Der Weg des Feuers
Familie wirst du ein neuer Mensch. Bina hat berichtet, dass du zunächst ein guter Verbündeter warst, dann aber in die Irre geleitet wurdest. Entweder besinnst du dich eines Besseren, oder du wirst den Schweinen zum Fraß vorgeworfen.«
Dieser Junge war von Natur aus grausam und kannte weder Gewissen noch Reue. Er tötete wie ein wildes Tier und duldete nicht den geringsten Widerspruch. Seine Freundschaft gewinnen zu wollen, schien unmöglich, aber Iker wollte es wenigstens versuchen, indem er vorgab, seine blindwütigen Meinungen zu billigen.
Äußerst schlau ging die kleine Truppe jeder Begegnung mit ägyptischen Streifen aus dem Weg. Sie bewegten sich schnell Richtung Norden und verließen so das Gebiet, das weitgehend von Nesmontu überwacht wurde.
Iker war tot und vergessen und versank in eine schreckliche Leere.
Die Landschaft ähnelte weder dem Niltal noch dem Delta. Gut versteckt im Herzen eines dichten Waldes mit ausreichend Wasserstellen ernährten sich die Leute von Dreizehns Stamm von Wild und Beeren. Die Frauen verließen nur selten ihre Hütten.
Auf Grund seiner neuesten Heldentaten beanspruchte der Junge den Rang eines Helden. Selbst der Stammesführer, ein bärtiger Mann mit platter Nase, grüßte ihn ehrerbietig.
»Ich habe hier einen Ägypter, den ich auf Befehl des Propheten gefangen nehmen sollte«, erklärte Dreizehn stolz.
»Warum hast du ihn nicht getötet?«
»Weil er dazu verurteilt ist, uns zu helfen.«
»Ein Ägypter soll den Kanaanitern helfen, wie denn das?«
»Der Prophet hat entschieden, dass er umgeformt werden und als Waffe gegen seine Landsleute eingesetzt werden soll. Und du sorgst für seine Ausbildung.«
Ein gewaltiger Fleischerhund strich um seinen Herrn. Als er den Fremden entdeckte, knurrte er derart Furcht erregend, dass es sogar Dreizehn mit der Angst bekam.
»Ruhig, Fang, ganz ruhig!«
Das Ungeheuer knurrte nicht mehr ganz so laut, ließ aber den Gefangenen nicht aus den Augen.
»Das will ich alles nicht wissen«, schimpfte der Stammesführer. »Ich brauche einen Sklaven, der aus dem Getreide, das wir den Ägyptern stehlen, Brot backen kann. Entweder kann er das, oder ich werfe ihn meinem Hund vor.«
Iker war auf dem Land aufgewachsen und kannte sich mit den alltäglichen Arbeiten aus. Oft genug hatte er dem Bäcker in Medamud dabei geholfen, Fladen herzustellen.
»Ihr müsst mir nur alle Zutaten bringen, dann mache ich das.«
»Ich hoffe, du enttäuschst mich nicht, mein Junge.«
»Ich gehe jetzt wieder zurück zum Propheten«, erklärte Dreizehn und verschwand, ohne Iker noch eines einzigen Blickes zu würdigen.
»Also los, an die Arbeit, Sklave!«, donnerte das Stammesoberhaupt erfreut über diese unverhoffte Hilfe.
Die Stunden schleppten sich träge dahin. Mit Hilfe eines Scheffels maß Iker die erforderliche Menge an Körnern ab und schüttelte sie dann durch ein Sieb in einen Mörser aus gebranntem Lehm. Danach zerrieb er sie mit einem groben Stößel, um die Körner von der Spreu zu trennen und zu einem Mehl zu mahlen, dessen Güte aber auch noch nach mehrfachem Sieben zu wünschen übrig ließ. Schließlich fügte er Wasser hinzu und knetete so lange, bis er einen Teig hatte, mit dem er aber auch nicht zufrieden war. Der Schreiber hatte weder das richtige Werkzeug, noch verfügte er über die geschickte Hand eines gelernten Bäckers. Dennoch gab er sich große Mühe, um Fortschritte zu machen.
Die schwierigsten Arbeitsschritte kamen erst noch: Wie fand man die richtige Menge Salz heraus, die zuzugeben war? Zum Schluss mussten die Brote dann noch auf sorgsam gefeuerter Glut gebacken werden. Das merkwürdige Aussehen der Brote stammte von den verbeulten Backformen, die man den Kameltreibern geraubt hatte.
Außerdem musste Iker auch noch jeden Tag beim Wasserholen und Reinigen des Lagers Schwerstarbeit leisten. Abends war er stets todmüde und fiel in einen tiefen Schlaf, aus dem er beim ersten Morgengrauen wieder geweckt wurde. Wiederholt gab der junge Mann all seine Hoffnungen auf und war überzeugt, er sei zu keiner einzigen Anstrengung mehr in der Lage. Doch dann blieb ihm immer noch ein letzter Funken von Willenskraft, damit er unter den spöttischen Blicken der Kanaaniter seine gnadenlose Arbeit fortsetzen konnte. Doch am Ende eines besonders anstrengenden Tages war er so erschöpft, dass er vor dem Brotofen zusammenbrach und seltsam gelassen den Schicksalsschlag erwartete, der ihn aus diesem grauenhaften Dasein befreien würde.
Eine
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