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Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Titel: Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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gestohlen hast.«
    Kaladin wandte sich von ihm ab.
    »Sturmverfluchter! Ich lasse dich so oder so anbinden! Glaub nicht, dass du weglaufen kannst; da sind schließlich noch die Wachen. Du …«
    »Ich gehe zur Ehrenkluft«, sagte Kaladin ruhig. Seine Stimme war im Sturm kaum zu verstehen.
    Gaz schwieg. Die Ehrenkluft. Er senkte seinen Metalleimer und machte keine weiteren Einwände. Den Männern, die diesen Weg einschlugen, wurde eine gewisse Achtung entgegengebracht.
    Kaladin setzte seine Durchquerung des Holzplatzes fort.
    »He, Eure Herrschaft!«, rief Gaz.
    Kaladin drehte sich um.
    »Lass Sandalen und Weste hier«, meinte Gaz. »Ich will nicht jemanden losschicken müssen, der sie zurückholt.«
    Kaladin zog sich die Lederweste über den Kopf und ließ sie fallen. Mit einem Platschen landete sie auf dem Boden. Die Sandalen stellte er in eine Pfütze. Nun hatte er nur noch sein schmutziges Hemd und die steife braune Hose an: Beides hatte er einem Toten abgenommen.

    Kaladin ging durch den Sturm zum östlichen Rand des Holzplatzes. Leises Donnern rumpelte von Westen herbei. Der Weg zur Zerbrochenen Ebene war ihm inzwischen recht vertraut. Ein Dutzend Mal war er ihn zusammen mit den Brückenmannschaften entlanggelaufen. Es gab nicht jeden Tag eine Schlacht – nur ungefähr jeden zweiten oder dritten –, und nicht jede Mannschaft musste immer dabei sein. Aber die meisten Läufe waren so auslaugend und entsetzlich, dass die Brückenmänner danach tagelang benommen waren und auf kaum etwas reagierten.
    Vielen Brückenmännern fiel es schwer, Entscheidungen zu treffen. Genauso erging es Männern, die in der Schlacht einen Schock erlitten hatten. Kaladin spürte diese Auswirkungen auch in sich selbst. Sogar die Entscheidung, zu der Kluft zu gehen, war für ihn schwierig gewesen.
    Doch er konnte die blutenden Augen jenes Jungen nicht vergessen. So etwas wollte er niemals wieder durchmachen. Er konnte es auch nicht.
    Er erreichte den Fuß des Abhangs. Der Wind trieb ihm den Regen ins Gesicht, als würde er versuchen, Kaladin zurück ins Lager zu treiben. Der aber ging weiter, auf die nächste Kluft zu. Die Ehrenkluft, wie die Brückenmänner sie nannten, denn sie war der Ort, an dem sie die einzige Entscheidung treffen konnten, die ihnen noch möglich war. Die ehrenhafte Entscheidung. Das war der Tod.
    Diese Klüfte wirkten fremdartig. Die hier war zu Anfang sehr schmal, wurde weiter in Richtung Osten aber erstaunlich schnell breiter und tiefer. Nach nur zehn Fuß war der Spalt in der Erde bereits so breit, dass man ihn kaum überspringen konnte. Hier lagen sechs Leitern mit herabhängenden Seilen nebeneinander, die in den Fels genagelt waren und von Brückenmännern und Soldaten benutzt wurden, um die Ausrüstung der Leichen heraufzuholen, die während eines Brückenlaufs in die Klüfte gestürzt waren.

    Kaladin blickte über die Ebene. In der Dunkelheit und dem starken Regen konnte er nicht viel sehen. Nein, das hier war kein natürlicher Ort. Das Land war zerbrochen. Und nun zerbrach es die Menschen, die hierherkamen. Kaladin ging an den Leitern vorbei und ein wenig am Rand des Abgrunds entlang. Dann setzte er sich nieder, ließ die Beine über den Rand hängen und blickte nach unten, während der Regen um ihn herum niederging und die Topfen sich in die dunkle Tiefe stürzten.
    Rechts und links neben ihm hatten die wagemutigeren Kremlinge bereits ihre Nester verlassen und huschten umher. Sie ernährten sich von Pflanzen, die das Regenwasser aufsaugten. Lirin hatte ihm einmal erklärt, dass ein Großsturmregen reich an Nährstoffen war. Die Sturmwächter in Kholinar und Vedenar hatten nachgewiesen, dass Pflanzen, die mit Sturmwasser begossen wurden, besser gediehen als solche, die Wasser aus Flüssen oder Seen erhielten. Warum waren die Wissenschaftler nur immer so aufgeregt, wenn sie etwas herausfanden, das die Bauern schon seit vielen Generationen wussten?
    Kaladin beobachtete, wie die Tropfen auf das Vergehen und Vergessen zustürzten, in die Schluchten hinab … wie kleine selbstmörderische Springer. Tausende und Abertausende. Millionen und Abermillionen. Wer wusste schon, was sie in der Finsternis erwartete? Man konnte es doch nicht sehen, konnte es auch nicht wissen, bis man es ihnen gleichtat. Bis man also in die Leere sprang und sich vom Wind hinabtragen ließ …
    »Du hattest Recht, Vater«, flüsterte Kaladin. »Es ist unmöglich, einen Sturm aufzuhalten, indem man einfach nur gegen ihn anbläst. Es ist

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