der Mitte der Reihe fand sie ganz unten ein dünnes Buch in einem roten schweinsledernen Einband. Schatten der Erinnerung. Schallan stellte ihre Laterne auf den Boden und zog das Buch heraus. Verstohlen blätterte sie es durch.
    Sie war erstaunt. Es war ihr gar nicht klar gewesen, dass es sich bei diesem Werk um ein Buch mit Geschichten für Kinder handelte. Es war kein Kommentar, sondern lediglich eine Textausgabe. Schallan setzte sich auf den Boden und las die erste Geschichte. Sie erzählte von einem Kind, das in der Nacht von zu Hause weglief und von den Bringern der Leere gejagt wurde, bis es sich in einer Höhle neben einem See versteckte. Der kleine Junge schickte ein Stück Holz über den See und hielt auf diese Weise die Kreaturen zum Narren, die das Holz angriffen und fraßen.

    Schallan hatte nicht viel Zeit – Jasnah würde misstrauisch werden, wenn sie zu lange hier unten blieb –, aber sie überflog auch den Rest der Geschichten. Sie waren alle im gleichen Stil verfasst und hatten Gespenster oder die Bringer der Leere zum Gegenstand. Der einzige Kommentar befand sich auf den hinteren Seiten und teilte mit, dass die Autorin an den Legenden interessiert war, die sich die gewöhnlichen Dunkelaugen erzählten. Sie hatte viele Jahre damit verbracht, sie sich anzuhören und aufzuschreiben.
    Schatten der Erinnerung wäre besser vergessen worden, dachte Schallan.
    Hatte Jasnah denn wirklich dieses Buch gelesen? Schallan hatte erwartet, dass es sich bei Schatten der Erinnerung um die tiefe philosophische Erörterung eines geheimen historischen Mordes handelte. Jasnah war eine Veristitialin. Sie rekonstruierte die Wahrheit aus den Geschehnissen der Vergangenheit. Welche Art von Wahrheit wollte sie aber in solchen Geschichten finden, mit denen ungehorsame Dunkelaugenkinder erschreckt werden sollten?
    Schallan stellte das Buch zurück und machte sich auf den Weg.

    Kurze Zeit später kehrte Schallan in die Loge zurück und stellte fest, dass ihre Eile unnötig gewesen war. Jasnah war gar nicht dort. Aber Kabsal wartete hier.
    Der junge Feuerer saß an dem langen Schreibtisch und durchblätterte eines von Schallans Kunstbüchern. Schallan bemerkte ihn, bevor er sie sah, und so musste sie trotz all ihrer Sorgen lächeln. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und setzte eine Miene des Zweifels auf. »Schon wieder?«, fragte sie.
    Kabsal sprang auf und schlug das Buch hastig zu. »Schallan«, sagte er. Sein kahl geschorener Kopf spiegelte das blaue Licht der Laterne ihres Parschers. »Ich suche nach …«

    »Nach Jasnah«, sagte sie. »Wie immer. Aber sie ist nie hier, wenn Ihr kommt.«
    »Ein unglücklicher Zufall«, sagte er und hob die Hand an die Stirn. »Mein Zeitgefühl ist armselig, nicht wahr?«
    »Ist das ein Brotkorb da … zu Euren Füßen?«
    »Ein Geschenk für Hellherrin Jasnah«, sagte er. »Aus dem Devotarium der Einsicht.«
    »Ich bezweifle, dass sie wegen eines Brotkorbes ihren Häresien abschwören wird«, sagte Schallan. »Höchstens wenn Ihr Marmelade hinzutut.«
    Der Feuerer lächelte, nahm den Korb hoch und zog ein kleines Glas mit roter Simbeermarmelade hervor.
    »Natürlich habe ich Euch schon gesagt, dass Jasnah keine Marmelade mag«, bemerkte Schallan.

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